mit dem Zustande ihres Unvermögens vertraut ist der kann die Natur weder nachahmen, leiten, unter- stützen, noch ungestört wirken lassen. Er wird bey jedem Schritte zu fruchtlosen, unzulänglichen, vorei- ligen, gewaltsamen, unglücklichen und jederzeit un- vernünftigen Heilarten verführt; er kann keine ande- re, als irrige Begriffe von dem Ursprung und der Natur der Krankheiten, von ihren Zufällen, ihrer Gefahr und von der Wirkung der Heilmittel haben.
Der Gegenstand ist weit ausgreifend und sehr schwer. Deßwegen hoffe ich zwar aufmerksame, aber nachsichtige Leser.
Erster Abschnitt. Vom Heilvermögen der Natur.
Eigenmächtige Kuren der Natur, und Erörte- rung derselben. §. 2.
Die Schriftsteller haben unzählige Beyspiele von eigenmächtigen Kuren der Natur, allermeist un- ter dem Titel sonderbarer Begebenheiten aufgezeichnet. Alle Arten von Ausschlägen der Haut, von Geschwüren, Krätze, Aussatz, juckende Blätterchen auf den Reihen, der chronische Friesel erleichterten oder hoben die hypo- chondrischen Beschwerden, und wurden wechselseitig
von
mit dem Zuſtande ihres Unvermoͤgens vertraut iſt der kann die Natur weder nachahmen, leiten, unter- ſtuͤtzen, noch ungeſtoͤrt wirken laſſen. Er wird bey jedem Schritte zu fruchtloſen, unzulaͤnglichen, vorei- ligen, gewaltſamen, ungluͤcklichen und jederzeit un- vernuͤnftigen Heilarten verfuͤhrt; er kann keine ande- re, als irrige Begriffe von dem Urſprung und der Natur der Krankheiten, von ihren Zufaͤllen, ihrer Gefahr und von der Wirkung der Heilmittel haben.
Der Gegenſtand iſt weit ausgreifend und ſehr ſchwer. Deßwegen hoffe ich zwar aufmerkſame, aber nachſichtige Leſer.
Erſter Abſchnitt. Vom Heilvermoͤgen der Natur.
Eigenmaͤchtige Kuren der Natur, und Eroͤrte- rung derſelben. §. 2.
Die Schriftſteller haben unzaͤhlige Beyſpiele von eigenmaͤchtigen Kuren der Natur, allermeiſt un- ter dem Titel ſonderbarer Begebenheiten aufgezeichnet. Alle Arten von Ausſchlaͤgen der Haut, von Geſchwuͤren, Kraͤtze, Ausſatz, juckende Blaͤtterchen auf den Reihen, der chroniſche Frieſel erleichterten oder hoben die hypo- chondriſchen Beſchwerden, und wurden wechſelſeitig
von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0227"n="206"/>
mit dem Zuſtande ihres Unvermoͤgens vertraut iſt<lb/>
der kann die Natur weder nachahmen, leiten, unter-<lb/>ſtuͤtzen, noch ungeſtoͤrt wirken laſſen. Er wird bey<lb/>
jedem Schritte zu fruchtloſen, unzulaͤnglichen, vorei-<lb/>
ligen, gewaltſamen, ungluͤcklichen und jederzeit un-<lb/>
vernuͤnftigen Heilarten verfuͤhrt; er kann keine ande-<lb/>
re, als irrige Begriffe von dem Urſprung und der<lb/>
Natur der Krankheiten, von ihren Zufaͤllen, ihrer<lb/>
Gefahr und von der Wirkung der Heilmittel haben.</p><lb/><p>Der Gegenſtand iſt weit ausgreifend und ſehr<lb/>ſchwer. Deßwegen hoffe ich zwar aufmerkſame, aber<lb/>
nachſichtige Leſer.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Erſter Abſchnitt</hi>.<lb/>
Vom Heilvermoͤgen der Natur.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Eigenmaͤchtige Kuren der Natur, und Eroͤrte-<lb/>
rung derſelben.</hi><lb/>
§. 2.</head><lb/><p>Die Schriftſteller haben unzaͤhlige Beyſpiele<lb/>
von eigenmaͤchtigen Kuren der Natur, allermeiſt un-<lb/>
ter dem Titel ſonderbarer Begebenheiten aufgezeichnet.<lb/>
Alle Arten von Ausſchlaͤgen der Haut, von Geſchwuͤren,<lb/>
Kraͤtze, Ausſatz, juckende Blaͤtterchen auf den Reihen,<lb/>
der chroniſche Frieſel erleichterten oder hoben die hypo-<lb/>
chondriſchen Beſchwerden, und wurden wechſelſeitig<lb/><fwplace="bottom"type="catch">von</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[206/0227]
mit dem Zuſtande ihres Unvermoͤgens vertraut iſt
der kann die Natur weder nachahmen, leiten, unter-
ſtuͤtzen, noch ungeſtoͤrt wirken laſſen. Er wird bey
jedem Schritte zu fruchtloſen, unzulaͤnglichen, vorei-
ligen, gewaltſamen, ungluͤcklichen und jederzeit un-
vernuͤnftigen Heilarten verfuͤhrt; er kann keine ande-
re, als irrige Begriffe von dem Urſprung und der
Natur der Krankheiten, von ihren Zufaͤllen, ihrer
Gefahr und von der Wirkung der Heilmittel haben.
Der Gegenſtand iſt weit ausgreifend und ſehr
ſchwer. Deßwegen hoffe ich zwar aufmerkſame, aber
nachſichtige Leſer.
Erſter Abſchnitt.
Vom Heilvermoͤgen der Natur.
Eigenmaͤchtige Kuren der Natur, und Eroͤrte-
rung derſelben.
§. 2.
Die Schriftſteller haben unzaͤhlige Beyſpiele
von eigenmaͤchtigen Kuren der Natur, allermeiſt un-
ter dem Titel ſonderbarer Begebenheiten aufgezeichnet.
Alle Arten von Ausſchlaͤgen der Haut, von Geſchwuͤren,
Kraͤtze, Ausſatz, juckende Blaͤtterchen auf den Reihen,
der chroniſche Frieſel erleichterten oder hoben die hypo-
chondriſchen Beſchwerden, und wurden wechſelſeitig
von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/227>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.