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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Theile aber in einem steten Zustande der kernichten
Gesundheit erhalten werden.

Eben dieses berichtet Rush von den India-
nern.*) Sie sind bey ihrer rauhen Lebensart wohl
gebildet, groß, haben regelmäßige Gesichtszüge und
feurige Augen, Zeichen einer dauerhaften Gesundheit
und eines starken Körpers. Daher haben sie nie
den Scharbock, oder andere Krankheiten, die ihren
Grund in einer Verderbniß der Säfte haben, nie die
Pest. Rush hat nur von zwey oder drey gehört, wel-
che vom Podagra befallen waren, und diese hatten
den Gebrauch des Rhums von den Europäern gelernt.
Wurmkrankheiten haben sie keine, obschon sie fast al-
le Würmer haben, welche aber nur bey schwächlichen
Körpern Krankheiten erzeugen. Auch das Zahnen
macht ihnen keine Unbequemlichkeit, wie man dieses
gleichfalls bey uns an gesunden Kindern von gesunden
Eltern bemerkt. Die Fieber, Beweise von wirksamer
Natur, das Alter, zufällige Ursachen und der Krieg
sind die einzigen Werkzeuge des Todes unter ihnen.
Sie entziehen ihren Kranken alle reitzende Nahrung;
geben ihnen viel kaltes Wasser; machen sie schwitzen;
geben hie und da Abführungen und Brechmittel; ver-
anstalten örtliche Blutläßen, und legen bey heftigen
Schmerzen ein faules brennendes Holz auf den Theil,
und laßen ein Loch in das Fleisch brennen. Rush
vermuthet, daß ihre nachlaßenden Fieber keine andern
Mittel erfordern, als das kalte Baad und die frische

Luft
*) Sam. aus. Abh. 4. B. S. 275.

Theile aber in einem ſteten Zuſtande der kernichten
Geſundheit erhalten werden.

Eben dieſes berichtet Ruſh von den India-
nern.*) Sie ſind bey ihrer rauhen Lebensart wohl
gebildet, groß, haben regelmaͤßige Geſichtszuͤge und
feurige Augen, Zeichen einer dauerhaften Geſundheit
und eines ſtarken Koͤrpers. Daher haben ſie nie
den Scharbock, oder andere Krankheiten, die ihren
Grund in einer Verderbniß der Saͤfte haben, nie die
Peſt. Ruſh hat nur von zwey oder drey gehoͤrt, wel-
che vom Podagra befallen waren, und dieſe hatten
den Gebrauch des Rhums von den Europaͤern gelernt.
Wurmkrankheiten haben ſie keine, obſchon ſie faſt al-
le Wuͤrmer haben, welche aber nur bey ſchwaͤchlichen
Koͤrpern Krankheiten erzeugen. Auch das Zahnen
macht ihnen keine Unbequemlichkeit, wie man dieſes
gleichfalls bey uns an geſunden Kindern von geſunden
Eltern bemerkt. Die Fieber, Beweiſe von wirkſamer
Natur, das Alter, zufaͤllige Urſachen und der Krieg
ſind die einzigen Werkzeuge des Todes unter ihnen.
Sie entziehen ihren Kranken alle reitzende Nahrung;
geben ihnen viel kaltes Waſſer; machen ſie ſchwitzen;
geben hie und da Abfuͤhrungen und Brechmittel; ver-
anſtalten oͤrtliche Blutlaͤßen, und legen bey heftigen
Schmerzen ein faules brennendes Holz auf den Theil,
und laßen ein Loch in das Fleiſch brennen. Ruſh
vermuthet, daß ihre nachlaßenden Fieber keine andern
Mittel erfordern, als das kalte Baad und die friſche

Luft
*) Sam. aus. Abh. 4. B. S. 275.
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[297/0316] Theile aber in einem ſteten Zuſtande der kernichten Geſundheit erhalten werden. Eben dieſes berichtet Ruſh von den India- nern. *) Sie ſind bey ihrer rauhen Lebensart wohl gebildet, groß, haben regelmaͤßige Geſichtszuͤge und feurige Augen, Zeichen einer dauerhaften Geſundheit und eines ſtarken Koͤrpers. Daher haben ſie nie den Scharbock, oder andere Krankheiten, die ihren Grund in einer Verderbniß der Saͤfte haben, nie die Peſt. Ruſh hat nur von zwey oder drey gehoͤrt, wel- che vom Podagra befallen waren, und dieſe hatten den Gebrauch des Rhums von den Europaͤern gelernt. Wurmkrankheiten haben ſie keine, obſchon ſie faſt al- le Wuͤrmer haben, welche aber nur bey ſchwaͤchlichen Koͤrpern Krankheiten erzeugen. Auch das Zahnen macht ihnen keine Unbequemlichkeit, wie man dieſes gleichfalls bey uns an geſunden Kindern von geſunden Eltern bemerkt. Die Fieber, Beweiſe von wirkſamer Natur, das Alter, zufaͤllige Urſachen und der Krieg ſind die einzigen Werkzeuge des Todes unter ihnen. Sie entziehen ihren Kranken alle reitzende Nahrung; geben ihnen viel kaltes Waſſer; machen ſie ſchwitzen; geben hie und da Abfuͤhrungen und Brechmittel; ver- anſtalten oͤrtliche Blutlaͤßen, und legen bey heftigen Schmerzen ein faules brennendes Holz auf den Theil, und laßen ein Loch in das Fleiſch brennen. Ruſh vermuthet, daß ihre nachlaßenden Fieber keine andern Mittel erfordern, als das kalte Baad und die friſche Luft *) Sam. aus. Abh. 4. B. S. 275.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/316>, abgerufen am 25.11.2024.