Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

scheidungskraft wirken, so daß er alle diese Sinn-
lichkeiten einzeln vollkommen kenne, und von an-
dern zu unterscheiden wisse, und was den Bemer-
kungssinn von einem Dinge ausmacht, völlig in-
ne habe. Ja man lasse ihn alle gleiche Dinge zu-
sammen, als ein einziges Urding auf einmal sich
vorstellen, und in einem zusammengesetzten Be-
griff für eins sich denken, weil der Bemerkungs-
sinn von allen doch nur einer ist. Kann nun aber
alles dieses an und vor sich, so ferne der sprach-
leere Mensch blos vor sich ist, nur den mindesten
Antrieb in ihm erwecken, daß er dieses durch ein
Zeichen ausdrücken, oder nennen wollte? wozu
und für wen sollte er es ausdrücken, oder nennen
wollen. Folglich verdient es noch immer nicht
Wortsinn zu heisen, denn nur durch ein Zeichen
alles dessen wird es dergleichen Sinn. Deswe-
gen bliebe es in ihm eine blose deutliche Vorstel-
lung für ihn, und was ist ihm weiter nöthig?

§. 129.

Wollen wir nun auch setzen, daß dieser sprach-
leere Mensch mit der nemlichen deutlichen Vor-

stellung
G

ſcheidungskraft wirken, ſo daß er alle dieſe Sinn-
lichkeiten einzeln vollkommen kenne, und von an-
dern zu unterſcheiden wiſſe, und was den Bemer-
kungsſinn von einem Dinge ausmacht, voͤllig in-
ne habe. Ja man laſſe ihn alle gleiche Dinge zu-
ſammen, als ein einziges Urding auf einmal ſich
vorſtellen, und in einem zuſammengeſetzten Be-
griff fuͤr eins ſich denken, weil der Bemerkungs-
ſinn von allen doch nur einer iſt. Kann nun aber
alles dieſes an und vor ſich, ſo ferne der ſprach-
leere Menſch blos vor ſich iſt, nur den mindeſten
Antrieb in ihm erwecken, daß er dieſes durch ein
Zeichen ausdruͤcken, oder nennen wollte? wozu
und fuͤr wen ſollte er es ausdruͤcken, oder nennen
wollen. Folglich verdient es noch immer nicht
Wortſinn zu heiſen, denn nur durch ein Zeichen
alles deſſen wird es dergleichen Sinn. Deswe-
gen bliebe es in ihm eine bloſe deutliche Vorſtel-
lung fuͤr ihn, und was iſt ihm weiter noͤthig?

§. 129.

Wollen wir nun auch ſetzen, daß dieſer ſprach-
leere Menſch mit der nemlichen deutlichen Vor-

ſtellung
G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="97"/>
&#x017F;cheidungskraft wirken, &#x017F;o daß er alle die&#x017F;e Sinn-<lb/>
lichkeiten einzeln vollkommen kenne, und von an-<lb/>
dern zu unter&#x017F;cheiden wi&#x017F;&#x017F;e, und was den Bemer-<lb/>
kungs&#x017F;inn von einem Dinge ausmacht, vo&#x0364;llig in-<lb/>
ne habe. Ja man la&#x017F;&#x017F;e ihn alle gleiche Dinge zu-<lb/>
&#x017F;ammen, als ein einziges Urding auf einmal &#x017F;ich<lb/>
vor&#x017F;tellen, und in einem zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Be-<lb/>
griff fu&#x0364;r eins &#x017F;ich denken, weil der Bemerkungs-<lb/>
&#x017F;inn von allen doch nur einer i&#x017F;t. Kann nun aber<lb/>
alles die&#x017F;es an und vor &#x017F;ich, &#x017F;o ferne der &#x017F;prach-<lb/>
leere Men&#x017F;ch blos vor &#x017F;ich i&#x017F;t, nur den minde&#x017F;ten<lb/>
Antrieb in ihm erwecken, daß er die&#x017F;es durch ein<lb/>
Zeichen ausdru&#x0364;cken, oder nennen wollte? wozu<lb/>
und fu&#x0364;r wen &#x017F;ollte er es ausdru&#x0364;cken, oder nennen<lb/>
wollen. Folglich verdient es noch immer nicht<lb/>
Wort&#x017F;inn zu hei&#x017F;en, denn nur durch ein Zeichen<lb/>
alles de&#x017F;&#x017F;en wird es dergleichen Sinn. Deswe-<lb/>
gen bliebe es in ihm eine blo&#x017F;e deutliche Vor&#x017F;tel-<lb/>
lung fu&#x0364;r ihn, und was i&#x017F;t ihm weiter no&#x0364;thig?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 129.</head><lb/>
          <p>Wollen wir nun auch &#x017F;etzen, daß die&#x017F;er &#x017F;prach-<lb/>
leere Men&#x017F;ch mit der nemlichen deutlichen Vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tellung</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0109] ſcheidungskraft wirken, ſo daß er alle dieſe Sinn- lichkeiten einzeln vollkommen kenne, und von an- dern zu unterſcheiden wiſſe, und was den Bemer- kungsſinn von einem Dinge ausmacht, voͤllig in- ne habe. Ja man laſſe ihn alle gleiche Dinge zu- ſammen, als ein einziges Urding auf einmal ſich vorſtellen, und in einem zuſammengeſetzten Be- griff fuͤr eins ſich denken, weil der Bemerkungs- ſinn von allen doch nur einer iſt. Kann nun aber alles dieſes an und vor ſich, ſo ferne der ſprach- leere Menſch blos vor ſich iſt, nur den mindeſten Antrieb in ihm erwecken, daß er dieſes durch ein Zeichen ausdruͤcken, oder nennen wollte? wozu und fuͤr wen ſollte er es ausdruͤcken, oder nennen wollen. Folglich verdient es noch immer nicht Wortſinn zu heiſen, denn nur durch ein Zeichen alles deſſen wird es dergleichen Sinn. Deswe- gen bliebe es in ihm eine bloſe deutliche Vorſtel- lung fuͤr ihn, und was iſt ihm weiter noͤthig? §. 129. Wollen wir nun auch ſetzen, daß dieſer ſprach- leere Menſch mit der nemlichen deutlichen Vor- ſtellung G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/109
Zitationshilfe: [Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/109>, abgerufen am 03.12.2024.