Gesundscheinende Personen werden manchmal mit periodischen Gährungen in den Verdauungswegen, mit sieberhaften Krämpfen und schmerzhaften Zufäl- len, mit Unordnungen im ganzen Körper, ohne alle äußere Veranlassung befallen. Kämpf sah unter die- sen Umständen, oder nicht lange hernach allerley wie- dernatürlichen Unrath durch den Stuhlgang und Urin weggehen und hielt daher diesen unvermutheten Aufruhr für eine Bemühung der Natur, sich einer fremden Last zu entledigen.
Die Vollblütigkeit vermindert die Natur durch Nasenbluthen, den Zeitfluß, den Goldaderfluß, Blut- brechen. Wird ihr dieser Weg zu schwer, so bedient sie sich wirksamerer Anordnungen, und erregt ein Blut- sieber. Dadurch bringt sie entweder wieder Blut- flüsse zu Stande; oder sie löset einen großen Theil des Blutes in einen Dunst auf, führt ihn durch verschie- dene Weege aus dem Körper unter dem Namen der Entscheidungen und unter der Gestalt des Schweißes, eines trüben, häufigen Harnes, häufiger Stühle. Ist der Widerstand noch größer, so entstehen zuerst krampfhaf- re, rheumatische und endlich entzündunsartige Schmer- zen; kann dadurch der entzündliche Reitz nicht gehö- rig zerstöhrt, die Entzündungsmaterie abgeschieden und in Gestalt eines Schweises, eines trüben Harns, ge- kochten, eiterförmigen Auswurfes oder solcher Stühle nicht ausgeführt werden: so werden die leidenden Theile zerstöhrt, theils selbst zu Eyter geschmolzen, theils dienen sie der durch die Fieberhitze gebildeten Eiterungsmate- ri[e] zum Ablager, wodurch die angränzenden Theile
ge-
Geſundſcheinende Perſonen werden manchmal mit periodiſchen Gaͤhrungen in den Verdauungswegen, mit ſieberhaften Kraͤmpfen und ſchmerzhaften Zufaͤl- len, mit Unordnungen im ganzen Koͤrper, ohne alle aͤußere Veranlaſſung befallen. Kämpf ſah unter die- ſen Umſtaͤnden, oder nicht lange hernach allerley wie- dernatuͤrlichen Unrath durch den Stuhlgang und Urin weggehen und hielt daher dieſen unvermutheten Aufruhr fuͤr eine Bemuͤhung der Natur, ſich einer fremden Laſt zu entledigen.
Die Vollbluͤtigkeit vermindert die Natur durch Naſenbluthen, den Zeitfluß, den Goldaderfluß, Blut- brechen. Wird ihr dieſer Weg zu ſchwer, ſo bedient ſie ſich wirkſamerer Anordnungen, und erregt ein Blut- ſieber. Dadurch bringt ſie entweder wieder Blut- fluͤſſe zu Stande; oder ſie loͤſet einen großen Theil des Blutes in einen Dunſt auf, fuͤhrt ihn durch verſchie- dene Weege aus dem Koͤrper unter dem Namen der Entſcheidungen und unter der Geſtalt des Schweißes, eines truͤben, haͤufigen Harnes, haͤufiger Stuͤhle. Iſt der Widerſtand noch groͤßer, ſo entſtehen zuerſt krampfhaf- re, rheumatiſche und endlich entzuͤndunsartige Schmer- zen; kann dadurch der entzuͤndliche Reitz nicht gehoͤ- rig zerſtoͤhrt, die Entzuͤndungsmaterie abgeſchieden und in Geſtalt eines Schweiſes, eines truͤben Harns, ge- kochten, eiterfoͤrmigen Auswurfes oder ſolcher Stuͤhle nicht ausgefuͤhrt werden: ſo werden die leidenden Theile zerſtoͤhrt, theils ſelbſt zu Eyter geſchmolzen, theils dienen ſie der durch die Fieberhitze gebildeten Eiterungsmate- ri[e] zum Ablager, wodurch die angraͤnzenden Theile
ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0237"n="218"/><p>Geſundſcheinende Perſonen werden manchmal mit<lb/>
periodiſchen Gaͤhrungen in den Verdauungswegen,<lb/>
mit ſieberhaften Kraͤmpfen und ſchmerzhaften Zufaͤl-<lb/>
