Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

der entblößten Stelle aus, bis er überall zusammen-
läuft, wo dann die Gefäße zusammenwachsen, in sich
eingreifen, in gemeinschaftliche Verbindung treten,
und so die Stelle, wie die Haut den Rumpf des ver-
stümmelten Arms, überziehen. Die Knoten, die
Gallen haben alle eine, theils nach dem besondern
Reiz des Insektenstiches, theils nach der Gewächsart
eigne, regelmäßige Gestalt, worinn sich Gefäße netz-
förmig ausbreiten, welche ihnen Nahrung und Wachs-
thum verschaffen.

§. 37.
In Rücksicht der Reizbarkeit, der Einsaugung,
der rückgängigen Bewegung, und der Krank-
heiten.

Daß die Pflanzen reizbar sind, und eine Art
von Gefühl haben, zeigen sehr verschiedene Erschei-
nungen: Das Fühlkraut (Mimosa sensitiva), die
Fliegenklappe (Dionoea Muscicapa), die Staubfäden
des Weinschädlings (Berberis), das Entfalten und
Zusammenlegen der Blätter und Blüthen, das Nei-
gen der Aeste, die Ausdünstung der riechbaren Thei-
le zu gewissen Zeiten, so z. B. sind die Blüthen der
Wunderblume (Mirabilis) bey heißer Witterung den
ganzen Tag über geschlossen, und öffnen sich erst et-
wan um vier Uhr, wenn die Sonne bald untergehen
will. Bey uns hängt ihre Oeffnung größtentheils von
der Witterung ab, indem sie bey trüber Witterung,
oder wenn die Sonne nicht recht stark scheinet, oft

ei-

der entbloͤßten Stelle aus, bis er uͤberall zuſammen-
laͤuft, wo dann die Gefaͤße zuſammenwachſen, in ſich
eingreifen, in gemeinſchaftliche Verbindung treten,
und ſo die Stelle, wie die Haut den Rumpf des ver-
ſtuͤmmelten Arms, uͤberziehen. Die Knoten, die
Gallen haben alle eine, theils nach dem beſondern
Reiz des Inſektenſtiches, theils nach der Gewaͤchsart
eigne, regelmaͤßige Geſtalt, worinn ſich Gefaͤße netz-
foͤrmig ausbreiten, welche ihnen Nahrung und Wachs-
thum verſchaffen.

§. 37.
In Ruͤckſicht der Reizbarkeit, der Einſaugung,
der ruͤckgaͤngigen Bewegung, und der Krank-
heiten.

Daß die Pflanzen reizbar ſind, und eine Art
von Gefuͤhl haben, zeigen ſehr verſchiedene Erſchei-
nungen: Das Fuͤhlkraut (Mimoſa ſenſitiva), die
Fliegenklappe (Dionœa Muſcicapa), die Staubfaͤden
des Weinſchaͤdlings (Berberis), das Entfalten und
Zuſammenlegen der Blaͤtter und Bluͤthen, das Nei-
gen der Aeſte, die Ausduͤnſtung der riechbaren Thei-
le zu gewiſſen Zeiten, ſo z. B. ſind die Bluͤthen der
Wunderblume (Mirabilis) bey heißer Witterung den
ganzen Tag uͤber geſchloſſen, und oͤffnen ſich erſt et-
wan um vier Uhr, wenn die Sonne bald untergehen
will. Bey uns haͤngt ihre Oeffnung groͤßtentheils von
der Witterung ab, indem ſie bey truͤber Witterung,
oder wenn die Sonne nicht recht ſtark ſcheinet, oft

