Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Kinder u. s. w. -- man hüte sich, sage ich, dergleichen
Zufälle zu unterdrücken. Sie fordern die Klugheit ei-
nes weitaussehenden Arztes; und kann dieser die Grund-
lage davon, den Stoff entweder gar nicht, oder nicht
ohne Schaden wegschaffen, so lasse er sie, was und
wie sie sind.*)

Ich habe mich bey diesem Gegenstande mit Vor-
bedacht etwas lange aufgehalten, theils, weil jeder
Schaden, der von gehinderter Wirksamkeit der Na-
tur entspringt, einen Beweis für den Werth ihrer Be-
strebungen abgiebt; theils weil ich es sowohl für die
Sache selbst, als zur Verständniß meiner folgenden
Untersuchungen für höchst wichtig hielt, meine Leser
mit der wohlthätigen Natur, und mit dem Unterschie-
de von Krankheit und Zufall vollständig bekannt zu
machen.

Fölgerungssatz.
§. 11.

Aus allem dem bisher gesagten wage ich es,
einen Folgerungssatz abzuleiten, nämlich: Daß die
Natur viele und grosse Krankheiten durch eigne
Kräfte zu heilen im Stande sey, wenn ihr
nur die Hinderniße aus dem Weege geräumt
werden
. Diesen wichtigen Satz werden folgende Be-
trachtungen noch mehr aufklären und bestättigen:

Es ist jedem Arzte bekannt, daß eine und die
nämliche Krankheit durch die entgegengesetztesten Heil-

arten,
*) Man lese Zimmermann von der Erfahrung 4tes Buch
10tes Kapitel, woraus ich hier nichts angeführt habe, ob-
schon es wichtige Beobachtungen enthält.

Kinder u. ſ. w. — man huͤte ſich, ſage ich, dergleichen
Zufaͤlle zu unterdruͤcken. Sie fordern die Klugheit ei-
nes weitausſehenden Arztes; und kann dieſer die Grund-
lage davon, den Stoff entweder gar nicht, oder nicht
ohne Schaden wegſchaffen, ſo laſſe er ſie, was und
wie ſie ſind.*)

Ich habe mich bey dieſem Gegenſtande mit Vor-
bedacht etwas lange aufgehalten, theils, weil jeder
Schaden, der von gehinderter Wirkſamkeit der Na-
tur entſpringt, einen Beweis fuͤr den Werth ihrer Be-
ſtrebungen abgiebt; theils weil ich es ſowohl fuͤr die
Sache ſelbſt, als zur Verſtaͤndniß meiner folgenden
Unterſuchungen fuͤr hoͤchſt wichtig hielt, meine Leſer
mit der wohlthaͤtigen Natur, und mit dem Unterſchie-
de von Krankheit und Zufall vollſtaͤndig bekannt zu
machen.

Fölgerungsſatz.
§. 11.

Aus allem dem bisher geſagten wage ich es,
einen Folgerungsſatz abzuleiten, naͤmlich: Daß die
Natur viele und groſſe Krankheiten durch eigne
Kräfte zu heilen im Stande ſey, wenn ihr
nur die Hinderniße aus dem Weege geräumt
werden
. Dieſen wichtigen Satz werden folgende Be-
trachtungen noch mehr aufklaͤren und beſtaͤttigen:

Es iſt jedem Arzte bekannt, daß eine und die
naͤmliche Krankheit durch die entgegengeſetzteſten Heil-

