Beide längst im Stillen eine Schwester ge- wünscht, und diese nun in einander fanden. Meine Eigenthümlichkeit trug vieles zu un- serem zärtlichen Verhältnisse bei. Es war eine Eigenheit an mir, daß die Gesellschaft der Mädchen meines Alters mir selten zusagte; viel lieber hörte ich den Gesprächen ernsthafter Männer zu, oder spielte mit den kleineren Mädchen, welche sich durch diesen Vorzug sehr geschmeichelt fühlten, und mit anbetender Liebe an mir hingen. Alle Kinder in unsern Dör- fern versammelten sich liebkosend um mich her, wo ich mich blicken ließ, und ich wurde ihres frohen Getümmels niemals müde, nie müde, ihre kindischen Fragen zu beantworten. Mit liebender Sorgfalt nahm ich mich ihrer an, be- lehrte sie, schmückte sie, und wußte ihnen hun- derterlei kleine Freuden zu bereiten. Kurz, nächst der Jdeenwelt zog mich die Kinderwelt, am meisten an.
Nun erschienst Du, das schönste Kind, wel- ches ich jemals gesehen. Dein blaues Auge, Deine goldenen Locken, und die zarte weiße Gesichtsfarbe unterschied Dich von allen unsern
Beide laͤngſt im Stillen eine Schweſter ge- wuͤnſcht, und dieſe nun in einander fanden. Meine Eigenthuͤmlichkeit trug vieles zu un- ſerem zaͤrtlichen Verhaͤltniſſe bei. Es war eine Eigenheit an mir, daß die Geſellſchaft der Maͤdchen meines Alters mir ſelten zuſagte; viel lieber hoͤrte ich den Geſpraͤchen ernſthafter Maͤnner zu, oder ſpielte mit den kleineren Maͤdchen, welche ſich durch dieſen Vorzug ſehr geſchmeichelt fuͤhlten, und mit anbetender Liebe an mir hingen. Alle Kinder in unſern Doͤr- fern verſammelten ſich liebkoſend um mich her, wo ich mich blicken ließ, und ich wurde ihres frohen Getuͤmmels niemals muͤde, nie muͤde, ihre kindiſchen Fragen zu beantworten. Mit liebender Sorgfalt nahm ich mich ihrer an, be- lehrte ſie, ſchmuͤckte ſie, und wußte ihnen hun- derterlei kleine Freuden zu bereiten. Kurz, naͤchſt der Jdeenwelt zog mich die Kinderwelt, am meiſten an.
Nun erſchienſt Du, das ſchoͤnſte Kind, wel- ches ich jemals geſehen. Dein blaues Auge, Deine goldenen Locken, und die zarte weiße Geſichtsfarbe unterſchied Dich von allen unſern
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Beide laͤngſt im Stillen eine Schweſter ge-
wuͤnſcht, und dieſe nun in einander fanden.
Meine Eigenthuͤmlichkeit trug vieles zu un-
ſerem zaͤrtlichen Verhaͤltniſſe bei. Es war eine
Eigenheit an mir, daß die Geſellſchaft der
Maͤdchen meines Alters mir ſelten zuſagte; viel
lieber hoͤrte ich den Geſpraͤchen ernſthafter
Maͤnner zu, oder ſpielte mit den kleineren
Maͤdchen, welche ſich durch dieſen Vorzug ſehr
geſchmeichelt fuͤhlten, und mit anbetender Liebe
an mir hingen. Alle Kinder in unſern Doͤr-
fern verſammelten ſich liebkoſend um mich her,
wo ich mich blicken ließ, und ich wurde ihres
frohen Getuͤmmels niemals muͤde, nie muͤde,
ihre kindiſchen Fragen zu beantworten. Mit
liebender Sorgfalt nahm ich mich ihrer an, be-
lehrte ſie, ſchmuͤckte ſie, und wußte ihnen hun-
derterlei kleine Freuden zu bereiten. Kurz, naͤchſt
der Jdeenwelt zog mich die Kinderwelt, am
meiſten an.
Nun erſchienſt Du, das ſchoͤnſte Kind, wel-
ches ich jemals geſehen. Dein blaues Auge,
Deine goldenen Locken, und die zarte weiße
Geſichtsfarbe unterſchied Dich von allen unſern
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/97>, abgerufen am 27.07.2024.
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