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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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für Dich. O, wie ist Alles um uns her so ver-
schieden! und doch denke ich, bleiben wir einig
und unveränderlich. Göttliche Abkunft der Gei-
ster! sie sind unabhängig von Raum und Zeit.

Der Anblick meines neuen Vaterlandes ist
mir gar fremd und wundersam gewesen. Die
Küsten Europa's sind meist unbewachsen, und bie-
ten fast überall einen offenen Landstrich dar; hier
ziehen sich die dunkeln Urwälder noch häufig
bis an das Meer hin, die Küsten sind bewach-
sen, buschig, der Eindruck romantisch, aber ernst.
Die Ufer des Delaware sind mit Städten und
Ansiedelungen geschmückt, und überall herrscht
Fleiß und Thätigkeit, doch vermißte ich jene
Lebendigkeit sehr, welche mich an meiner hei-
mischen Küste ergetzte.

Philadelphia ist groß und schön, und die
Regelmäßigkeit seiner Anlagen, spricht sogleich
deutlich den Geist der Ordnung und Gesetzlichkeit
aus, welcher hier herrscht. Ellison hat mich in seine
Familie eingeführt, in welcher ich mit patriar-
chalischem Wohlwollen empfangen wurde. Da
ich meinen Aufenthalt wenigstens auf längere
Zeit hier zu nehmen gedenke, so will ich Dich

fuͤr Dich. O, wie iſt Alles um uns her ſo ver-
ſchieden! und doch denke ich, bleiben wir einig
und unveraͤnderlich. Goͤttliche Abkunft der Gei-
ſter! ſie ſind unabhaͤngig von Raum und Zeit.

Der Anblick meines neuen Vaterlandes iſt
mir gar fremd und wunderſam geweſen. Die
Kuͤſten Europa’s ſind meiſt unbewachſen, und bie-
ten faſt uͤberall einen offenen Landſtrich dar; hier
ziehen ſich die dunkeln Urwaͤlder noch haͤufig
bis an das Meer hin, die Kuͤſten ſind bewach-
ſen, buſchig, der Eindruck romantiſch, aber ernſt.
Die Ufer des Delaware ſind mit Staͤdten und
Anſiedelungen geſchmuͤckt, und uͤberall herrſcht
Fleiß und Thaͤtigkeit, doch vermißte ich jene
Lebendigkeit ſehr, welche mich an meiner hei-
miſchen Kuͤſte ergetzte.

Philadelphia iſt groß und ſchoͤn, und die
Regelmaͤßigkeit ſeiner Anlagen, ſpricht ſogleich
deutlich den Geiſt der Ordnung und Geſetzlichkeit
aus, welcher hier herrſcht. Elliſon hat mich in ſeine
Familie eingefuͤhrt, in welcher ich mit patriar-
chaliſchem Wohlwollen empfangen wurde. Da
ich meinen Aufenthalt wenigſtens auf laͤngere
Zeit hier zu nehmen gedenke, ſo will ich Dich

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[4/0012] fuͤr Dich. O, wie iſt Alles um uns her ſo ver- ſchieden! und doch denke ich, bleiben wir einig und unveraͤnderlich. Goͤttliche Abkunft der Gei- ſter! ſie ſind unabhaͤngig von Raum und Zeit. Der Anblick meines neuen Vaterlandes iſt mir gar fremd und wunderſam geweſen. Die Kuͤſten Europa’s ſind meiſt unbewachſen, und bie- ten faſt uͤberall einen offenen Landſtrich dar; hier ziehen ſich die dunkeln Urwaͤlder noch haͤufig bis an das Meer hin, die Kuͤſten ſind bewach- ſen, buſchig, der Eindruck romantiſch, aber ernſt. Die Ufer des Delaware ſind mit Staͤdten und Anſiedelungen geſchmuͤckt, und uͤberall herrſcht Fleiß und Thaͤtigkeit, doch vermißte ich jene Lebendigkeit ſehr, welche mich an meiner hei- miſchen Kuͤſte ergetzte. Philadelphia iſt groß und ſchoͤn, und die Regelmaͤßigkeit ſeiner Anlagen, ſpricht ſogleich deutlich den Geiſt der Ordnung und Geſetzlichkeit aus, welcher hier herrſcht. Elliſon hat mich in ſeine Familie eingefuͤhrt, in welcher ich mit patriar- chaliſchem Wohlwollen empfangen wurde. Da ich meinen Aufenthalt wenigſtens auf laͤngere Zeit hier zu nehmen gedenke, ſo will ich Dich

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/12>, abgerufen am 09.11.2024.