ei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0172" n="153"/>
der entblo&#x0364;ßten Stelle aus, bis er u&#x0364;berall zu&#x017F;ammen-<lb/>
la&#x0364;uft, wo dann die <choice><sic>Gefa&#x0364;&#x017F;e</sic><corr>Gefa&#x0364;ße</corr></choice> zu&#x017F;ammenwach&#x017F;en, in &#x017F;ich<lb/>
eingreifen, in gemein&#x017F;chaftliche Verbindung treten,<lb/>
und &#x017F;o die Stelle, wie die Haut den Rumpf des ver-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;mmelten Arms, u&#x0364;berziehen. Die Knoten, die<lb/>
Gallen haben alle eine, theils nach dem be&#x017F;ondern<lb/>
Reiz des In&#x017F;ekten&#x017F;tiches, theils nach der Gewa&#x0364;chsart<lb/>
eigne, regelma&#x0364;ßige Ge&#x017F;talt, worinn &#x017F;ich Gefa&#x0364;ße netz-<lb/>
fo&#x0364;rmig ausbreiten, welche ihnen Nahrung und Wachs-<lb/>
thum ver&#x017F;chaffen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 37.<lb/><hi rendition="#b">In Ru&#x0364;ck&#x017F;icht der Reizbarkeit, der Ein&#x017F;augung,<lb/>
der ru&#x0364;ckga&#x0364;ngigen Bewegung, und der Krank-<lb/>
heiten.</hi></head><lb/>
            <p>Daß die Pflanzen reizbar &#x017F;ind, und eine Art<lb/>
von Gefu&#x0364;hl haben, zeigen &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedene Er&#x017F;chei-<lb/>
nungen: Das Fu&#x0364;hlkraut (<hi rendition="#aq">Mimo&#x017F;a &#x017F;en&#x017F;itiva</hi>), die<lb/>
Fliegenklappe (<hi rendition="#aq">Dion&#x0153;a Mu&#x017F;cicapa</hi>), die Staubfa&#x0364;den<lb/>
des Wein&#x017F;cha&#x0364;dlings (<hi rendition="#aq">Berberis</hi>), das Entfalten und<lb/>
Zu&#x017F;ammenlegen der Bla&#x0364;tter und Blu&#x0364;then, das Nei-<lb/>
gen der Ae&#x017F;te, die <choice><sic>Ausdu&#x0364;n&#x017F;tnng</sic><corr>Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung</corr></choice> der riechbaren Thei-<lb/>
le zu gewi&#x017F;&#x017F;en Zeiten, &#x017F;o z. B. &#x017F;ind die Blu&#x0364;then der<lb/>
Wunderblume (<hi rendition="#aq">Mirabilis</hi>) bey heißer Witterung den<lb/>
ganzen Tag u&#x0364;ber ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und o&#x0364;ffnen &#x017F;ich er&#x017F;t et-<lb/>
wan um vier Uhr, wenn die Sonne bald untergehen<lb/>
will. Bey uns ha&#x0364;ngt ihre Oeffnung gro&#x0364;ßtentheils von<lb/>
der Witterung ab, indem &#x017F;ie bey tru&#x0364;ber Witterung,<lb/>
oder wenn die Sonne nicht recht &#x017F;tark &#x017F;cheinet, oft<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ei-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0172] der entbloͤßten Stelle aus, bis er uͤberall zuſammen- laͤuft, wo dann die Gefaͤße zuſammenwachſen, in ſich eingreifen, in gemeinſchaftliche Verbindung treten, und ſo die Stelle, wie die Haut den Rumpf des ver- ſtuͤmmelten Arms, uͤberziehen. Die Knoten, die Gallen haben alle eine, theils nach dem beſondern Reiz des Inſektenſtiches, theils nach der Gewaͤchsart eigne, regelmaͤßige Geſtalt, worinn ſich Gefaͤße netz- foͤrmig ausbreiten, welche ihnen Nahrung und Wachs- thum verſchaffen. §. 37. In Ruͤckſicht der Reizbarkeit, der Einſaugung, der ruͤckgaͤngigen Bewegung, und der Krank- heiten. Daß die Pflanzen reizbar ſind, und eine Art von Gefuͤhl haben, zeigen ſehr verſchiedene Erſchei- nungen: Das Fuͤhlkraut (Mimoſa ſenſitiva), die Fliegenklappe (Dionœa Muſcicapa), die Staubfaͤden des Weinſchaͤdlings (Berberis), das Entfalten und Zuſammenlegen der Blaͤtter und Bluͤthen, das Nei- gen der Aeſte, die Ausduͤnſtung der riechbaren Thei- le zu gewiſſen Zeiten, ſo z. B. ſind die Bluͤthen der Wunderblume (Mirabilis) bey heißer Witterung den ganzen Tag uͤber geſchloſſen, und oͤffnen ſich erſt et- wan um vier Uhr, wenn die Sonne bald untergehen will. Bey uns haͤngt ihre Oeffnung groͤßtentheils von der Witterung ab, indem ſie bey truͤber Witterung, oder wenn die Sonne nicht recht ſtark ſcheinet, oft ei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/172
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/172>, abgerufen am 22.12.2024.