len, mit Unordnungen im ganzen Koͤrper, ohne alle<lb/>
aͤußere Veranlaſſung befallen. <hirendition="#fr">Kämpf</hi>ſah unter die-<lb/>ſen Umſtaͤnden, oder nicht lange hernach allerley wie-<lb/>
dernatuͤrlichen Unrath durch den Stuhlgang und Urin<lb/>
weggehen und hielt daher dieſen unvermutheten Aufruhr<lb/>
fuͤr eine Bemuͤhung der Natur, ſich einer fremden<lb/>
Laſt zu entledigen.</p><lb/><p>Die Vollbluͤtigkeit vermindert die Natur durch<lb/>
Naſenbluthen, den Zeitfluß, den Goldaderfluß, Blut-<lb/>
brechen. Wird ihr dieſer Weg zu ſchwer, ſo bedient<lb/>ſie ſich wirkſamerer Anordnungen, und erregt ein Blut-<lb/>ſieber. Dadurch bringt ſie entweder wieder Blut-<lb/>
fluͤſſe zu Stande; oder ſie loͤſet einen großen Theil des<lb/>
Blutes in einen Dunſt auf, fuͤhrt ihn durch verſchie-<lb/>
dene Weege aus dem Koͤrper unter dem Namen der<lb/>
Entſcheidungen und unter der Geſtalt des Schweißes,<lb/>
eines truͤben, haͤufigen Harnes, haͤufiger Stuͤhle. Iſt der<lb/>
Widerſtand noch groͤßer, ſo entſtehen zuerſt krampfhaf-<lb/>
re, rheumatiſche und endlich entzuͤndunsartige Schmer-<lb/>
zen; kann dadurch der entzuͤndliche Reitz nicht gehoͤ-<lb/>
rig zerſtoͤhrt, die Entzuͤndungsmaterie abgeſchieden und<lb/>
in Geſtalt eines Schweiſes, eines truͤben Harns, ge-<lb/>
kochten, eiterfoͤrmigen Auswurfes oder ſolcher Stuͤhle<lb/>
nicht ausgefuͤhrt werden: ſo werden die leidenden Theile<lb/>
zerſtoͤhrt, theils ſelbſt zu Eyter geſchmolzen, theils dienen<lb/>ſie der durch die Fieberhitze gebildeten Eiterungsmate-<lb/>
ri<supplied>e</supplied> zum Ablager, wodurch die angraͤnzenden Theile<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ge-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[218/0237]
Geſundſcheinende Perſonen werden manchmal mit
periodiſchen Gaͤhrungen in den Verdauungswegen,
mit ſieberhaften Kraͤmpfen und ſchmerzhaften Zufaͤl-
len, mit Unordnungen im ganzen Koͤrper, ohne alle
aͤußere Veranlaſſung befallen. Kämpf ſah unter die-
ſen Umſtaͤnden, oder nicht lange hernach allerley wie-
dernatuͤrlichen Unrath durch den Stuhlgang und Urin
weggehen und hielt daher dieſen unvermutheten Aufruhr
fuͤr eine Bemuͤhung der Natur, ſich einer fremden
Laſt zu entledigen.
Die Vollbluͤtigkeit vermindert die Natur durch
Naſenbluthen, den Zeitfluß, den Goldaderfluß, Blut-
brechen. Wird ihr dieſer Weg zu ſchwer, ſo bedient
ſie ſich wirkſamerer Anordnungen, und erregt ein Blut-
ſieber. Dadurch bringt ſie entweder wieder Blut-
fluͤſſe zu Stande; oder ſie loͤſet einen großen Theil des
Blutes in einen Dunſt auf, fuͤhrt ihn durch verſchie-
dene Weege aus dem Koͤrper unter dem Namen der
Entſcheidungen und unter der Geſtalt des Schweißes,
eines truͤben, haͤufigen Harnes, haͤufiger Stuͤhle. Iſt der
Widerſtand noch groͤßer, ſo entſtehen zuerſt krampfhaf-
re, rheumatiſche und endlich entzuͤndunsartige Schmer-
zen; kann dadurch der entzuͤndliche Reitz nicht gehoͤ-
rig zerſtoͤhrt, die Entzuͤndungsmaterie abgeſchieden und
in Geſtalt eines Schweiſes, eines truͤben Harns, ge-
kochten, eiterfoͤrmigen Auswurfes oder ſolcher Stuͤhle
nicht ausgefuͤhrt werden: ſo werden die leidenden Theile
zerſtoͤhrt, theils ſelbſt zu Eyter geſchmolzen, theils dienen
ſie der durch die Fieberhitze gebildeten Eiterungsmate-
rie zum Ablager, wodurch die angraͤnzenden Theile
ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/237>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.