schick vernichtete mein Eden, und, wie die Trüm- mer einer zerstöhrten Welt, muß ich irren durch den Raum, bis ich meinen Pol finde und meine Bahn. Sie glaubten hier die Ruhe zu finden, sagte er mit halben Vorwurf. Was glaubt, was hofft nicht der Mensch! erwiederte ich. Auch fand ich viel. Schon fühle ich mich im Vor- hof des Heiligthums, die Balsamdüfte der Pa- radiesesblüthen wehen schon zu mir herüber, o lassen sie mir Zeit, den Eingang zu suchen. Jch habe nur Wünsche, sagte er, und verneigte sich mit Entsagung: die ersten und heißesten sind für ihr Glück. Jch bin auf Alles gefaßt, nur sie auf immer zu verlieren, der Gedanke übersteigt meine Kraft. Auch ich darf ihn nicht denken! rief ich, und ergriff seine Hand: empfan- gen sie meinen Schwur, daß, wie auch unser Verhältniß sich wende, ich mich nicht von ihrer lie- ben Nähe trennen will, bis der Tod uns scheidet. O, Virginia! rief er, und hob meine Hand zwi- schen seinen gefalteten Händen empor, welch ei- nen himmlischen Trost geben sie mir zum Rei- segefährten. Nimmer will ich mehr verlangen,
ſchick vernichtete mein Eden, und, wie die Truͤm- mer einer zerſtoͤhrten Welt, muß ich irren durch den Raum, bis ich meinen Pol finde und meine Bahn. Sie glaubten hier die Ruhe zu finden, ſagte er mit halben Vorwurf. Was glaubt, was hofft nicht der Menſch! erwiederte ich. Auch fand ich viel. Schon fuͤhle ich mich im Vor- hof des Heiligthums, die Balſamduͤfte der Pa- radieſesbluͤthen wehen ſchon zu mir heruͤber, o laſſen ſie mir Zeit, den Eingang zu ſuchen. Jch habe nur Wuͤnſche, ſagte er, und verneigte ſich mit Entſagung: die erſten und heißeſten ſind fuͤr ihr Gluͤck. Jch bin auf Alles gefaßt, nur ſie auf immer zu verlieren, der Gedanke uͤberſteigt meine Kraft. Auch ich darf ihn nicht denken! rief ich, und ergriff ſeine Hand: empfan- gen ſie meinen Schwur, daß, wie auch unſer Verhaͤltniß ſich wende, ich mich nicht von ihrer lie- ben Naͤhe trennen will, bis der Tod uns ſcheidet. O, Virginia! rief er, und hob meine Hand zwi- ſchen ſeinen gefalteten Haͤnden empor, welch ei- nen himmliſchen Troſt geben ſie mir zum Rei- ſegefaͤhrten. Nimmer will ich mehr verlangen,
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ſchick vernichtete mein Eden, und, wie die Truͤm-
mer einer zerſtoͤhrten Welt, muß ich irren durch
den Raum, bis ich meinen Pol finde und meine
Bahn. Sie glaubten hier die Ruhe zu finden,
ſagte er mit halben Vorwurf. Was glaubt,
was hofft nicht der Menſch! erwiederte ich. Auch
fand ich viel. Schon fuͤhle ich mich im Vor-
hof des Heiligthums, die Balſamduͤfte der Pa-
radieſesbluͤthen wehen ſchon zu mir heruͤber, o
laſſen ſie mir Zeit, den Eingang zu ſuchen.
Jch habe nur Wuͤnſche, ſagte er, und verneigte
ſich mit Entſagung: die erſten und heißeſten
ſind fuͤr ihr Gluͤck. Jch bin auf Alles gefaßt,
nur ſie auf immer zu verlieren, der Gedanke
uͤberſteigt meine Kraft. Auch ich darf ihn nicht
denken! rief ich, und ergriff ſeine Hand: empfan-
gen ſie meinen Schwur, daß, wie auch unſer
Verhaͤltniß ſich wende, ich mich nicht von ihrer lie-
ben Naͤhe trennen will, bis der Tod uns ſcheidet.
O, Virginia! rief er, und hob meine Hand zwi-
ſchen ſeinen gefalteten Haͤnden empor, welch ei-
nen himmliſchen Troſt geben ſie mir zum Rei-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/34>, abgerufen am 16.02.2025.
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