Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

samkeit, Härte u. s. w. untereinander zusammen stim-
men, desto thätiger wird die Natur den Körper gegen
alle Krankheit beschützen.*) Ein solcher Körper, be-
haupten Galenus und Celsus, wird gegen Traurig-
keit, Zorn, Wachen, Sorgen, Platzregen, Hitze,
Pest, kurz gegen alle Krankheitsursachen aushalten:
Da hingegen übelbeschaffne Körper dergleichen Veran-
lassungen alsogleich unterliegen, und schon in sich selbst
den Zunder zu mancherley Krankheiten beherbergen.**)
Selbst die Todesart hängt von der Leibesbeschaffen-
heit ab; so sterben starke, junge Leute unter Zuckun-
gen; alte im Taumel, und Weiber weit öfter, als
Männer, in Ohnmachten.

§. 28.

Man darf aber den Ausspruch des Galenus
und Celsus nicht im strengen Wortverstande nehmen;
denn es giebt in der That Krankheiten, denen eine
gute, starke Leibesbeschaffenheit mehr, als eine schwäch-
liche und ungesunde unterworfen ist. Alle Krankhei-
ten, welche durch die stürmische Heftigkeit ihrer Zu-
fälle, durch ihren schnellen Verlauf, und überhaupt
durch allzu wirksames Bestreben der Lebenskräfte ge-
fährlich werden, pflegen vorzüglich starke, gesunde,
vollsaftige Leute, in der Blüthe der Jahre zu befal-
len. Ansteckende und epidemische Krankheiten greifen
nicht selten, so lange sie heftig sind, nur die stärksten
Leute an, und verschonen Greise, Kinder, Weiber,

Schwäch-
*) Dis. de Naturae Viribus debilioribus.
**) De optima corporis conflitutione.

ſamkeit, Haͤrte u. ſ. w. untereinander zuſammen ſtim-
men, deſto thaͤtiger wird die Natur den Koͤrper gegen
alle Krankheit beſchuͤtzen.*) Ein ſolcher Koͤrper, be-
haupten Galenus und Celſus, wird gegen Traurig-
keit, Zorn, Wachen, Sorgen, Platzregen, Hitze,
Peſt, kurz gegen alle Krankheitsurſachen aushalten:
Da hingegen uͤbelbeſchaffne Koͤrper dergleichen Veran-
laſſungen alſogleich unterliegen, und ſchon in ſich ſelbſt
den Zunder zu mancherley Krankheiten beherbergen.**)
Selbſt die Todesart haͤngt von der Leibesbeſchaffen-
heit ab; ſo ſterben ſtarke, junge Leute unter Zuckun-
gen; alte im Taumel, und Weiber weit oͤfter, als
Maͤnner, in Ohnmachten.

§. 28.

Man darf aber den Ausſpruch des Galenus
und Celſus nicht im ſtrengen Wortverſtande nehmen;
denn es giebt in der That Krankheiten, denen eine
gute, ſtarke Leibesbeſchaffenheit mehr, als eine ſchwaͤch-
liche und ungeſunde unterworfen iſt. Alle Krankhei-
ten, welche durch die ſtuͤrmiſche Heftigkeit ihrer Zu-
faͤlle, durch ihren ſchnellen Verlauf, und uͤberhaupt
durch allzu wirkſames Beſtreben der Lebenskraͤfte ge-
faͤhrlich werden, pflegen vorzuͤglich ſtarke, geſunde,
vollſaftige Leute, in der Bluͤthe der Jahre zu befal-
len. Anſteckende und epidemiſche Krankheiten greifen
nicht ſelten, ſo lange ſie heftig ſind, nur die ſtaͤrkſten
Leute an, und verſchonen Greiſe, Kinder, Weiber,

