der entblößten Stelle aus, bis er überall zusammen- läuft, wo dann die Gefäße zusammenwachsen, in sich eingreifen, in gemeinschaftliche Verbindung treten, und so die Stelle, wie die Haut den Rumpf des ver- stümmelten Arms, überziehen. Die Knoten, die Gallen haben alle eine, theils nach dem besondern Reiz des Insektenstiches, theils nach der Gewächsart eigne, regelmäßige Gestalt, worinn sich Gefäße netz- förmig ausbreiten, welche ihnen Nahrung und Wachs- thum verschaffen.
§. 37. In Rücksicht der Reizbarkeit, der Einsaugung, der rückgängigen Bewegung, und der Krank- heiten.
Daß die Pflanzen reizbar sind, und eine Art von Gefühl haben, zeigen sehr verschiedene Erschei- nungen: Das Fühlkraut (Mimosa sensitiva), die Fliegenklappe (Dionoea Muscicapa), die Staubfäden des Weinschädlings (Berberis), das Entfalten und Zusammenlegen der Blätter und Blüthen, das Nei- gen der Aeste, die Ausdünstung der riechbaren Thei- le zu gewissen Zeiten, so z. B. sind die Blüthen der Wunderblume (Mirabilis) bey heißer Witterung den ganzen Tag über geschlossen, und öffnen sich erst et- wan um vier Uhr, wenn die Sonne bald untergehen will. Bey uns hängt ihre Oeffnung größtentheils von der Witterung ab, indem sie bey trüber Witterung, oder wenn die Sonne nicht recht stark scheinet, oft
ei-
der entbloͤßten Stelle aus, bis er uͤberall zuſammen- laͤuft, wo dann die Gefaͤße zuſammenwachſen, in ſich eingreifen, in gemeinſchaftliche Verbindung treten, und ſo die Stelle, wie die Haut den Rumpf des ver- ſtuͤmmelten Arms, uͤberziehen. Die Knoten, die Gallen haben alle eine, theils nach dem beſondern Reiz des Inſektenſtiches, theils nach der Gewaͤchsart eigne, regelmaͤßige Geſtalt, worinn ſich Gefaͤße netz- foͤrmig ausbreiten, welche ihnen Nahrung und Wachs- thum verſchaffen.
§. 37. In Ruͤckſicht der Reizbarkeit, der Einſaugung, der ruͤckgaͤngigen Bewegung, und der Krank- heiten.
Daß die Pflanzen reizbar ſind, und eine Art von Gefuͤhl haben, zeigen ſehr verſchiedene Erſchei- nungen: Das Fuͤhlkraut (Mimoſa ſenſitiva), die Fliegenklappe (Dionœa Muſcicapa), die Staubfaͤden des Weinſchaͤdlings (Berberis), das Entfalten und Zuſammenlegen der Blaͤtter und Bluͤthen, das Nei- gen der Aeſte, die Ausduͤnſtung der riechbaren Thei- le zu gewiſſen Zeiten, ſo z. B. ſind die Bluͤthen der Wunderblume (Mirabilis) bey heißer Witterung den ganzen Tag uͤber geſchloſſen, und oͤffnen ſich erſt et- wan um vier Uhr, wenn die Sonne bald untergehen will. Bey uns haͤngt ihre Oeffnung groͤßtentheils von der Witterung ab, indem ſie bey truͤber Witterung, oder wenn die Sonne nicht recht ſtark ſcheinet, oft
ei-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0172"n="153"/>
der entbloͤßten Stelle aus, bis er uͤberall zuſammen-<lb/>
laͤuft, wo dann die <choice><sic>Gefaͤſe</sic><corr>Gefaͤße</corr></choice> zuſammenwachſen, in ſich<lb/>
eingreifen, in gemeinſchaftliche Verbindung treten,<lb/>
und ſo die Stelle, wie die Haut den Rumpf des ver-<lb/>ſtuͤmmelten Arms, uͤberziehen. Die Knoten, die<lb/>
