Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

einen Zanberschlag, das ganze Gemählde, und Mu-
cius Bild erscheint auf derselben Stelle, und droht
mir mit wehmühtigem Lächeln. Ja Mucius
ich bin dein! du hast recht! für die Ewigkeit!
so sprachen wir. Guter William, ich kann nim-
mer die Deine seyn. Wenn ich meine ersten
Schwüre bräche, welche Bürgschaft hättest du
für die zweiten?



Das Leben hier sagt mir recht wohl zu, nur
für die Länge mag es in der Stadt ein wenig
langwetlig werden. Die Gesellschaft der Freunde,
woraus der größere Theil der Einwohner be-
steht, sind sehr brave rechtliche Menschen, nur
etwas zu pedantisch in ihren Sitten. Jch stimme
den meisten ihrer Grundsätze und Einrichtun-
gen mit inniger Ueberzeugung bei, kann aber
durchaus nicht begreifen, warum der Geist der
Fröhlichkeit damit unvereinbar seyn sollte. Kann
es dem höchsten Wesen wohlgefällig seyn, auf
lauter ernste oder traurige Gesichter zu blicken,
und können Tanz und Spiel der wahren Tugend
zuwider seyn? Daß doch des Menschen Wahn

einen Zanberſchlag, das ganze Gemaͤhlde, und Mu-
cius Bild erſcheint auf derſelben Stelle, und droht
mir mit wehmuͤhtigem Laͤcheln. Ja Mucius
ich bin dein! du haſt recht! fuͤr die Ewigkeit!
ſo ſprachen wir. Guter William, ich kann nim-
mer die Deine ſeyn. Wenn ich meine erſten
Schwuͤre braͤche, welche Buͤrgſchaft haͤtteſt du
fuͤr die zweiten?



Das Leben hier ſagt mir recht wohl zu, nur
fuͤr die Laͤnge mag es in der Stadt ein wenig
langwetlig werden. Die Geſellſchaft der Freunde,
woraus der groͤßere Theil der Einwohner be-
ſteht, ſind ſehr brave rechtliche Menſchen, nur
etwas zu pedantiſch in ihren Sitten. Jch ſtimme
den meiſten ihrer Grundſaͤtze und Einrichtun-
gen mit inniger Ueberzeugung bei, kann aber
durchaus nicht begreifen, warum der Geiſt der
Froͤhlichkeit damit unvereinbar ſeyn ſollte. Kann
es dem hoͤchſten Weſen wohlgefaͤllig ſeyn, auf
lauter ernſte oder traurige Geſichter zu blicken,
und koͤnnen Tanz und Spiel der wahren Tugend
zuwider ſeyn? Daß doch des Menſchen Wahn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="10"/>
einen Zanber&#x017F;chlag, das ganze Gema&#x0364;hlde, und Mu-<lb/>
cius Bild er&#x017F;cheint auf der&#x017F;elben Stelle, und droht<lb/>
mir mit wehmu&#x0364;htigem La&#x0364;cheln. Ja Mucius<lb/>
ich bin dein! du ha&#x017F;t recht! fu&#x0364;r die Ewigkeit!<lb/>
&#x017F;o &#x017F;prachen wir. Guter William, ich kann nim-<lb/>
mer die Deine &#x017F;eyn. Wenn ich meine er&#x017F;ten<lb/>
Schwu&#x0364;re bra&#x0364;che, welche Bu&#x0364;rg&#x017F;chaft ha&#x0364;tte&#x017F;t du<lb/>
fu&#x0364;r die zweiten?</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Das Leben hier &#x017F;agt mir recht wohl zu, nur<lb/>
fu&#x0364;r die La&#x0364;nge mag es in der Stadt ein wenig<lb/>
langwetlig werden. Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der Freunde,<lb/>
woraus der gro&#x0364;ßere Theil der Einwohner be-<lb/>
&#x017F;teht, &#x017F;ind &#x017F;ehr brave rechtliche Men&#x017F;chen, nur<lb/>
etwas zu pedanti&#x017F;ch in ihren Sitten. Jch &#x017F;timme<lb/>
den mei&#x017F;ten ihrer Grund&#x017F;a&#x0364;tze und Einrichtun-<lb/>
gen mit inniger Ueberzeugung bei, kann aber<lb/>
durchaus nicht begreifen, warum der Gei&#x017F;t der<lb/>
Fro&#x0364;hlichkeit damit unvereinbar &#x017F;eyn &#x017F;ollte. Kann<lb/>
es dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten We&#x017F;en wohlgefa&#x0364;llig &#x017F;eyn, auf<lb/>
lauter ern&#x017F;te oder traurige Ge&#x017F;ichter zu blicken,<lb/>
und ko&#x0364;nnen Tanz und Spiel der wahren Tugend<lb/>
zuwider &#x017F;eyn? Daß doch des Men&#x017F;chen Wahn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0018] einen Zanberſchlag, das ganze Gemaͤhlde, und Mu- cius Bild erſcheint auf derſelben Stelle, und droht mir mit wehmuͤhtigem Laͤcheln. Ja Mucius ich bin dein! du haſt recht! fuͤr die Ewigkeit! ſo ſprachen wir. Guter William, ich kann nim- mer die Deine ſeyn. Wenn ich meine erſten Schwuͤre braͤche, welche Buͤrgſchaft haͤtteſt du fuͤr die zweiten? Das Leben hier ſagt mir recht wohl zu, nur fuͤr die Laͤnge mag es in der Stadt ein wenig langwetlig werden. Die Geſellſchaft der Freunde, woraus der groͤßere Theil der Einwohner be- ſteht, ſind ſehr brave rechtliche Menſchen, nur etwas zu pedantiſch in ihren Sitten. Jch ſtimme den meiſten ihrer Grundſaͤtze und Einrichtun- gen mit inniger Ueberzeugung bei, kann aber durchaus nicht begreifen, warum der Geiſt der Froͤhlichkeit damit unvereinbar ſeyn ſollte. Kann es dem hoͤchſten Weſen wohlgefaͤllig ſeyn, auf lauter ernſte oder traurige Geſichter zu blicken, und koͤnnen Tanz und Spiel der wahren Tugend zuwider ſeyn? Daß doch des Menſchen Wahn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/18
Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/18>, abgerufen am 24.11.2024.