Schwaͤch-
*) Diſ. de Naturæ Viribus debilioribus.
**) De optima corporis conflitutione.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0333" n="314"/>
&#x017F;amkeit, Ha&#x0364;rte u. &#x017F;. w. untereinander zu&#x017F;ammen &#x017F;tim-<lb/>
men, de&#x017F;to tha&#x0364;tiger wird die Natur den Ko&#x0364;rper gegen<lb/>
alle Krankheit be&#x017F;chu&#x0364;tzen.<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Di&#x017F;. de Naturæ Viribus debilioribus.</hi></note> Ein &#x017F;olcher Ko&#x0364;rper, be-<lb/>
haupten <hi rendition="#fr">Galenus</hi> und <hi rendition="#fr">Cel&#x017F;us</hi>, wird gegen Traurig-<lb/>
keit, Zorn, Wachen, Sorgen, Platzregen, Hitze,<lb/>
Pe&#x017F;t, kurz gegen alle Krankheitsur&#x017F;achen aushalten:<lb/>
Da hingegen u&#x0364;belbe&#x017F;chaffne Ko&#x0364;rper dergleichen Veran-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;ungen al&#x017F;ogleich unterliegen, und &#x017F;chon in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
den Zunder zu mancherley Krankheiten beherbergen.<note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">De optima corporis conflitutione.</hi></note><lb/>
Selb&#x017F;t die Todesart ha&#x0364;ngt von der Leibesbe&#x017F;chaffen-<lb/>
heit ab; &#x017F;o &#x017F;terben &#x017F;tarke, junge Leute unter Zuckun-<lb/>
gen; alte im Taumel, und Weiber weit o&#x0364;fter, als<lb/>
Ma&#x0364;nner, in Ohnmachten.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 28.</head><lb/>
              <p>Man darf aber den Aus&#x017F;pruch des <hi rendition="#fr">Galenus</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Cel&#x017F;us</hi> nicht im &#x017F;trengen Wortver&#x017F;tande nehmen;<lb/>
denn es giebt in der That Krankheiten, denen eine<lb/>
gute, &#x017F;tarke Leibesbe&#x017F;chaffenheit mehr, als eine &#x017F;chwa&#x0364;ch-<lb/>
liche und unge&#x017F;unde unterworfen i&#x017F;t. Alle Krankhei-<lb/>
ten, welche durch die &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;che Heftigkeit ihrer Zu-<lb/>
fa&#x0364;lle, durch ihren &#x017F;chnellen Verlauf, und u&#x0364;berhaupt<lb/>
durch allzu wirk&#x017F;ames Be&#x017F;treben der Lebenskra&#x0364;fte ge-<lb/>
fa&#x0364;hrlich werden, pflegen vorzu&#x0364;glich &#x017F;tarke, ge&#x017F;unde,<lb/>
voll&#x017F;aftige Leute, in der Blu&#x0364;the der Jahre zu befal-<lb/>
len. An&#x017F;teckende und epidemi&#x017F;che Krankheiten greifen<lb/>
nicht &#x017F;elten, &#x017F;o lange &#x017F;ie heftig &#x017F;ind, nur die &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten<lb/>
Leute an, und ver&#x017F;chonen Grei&#x017F;e, Kinder, Weiber,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Schwa&#x0364;ch-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0333] ſamkeit, Haͤrte u. ſ. w. untereinander zuſammen ſtim- men, deſto thaͤtiger wird die Natur den Koͤrper gegen alle Krankheit beſchuͤtzen. *) Ein ſolcher Koͤrper, be- haupten Galenus und Celſus, wird gegen Traurig- keit, Zorn, Wachen, Sorgen, Platzregen, Hitze, Peſt, kurz gegen alle Krankheitsurſachen aushalten: Da hingegen uͤbelbeſchaffne Koͤrper dergleichen Veran- laſſungen alſogleich unterliegen, und ſchon in ſich ſelbſt den Zunder zu mancherley Krankheiten beherbergen. **) Selbſt die Todesart haͤngt von der Leibesbeſchaffen- heit ab; ſo ſterben ſtarke, junge Leute unter Zuckun- gen; alte im Taumel, und Weiber weit oͤfter, als Maͤnner, in Ohnmachten. §. 28. Man darf aber den Ausſpruch des Galenus und Celſus nicht im ſtrengen Wortverſtande nehmen; denn es giebt in der That Krankheiten, denen eine gute, ſtarke Leibesbeſchaffenheit mehr, als eine ſchwaͤch- liche und ungeſunde unterworfen iſt. Alle Krankhei- ten, welche durch die ſtuͤrmiſche Heftigkeit ihrer Zu- faͤlle, durch ihren ſchnellen Verlauf, und uͤberhaupt durch allzu wirkſames Beſtreben der Lebenskraͤfte ge- faͤhrlich werden, pflegen vorzuͤglich ſtarke, geſunde, vollſaftige Leute, in der Bluͤthe der Jahre zu befal- len. Anſteckende und epidemiſche Krankheiten greifen nicht ſelten, ſo lange ſie heftig ſind, nur die ſtaͤrkſten Leute an, und verſchonen Greiſe, Kinder, Weiber, Schwaͤch- *) Diſ. de Naturæ Viribus debilioribus. **) De optima corporis conflitutione.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/333
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/333>, abgerufen am 13.11.2024.