arten,
*) Man leſe Zimmermann von der Erfahrung 4tes Buch
10tes Kapitel, woraus ich hier nichts angefuͤhrt habe, ob-
ſchon es wichtige Beobachtungen enthaͤlt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0259" n="240"/>
Kinder u. &#x017F;. w. &#x2014; man hu&#x0364;te &#x017F;ich, &#x017F;age ich, dergleichen<lb/>
Zufa&#x0364;lle zu unterdru&#x0364;cken. Sie fordern die Klugheit ei-<lb/>
nes weitaus&#x017F;ehenden Arztes; und kann die&#x017F;er die Grund-<lb/>
lage davon, den Stoff entweder gar nicht, oder nicht<lb/>
ohne Schaden weg&#x017F;chaffen, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;e er &#x017F;ie, was und<lb/>
wie &#x017F;ie &#x017F;ind.<note place="foot" n="*)">Man le&#x017F;e Zimmermann von der Erfahrung 4tes Buch<lb/>
10tes Kapitel, woraus ich hier nichts angefu&#x0364;hrt habe, ob-<lb/>
&#x017F;chon es wichtige Beobachtungen entha&#x0364;lt.</note></p><lb/>
              <p>Ich habe mich bey die&#x017F;em Gegen&#x017F;tande mit Vor-<lb/>
bedacht etwas lange aufgehalten, theils, weil jeder<lb/>
Schaden, der von gehinderter Wirk&#x017F;amkeit der Na-<lb/>
tur ent&#x017F;pringt, einen Beweis fu&#x0364;r den Werth ihrer Be-<lb/>
&#x017F;trebungen abgiebt; theils weil ich es &#x017F;owohl fu&#x0364;r die<lb/>
Sache &#x017F;elb&#x017F;t, als zur Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß meiner folgenden<lb/>
Unter&#x017F;uchungen fu&#x0364;r ho&#x0364;ch&#x017F;t wichtig hielt, meine Le&#x017F;er<lb/>
mit der wohltha&#x0364;tigen Natur, und mit dem Unter&#x017F;chie-<lb/>
de von Krankheit und Zufall voll&#x017F;ta&#x0364;ndig bekannt zu<lb/>
machen.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#b">Fölgerungs&#x017F;atz.</hi><lb/>
§. 11.</head><lb/>
            <p>Aus allem dem bisher ge&#x017F;agten wage ich es,<lb/>
einen Folgerungs&#x017F;atz abzuleiten, na&#x0364;mlich: <hi rendition="#fr">Daß die<lb/>
Natur viele und gro&#x017F;&#x017F;e Krankheiten durch eigne<lb/>
Kräfte zu heilen im Stande &#x017F;ey, wenn ihr<lb/>
nur die Hinderniße aus dem Weege geräumt<lb/>
werden</hi>. Die&#x017F;en wichtigen Satz werden folgende Be-<lb/>
trachtungen noch mehr aufkla&#x0364;ren und be&#x017F;ta&#x0364;ttigen:</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t jedem Arzte bekannt, daß eine und die<lb/>
na&#x0364;mliche Krankheit durch die entgegenge&#x017F;etzte&#x017F;ten Heil-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">arten,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0259] Kinder u. ſ. w. — man huͤte ſich, ſage ich, dergleichen Zufaͤlle zu unterdruͤcken. Sie fordern die Klugheit ei- nes weitausſehenden Arztes; und kann dieſer die Grund- lage davon, den Stoff entweder gar nicht, oder nicht ohne Schaden wegſchaffen, ſo laſſe er ſie, was und wie ſie ſind. *) Ich habe mich bey dieſem Gegenſtande mit Vor- bedacht etwas lange aufgehalten, theils, weil jeder Schaden, der von gehinderter Wirkſamkeit der Na- tur entſpringt, einen Beweis fuͤr den Werth ihrer Be- ſtrebungen abgiebt; theils weil ich es ſowohl fuͤr die Sache ſelbſt, als zur Verſtaͤndniß meiner folgenden Unterſuchungen fuͤr hoͤchſt wichtig hielt, meine Leſer mit der wohlthaͤtigen Natur, und mit dem Unterſchie- de von Krankheit und Zufall vollſtaͤndig bekannt zu machen. Fölgerungsſatz. §. 11. Aus allem dem bisher geſagten wage ich es, einen Folgerungsſatz abzuleiten, naͤmlich: Daß die Natur viele und groſſe Krankheiten durch eigne Kräfte zu heilen im Stande ſey, wenn ihr nur die Hinderniße aus dem Weege geräumt werden. Dieſen wichtigen Satz werden folgende Be- trachtungen noch mehr aufklaͤren und beſtaͤttigen: Es iſt jedem Arzte bekannt, daß eine und die naͤmliche Krankheit durch die entgegengeſetzteſten Heil- arten, *) Man leſe Zimmermann von der Erfahrung 4tes Buch 10tes Kapitel, woraus ich hier nichts angefuͤhrt habe, ob- ſchon es wichtige Beobachtungen enthaͤlt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/259
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/259>, abgerufen am 22.11.2024.