Gallen haben alle eine, theils nach dem beſondern<lb/>
Reiz des Inſektenſtiches, theils nach der Gewaͤchsart<lb/>
eigne, regelmaͤßige Geſtalt, worinn ſich Gefaͤße netz-<lb/>
foͤrmig ausbreiten, welche ihnen Nahrung und Wachs-<lb/>
thum verſchaffen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 37.<lb/><hirendition="#b">In Ruͤckſicht der Reizbarkeit, der Einſaugung,<lb/>
der ruͤckgaͤngigen Bewegung, und der Krank-<lb/>
heiten.</hi></head><lb/><p>Daß die Pflanzen reizbar ſind, und eine Art<lb/>
von Gefuͤhl haben, zeigen ſehr verſchiedene Erſchei-<lb/>
nungen: Das Fuͤhlkraut (<hirendition="#aq">Mimoſa ſenſitiva</hi>), die<lb/>
Fliegenklappe (<hirendition="#aq">Dionœa Muſcicapa</hi>), die Staubfaͤden<lb/>
des Weinſchaͤdlings (<hirendition="#aq">Berberis</hi>), das Entfalten und<lb/>
Zuſammenlegen der Blaͤtter und Bluͤthen, das Nei-<lb/>
gen der Aeſte, die <choice><sic>Ausduͤnſtnng</sic><corr>Ausduͤnſtung</corr></choice> der riechbaren Thei-<lb/>
le zu gewiſſen Zeiten, ſo z. B. ſind die Bluͤthen der<lb/>
Wunderblume (<hirendition="#aq">Mirabilis</hi>) bey heißer Witterung den<lb/>
ganzen Tag uͤber geſchloſſen, und oͤffnen ſich erſt et-<lb/>
wan um vier Uhr, wenn die Sonne bald untergehen<lb/>
will. Bey uns haͤngt ihre Oeffnung groͤßtentheils von<lb/>
der Witterung ab, indem ſie bey truͤber Witterung,<lb/>
oder wenn die Sonne nicht recht ſtark ſcheinet, oft<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ei-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[153/0172]
der entbloͤßten Stelle aus, bis er uͤberall zuſammen-
laͤuft, wo dann die Gefaͤße zuſammenwachſen, in ſich
eingreifen, in gemeinſchaftliche Verbindung treten,
und ſo die Stelle, wie die Haut den Rumpf des ver-
ſtuͤmmelten Arms, uͤberziehen. Die Knoten, die
Gallen haben alle eine, theils nach dem beſondern
Reiz des Inſektenſtiches, theils nach der Gewaͤchsart
eigne, regelmaͤßige Geſtalt, worinn ſich Gefaͤße netz-
foͤrmig ausbreiten, welche ihnen Nahrung und Wachs-
thum verſchaffen.
§. 37.
In Ruͤckſicht der Reizbarkeit, der Einſaugung,
der ruͤckgaͤngigen Bewegung, und der Krank-
heiten.
Daß die Pflanzen reizbar ſind, und eine Art
von Gefuͤhl haben, zeigen ſehr verſchiedene Erſchei-
nungen: Das Fuͤhlkraut (Mimoſa ſenſitiva), die
Fliegenklappe (Dionœa Muſcicapa), die Staubfaͤden
des Weinſchaͤdlings (Berberis), das Entfalten und
Zuſammenlegen der Blaͤtter und Bluͤthen, das Nei-
gen der Aeſte, die Ausduͤnſtung der riechbaren Thei-
le zu gewiſſen Zeiten, ſo z. B. ſind die Bluͤthen der
Wunderblume (Mirabilis) bey heißer Witterung den
ganzen Tag uͤber geſchloſſen, und oͤffnen ſich erſt et-
wan um vier Uhr, wenn die Sonne bald untergehen
will. Bey uns haͤngt ihre Oeffnung groͤßtentheils von
der Witterung ab, indem ſie bey truͤber Witterung,
oder wenn die Sonne nicht recht ſtark ſcheinet, oft
ei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/172>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.