In Rücksicht der Heilart derjenigen Krankhei- ten, welche gleichsam nur den stärksten, jungen, gesündesten Leuten eigen sind, oder aber dieselben zu einer bestimmten Zeit vorzüglich zu befallen pflegen, geben die bisherigen Bemerkungen die richtigsten An- zeigen an die Hand. Ausnahmen will ich nicht leug- nen; aber im Allgemeinen wird es nur äußerst selten gefehlt seyn, wenn man in allen, besonders bey ih- rer Entstehung, alsogleich, je nachdem es die Natur der Krankheit erfordert, bald durch Blutausleerungen, bald durch Brech- und Purgiermittel, die Bewegun- gen der Natur zu mässigen, die Kräfte zu schwächen, und die Reizbarkeit zu mindern bemüht ist. Ich neh- me nicht einmal die Fälle aus, wo eine so geartete Krankheit unter der Gestalt eines Faul- oder Ner- venfiebers, ja nicht einmal, wenn sie unter der Ge- stalt der Pest erscheint. Es ist gewiß, daß manch- mal Faulfieber herrschen, bey welchen diejenigen Mit- tel, die sonst in den aus Gallfiebern entstandenen Faulfiebern vortrefflich sind, schlechterdings nachthei- lig werden, und die alles anscheinenden Widerspru- ches ungeachtet, Aderläßen, gelinde säuerlichte Ge- tränke und überhaupt eine kühlende Heilart erfodern. Eben dieses ist vielfältig in der Pest beobachtet wor- den, wie man aus des Herrn von Haen Abhand- lung über die Pest ersehen kann. Im 3ten Kapitel werden diese Dinge vollständiger untersucht, und mit Thatsachen dargethan. Einstweilen wird jeder Leser einsehen, daß man unzählige und auffallende Wider-
sprüche
§. 29.
In Ruͤckſicht der Heilart derjenigen Krankhei- ten, welche gleichſam nur den ſtaͤrkſten, jungen, geſuͤndeſten Leuten eigen ſind, oder aber dieſelben zu einer beſtimmten Zeit vorzuͤglich zu befallen pflegen, geben die bisherigen Bemerkungen die richtigſten An- zeigen an die Hand. Ausnahmen will ich nicht leug- nen; aber im Allgemeinen wird es nur aͤußerſt ſelten gefehlt ſeyn, wenn man in allen, beſonders bey ih- rer Entſtehung, alſogleich, je nachdem es die Natur der Krankheit erfordert, bald durch Blutausleerungen, bald durch Brech- und Purgiermittel, die Bewegun- gen der Natur zu maͤſſigen, die Kraͤfte zu ſchwaͤchen, und die Reizbarkeit zu mindern bemuͤht iſt. Ich neh- me nicht einmal die Faͤlle aus, wo eine ſo geartete Krankheit unter der Geſtalt eines Faul- oder Ner- venfiebers, ja nicht einmal, wenn ſie unter der Ge- ſtalt der Peſt erſcheint. Es iſt gewiß, daß manch- mal Faulfieber herrſchen, bey welchen diejenigen Mit- tel, die ſonſt in den aus Gallfiebern entſtandenen Faulfiebern vortrefflich ſind, ſchlechterdings nachthei- lig werden, und die alles anſcheinenden Widerſpru- ches ungeachtet, Aderlaͤßen, gelinde ſaͤuerlichte Ge- traͤnke und uͤberhaupt eine kuͤhlende Heilart erfodern. Eben dieſes iſt vielfaͤltig in der Peſt beobachtet wor- den, wie man aus des Herrn von Haen Abhand- lung uͤber die Peſt erſehen kann. Im 3ten Kapitel werden dieſe Dinge vollſtaͤndiger unterſucht, und mit Thatſachen dargethan. Einſtweilen wird jeder Leſer einſehen, daß man unzaͤhlige und auffallende Wider-
ſpruͤche
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0336"n="317"/><divn="4"><head>§. 29.</head><lb/><p>In Ruͤckſicht der Heilart derjenigen Krankhei-<lb/>
ten, welche gleichſam nur den ſtaͤrkſten, jungen,<lb/>
geſuͤndeſten Leuten eigen ſind, oder aber dieſelben zu<lb/>
