habe mir dieses grosse Fest zu meinem Geburts- tage aufgespart. Tausend Erinnerungen und Gefühle werden da auf mich einstürmen an die- sem merkwürdigen Tage, wo die Kraft meines Volkes hochaufschäumte, wie diese Fluth, die thür- menden Felsen überwand, und dann, auch in den Abgrund fiel. Wird dieser mächtigen Welle, eine zweite folgen? Es würde mir sehr unlieb seyn wenn ich morgen die beiden Reisenden, dort fände, von welchen man in Woodhouse erzählte; ich wäre gern allein. Heute sahen wir in einer ziemlichen Entfernung einige mensch- liche Figuren auf einer Hügelspitze sitzen. Js- mael, dessen Auge am weitesten trägt, behaup- tete sie schrieben, wie ich es oft Abends zu thun pflegte; wahrscheinlich aber zeichneten sie. Mein Herz fühlte sich zu ihnen hingezogen, so mäch- tig wirkt der Trieb der Geselligkeit im Men- schen überall, und doch möchte ich, wie gesagt, gerade morgen nicht gern mit ihnen zusammen treffen, an einem Tage, wo ich so viel abzu- machen gedenke mit meinem eigenen Herzen. Mein ganzes Leben, wird mit den Bildern aller meiner Geliebten, an mir vorüber gehen.
Hier
habe mir dieſes groſſe Feſt zu meinem Geburts- tage aufgeſpart. Tauſend Erinnerungen und Gefuͤhle werden da auf mich einſtuͤrmen an die- ſem merkwuͤrdigen Tage, wo die Kraft meines Volkes hochaufſchaͤumte, wie dieſe Fluth, die thuͤr- menden Felſen uͤberwand, und dann, auch in den Abgrund fiel. Wird dieſer maͤchtigen Welle, eine zweite folgen? Es wuͤrde mir ſehr unlieb ſeyn wenn ich morgen die beiden Reiſenden, dort faͤnde, von welchen man in Woodhouſe erzaͤhlte; ich waͤre gern allein. Heute ſahen wir in einer ziemlichen Entfernung einige menſch- liche Figuren auf einer Huͤgelſpitze ſitzen. Js- mael, deſſen Auge am weiteſten traͤgt, behaup- tete ſie ſchrieben, wie ich es oft Abends zu thun pflegte; wahrſcheinlich aber zeichneten ſie. Mein Herz fuͤhlte ſich zu ihnen hingezogen, ſo maͤch- tig wirkt der Trieb der Geſelligkeit im Men- ſchen uͤberall, und doch moͤchte ich, wie geſagt, gerade morgen nicht gern mit ihnen zuſammen treffen, an einem Tage, wo ich ſo viel abzu- machen gedenke mit meinem eigenen Herzen. Mein ganzes Leben, wird mit den Bildern aller meiner Geliebten, an mir voruͤber gehen.
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habe mir dieſes groſſe Feſt zu meinem Geburts-
tage aufgeſpart. Tauſend Erinnerungen und
Gefuͤhle werden da auf mich einſtuͤrmen an die-
ſem merkwuͤrdigen Tage, wo die Kraft meines
Volkes hochaufſchaͤumte, wie dieſe Fluth, die thuͤr-
menden Felſen uͤberwand, und dann, auch in
den Abgrund fiel. Wird dieſer maͤchtigen Welle,
eine zweite folgen? Es wuͤrde mir ſehr unlieb
ſeyn wenn ich morgen die beiden Reiſenden,
dort faͤnde, von welchen man in Woodhouſe
erzaͤhlte; ich waͤre gern allein. Heute ſahen
wir in einer ziemlichen Entfernung einige menſch-
liche Figuren auf einer Huͤgelſpitze ſitzen. Js-
mael, deſſen Auge am weiteſten traͤgt, behaup-
tete ſie ſchrieben, wie ich es oft Abends zu thun
pflegte; wahrſcheinlich aber zeichneten ſie. Mein
Herz fuͤhlte ſich zu ihnen hingezogen, ſo maͤch-
tig wirkt der Trieb der Geſelligkeit im Men-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/56>, abgerufen am 28.07.2024.
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