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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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§. 29.

In Rücksicht der Heilart derjenigen Krankhei-
ten, welche gleichsam nur den stärksten, jungen,
gesündesten Leuten eigen sind, oder aber dieselben zu
einer bestimmten Zeit vorzüglich zu befallen pflegen,
geben die bisherigen Bemerkungen die richtigsten An-
zeigen an die Hand. Ausnahmen will ich nicht leug-
nen; aber im Allgemeinen wird es nur äußerst selten
gefehlt seyn, wenn man in allen, besonders bey ih-
rer Entstehung, alsogleich, je nachdem es die Natur der
Krankheit erfordert, bald durch Blutausleerungen,
bald durch Brech- und Purgiermittel, die Bewegun-
gen der Natur zu mässigen, die Kräfte zu schwächen,
und die Reizbarkeit zu mindern bemüht ist. Ich neh-
me nicht einmal die Fälle aus, wo eine so geartete
Krankheit unter der Gestalt eines Faul- oder Ner-
venfiebers, ja nicht einmal, wenn sie unter der Ge-
stalt der Pest erscheint. Es ist gewiß, daß manch-
mal Faulfieber herrschen, bey welchen diejenigen Mit-
tel, die sonst in den aus Gallfiebern entstandenen
Faulfiebern vortrefflich sind, schlechterdings nachthei-
lig werden, und die alles anscheinenden Widerspru-
ches ungeachtet, Aderläßen, gelinde säuerlichte Ge-
tränke und überhaupt eine kühlende Heilart erfodern.
Eben dieses ist vielfältig in der Pest beobachtet wor-
den, wie man aus des Herrn von Haen Abhand-
lung über die Pest ersehen kann. Im 3ten Kapitel
werden diese Dinge vollständiger untersucht, und mit
Thatsachen dargethan. Einstweilen wird jeder Leser
einsehen, daß man unzählige und auffallende Wider-

sprüche
§. 29.

In Ruͤckſicht der Heilart derjenigen Krankhei-
ten, welche gleichſam nur den ſtaͤrkſten, jungen,
geſuͤndeſten Leuten eigen ſind, oder aber dieſelben zu
einer beſtimmten Zeit vorzuͤglich zu befallen pflegen,
geben die bisherigen Bemerkungen die richtigſten An-
zeigen an die Hand. Ausnahmen will ich nicht leug-
nen; aber im Allgemeinen wird es nur aͤußerſt ſelten
gefehlt ſeyn, wenn man in allen, beſonders bey ih-
rer Entſtehung, alſogleich, je nachdem es die Natur der
Krankheit erfordert, bald durch Blutausleerungen,
bald durch Brech- und Purgiermittel, die Bewegun-
gen der Natur zu maͤſſigen, die Kraͤfte zu ſchwaͤchen,
und die Reizbarkeit zu mindern bemuͤht iſt. Ich neh-
me nicht einmal die Faͤlle aus, wo eine ſo geartete
Krankheit unter der Geſtalt eines Faul- oder Ner-
venfiebers, ja nicht einmal, wenn ſie unter der Ge-
ſtalt der Peſt erſcheint. Es iſt gewiß, daß manch-
mal Faulfieber herrſchen, bey welchen diejenigen Mit-
tel, die ſonſt in den aus Gallfiebern entſtandenen
Faulfiebern vortrefflich ſind, ſchlechterdings nachthei-
lig werden, und die alles anſcheinenden Widerſpru-
ches ungeachtet, Aderlaͤßen, gelinde ſaͤuerlichte Ge-
traͤnke und uͤberhaupt eine kuͤhlende Heilart erfodern.
Eben dieſes iſt vielfaͤltig in der Peſt beobachtet wor-
den, wie man aus des Herrn von Haen Abhand-
lung uͤber die Peſt erſehen kann. Im 3ten Kapitel
werden dieſe Dinge vollſtaͤndiger unterſucht, und mit
Thatſachen dargethan. Einſtweilen wird jeder Leſer
einſehen, daß man unzaͤhlige und auffallende Wider-

ſpruͤche
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[317/0336] §. 29. In Ruͤckſicht der Heilart derjenigen Krankhei- ten, welche gleichſam nur den ſtaͤrkſten, jungen, geſuͤndeſten Leuten eigen ſind, oder aber dieſelben zu einer beſtimmten Zeit vorzuͤglich zu befallen pflegen, geben die bisherigen Bemerkungen die richtigſten An- zeigen an die Hand. Ausnahmen will ich nicht leug- nen; aber im Allgemeinen wird es nur aͤußerſt ſelten gefehlt ſeyn, wenn man in allen, beſonders bey ih- rer Entſtehung, alſogleich, je nachdem es die Natur der Krankheit erfordert, bald durch Blutausleerungen, bald durch Brech- und Purgiermittel, die Bewegun- gen der Natur zu maͤſſigen, die Kraͤfte zu ſchwaͤchen, und die Reizbarkeit zu mindern bemuͤht iſt. Ich neh- me nicht einmal die Faͤlle aus, wo eine ſo geartete Krankheit unter der Geſtalt eines Faul- oder Ner- venfiebers, ja nicht einmal, wenn ſie unter der Ge- ſtalt der Peſt erſcheint. Es iſt gewiß, daß manch- mal Faulfieber herrſchen, bey welchen diejenigen Mit- tel, die ſonſt in den aus Gallfiebern entſtandenen Faulfiebern vortrefflich ſind, ſchlechterdings nachthei- lig werden, und die alles anſcheinenden Widerſpru- ches ungeachtet, Aderlaͤßen, gelinde ſaͤuerlichte Ge- traͤnke und uͤberhaupt eine kuͤhlende Heilart erfodern. Eben dieſes iſt vielfaͤltig in der Peſt beobachtet wor- den, wie man aus des Herrn von Haen Abhand- lung uͤber die Peſt erſehen kann. Im 3ten Kapitel werden dieſe Dinge vollſtaͤndiger unterſucht, und mit Thatſachen dargethan. Einſtweilen wird jeder Leſer einſehen, daß man unzaͤhlige und auffallende Wider- ſpruͤche

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/336>, abgerufen am 25.11.2024.