einer beſtimmten Zeit vorzuͤglich zu befallen pflegen,<lb/>
geben die bisherigen Bemerkungen die richtigſten An-<lb/>
zeigen an die Hand. Ausnahmen will ich nicht leug-<lb/>
nen; aber im Allgemeinen wird es nur aͤußerſt ſelten<lb/>
gefehlt ſeyn, wenn man in allen, beſonders bey ih-<lb/>
rer Entſtehung, alſogleich, je nachdem es die Natur der<lb/>
Krankheit erfordert, bald durch Blutausleerungen,<lb/>
bald durch Brech- und Purgiermittel, die Bewegun-<lb/>
gen der Natur zu maͤſſigen, die Kraͤfte zu ſchwaͤchen,<lb/>
und die Reizbarkeit zu mindern bemuͤht iſt. Ich neh-<lb/>
me nicht einmal die Faͤlle aus, wo eine ſo geartete<lb/>
Krankheit unter der Geſtalt eines Faul- oder Ner-<lb/>
venfiebers, ja nicht einmal, wenn ſie unter der Ge-<lb/>ſtalt der Peſt erſcheint. Es iſt gewiß, daß manch-<lb/>
mal Faulfieber herrſchen, bey welchen diejenigen Mit-<lb/>
tel, die ſonſt in den aus Gallfiebern entſtandenen<lb/>
Faulfiebern vortrefflich ſind, ſchlechterdings nachthei-<lb/>
lig werden, und die alles anſcheinenden Widerſpru-<lb/>
ches ungeachtet, Aderlaͤßen, gelinde ſaͤuerlichte Ge-<lb/>
traͤnke und uͤberhaupt eine kuͤhlende Heilart erfodern.<lb/>
Eben dieſes iſt vielfaͤltig in der Peſt beobachtet wor-<lb/>
den, wie man aus des Herrn von <hirendition="#fr">Haen</hi> Abhand-<lb/>
lung uͤber die Peſt erſehen kann. Im 3ten Kapitel<lb/>
werden dieſe Dinge vollſtaͤndiger unterſucht, und mit<lb/>
Thatſachen dargethan. Einſtweilen wird jeder Leſer<lb/>
einſehen, daß man unzaͤhlige und auffallende Wider-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſpruͤche</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[317/0336]
§. 29.
In Ruͤckſicht der Heilart derjenigen Krankhei-
ten, welche gleichſam nur den ſtaͤrkſten, jungen,
geſuͤndeſten Leuten eigen ſind, oder aber dieſelben zu
einer beſtimmten Zeit vorzuͤglich zu befallen pflegen,
geben die bisherigen Bemerkungen die richtigſten An-
zeigen an die Hand. Ausnahmen will ich nicht leug-
nen; aber im Allgemeinen wird es nur aͤußerſt ſelten
gefehlt ſeyn, wenn man in allen, beſonders bey ih-
rer Entſtehung, alſogleich, je nachdem es die Natur der
Krankheit erfordert, bald durch Blutausleerungen,
bald durch Brech- und Purgiermittel, die Bewegun-
gen der Natur zu maͤſſigen, die Kraͤfte zu ſchwaͤchen,
und die Reizbarkeit zu mindern bemuͤht iſt. Ich neh-
me nicht einmal die Faͤlle aus, wo eine ſo geartete
Krankheit unter der Geſtalt eines Faul- oder Ner-
venfiebers, ja nicht einmal, wenn ſie unter der Ge-
ſtalt der Peſt erſcheint. Es iſt gewiß, daß manch-
mal Faulfieber herrſchen, bey welchen diejenigen Mit-
tel, die ſonſt in den aus Gallfiebern entſtandenen
Faulfiebern vortrefflich ſind, ſchlechterdings nachthei-
lig werden, und die alles anſcheinenden Widerſpru-
ches ungeachtet, Aderlaͤßen, gelinde ſaͤuerlichte Ge-
traͤnke und uͤberhaupt eine kuͤhlende Heilart erfodern.
Eben dieſes iſt vielfaͤltig in der Peſt beobachtet wor-
den, wie man aus des Herrn von Haen Abhand-
lung uͤber die Peſt erſehen kann. Im 3ten Kapitel
werden dieſe Dinge vollſtaͤndiger unterſucht, und mit
Thatſachen dargethan. Einſtweilen wird jeder Leſer
einſehen, daß man unzaͤhlige und auffallende Wider-
ſpruͤche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/336>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.