Apfelbaum ist nützlich, aber auch die Granate in ihrer Blüthe, die Zierde des Gartens. Laß doch Virginien gewähren; willst du gewalt- sam in ihre Eigenthümlichkeit eingreifen, so zer- störst Du ihre innere Harmonie." Er ver- suchte nun, seiner Seits, mich in Thätigkeit zu setzen, und mit weit besserem Erfolg. Er hatte große Maulbeerpflanzungen angelegt, und richtete einen Theil der Klostergebäude für den Seidenbau ein. Alle Kinder der Landleute auf seinen Besitzungen, wurden aufgeboten zur Wartung und Pflege der Seidenraupen. Die Arbeit war leicht, und auch die Kleinsten konn- ten Blätter sammeln und den Würmern vorle- gen. Kraftlose Greise und Mütterchen, welchen der Feldbau zu schwer war, halfen dabei. Der sehr ansehnliche Ertrag, wurde gleichmäßig ver- theilt, und erhöhete den Wohlstand der ganzen Ge- gend. Jch führte, unter Anleitung des Vaters, die Oberaufsicht, und ganz zu seiner Zufrieden- heit. Mit der Morgensonne war ich auf, und immer aufmerksam auf den Gang der Ge- schäfte, behende und geschickt in allen Hand- griffen. Beim Abhaspeln der Seide war ich
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Apfelbaum iſt nuͤtzlich, aber auch die Granate in ihrer Bluͤthe, die Zierde des Gartens. Laß doch Virginien gewaͤhren; willſt du gewalt- ſam in ihre Eigenthuͤmlichkeit eingreifen, ſo zer- ſtoͤrſt Du ihre innere Harmonie.‟ Er ver- ſuchte nun, ſeiner Seits, mich in Thaͤtigkeit zu ſetzen, und mit weit beſſerem Erfolg. Er hatte große Maulbeerpflanzungen angelegt, und richtete einen Theil der Kloſtergebaͤude fuͤr den Seidenbau ein. Alle Kinder der Landleute auf ſeinen Beſitzungen, wurden aufgeboten zur Wartung und Pflege der Seidenraupen. Die Arbeit war leicht, und auch die Kleinſten konn- ten Blaͤtter ſammeln und den Wuͤrmern vorle- gen. Kraftloſe Greiſe und Muͤtterchen, welchen der Feldbau zu ſchwer war, halfen dabei. Der ſehr anſehnliche Ertrag, wurde gleichmaͤßig ver- theilt, und erhoͤhete den Wohlſtand der ganzen Ge- gend. Jch fuͤhrte, unter Anleitung des Vaters, die Oberaufſicht, und ganz zu ſeiner Zufrieden- heit. Mit der Morgenſonne war ich auf, und immer aufmerkſam auf den Gang der Ge- ſchaͤfte, behende und geſchickt in allen Hand- griffen. Beim Abhaſpeln der Seide war ich
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Apfelbaum iſt nuͤtzlich, aber auch die Granate
in ihrer Bluͤthe, die Zierde des Gartens.
Laß doch Virginien gewaͤhren; willſt du gewalt-
ſam in ihre Eigenthuͤmlichkeit eingreifen, ſo zer-
ſtoͤrſt Du ihre innere Harmonie.‟ Er ver-
ſuchte nun, ſeiner Seits, mich in Thaͤtigkeit
zu ſetzen, und mit weit beſſerem Erfolg. Er
hatte große Maulbeerpflanzungen angelegt, und
richtete einen Theil der Kloſtergebaͤude fuͤr den
Seidenbau ein. Alle Kinder der Landleute auf
ſeinen Beſitzungen, wurden aufgeboten zur
Wartung und Pflege der Seidenraupen. Die
Arbeit war leicht, und auch die Kleinſten konn-
ten Blaͤtter ſammeln und den Wuͤrmern vorle-
gen. Kraftloſe Greiſe und Muͤtterchen, welchen
der Feldbau zu ſchwer war, halfen dabei. Der
ſehr anſehnliche Ertrag, wurde gleichmaͤßig ver-
theilt, und erhoͤhete den Wohlſtand der ganzen Ge-
gend. Jch fuͤhrte, unter Anleitung des Vaters,
die Oberaufſicht, und ganz zu ſeiner Zufrieden-
heit. Mit der Morgenſonne war ich auf, und
immer aufmerkſam auf den Gang der Ge-
ſchaͤfte, behende und geſchickt in allen Hand-
griffen. Beim Abhaſpeln der Seide war ich
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/77>, abgerufen am 27.07.2024.
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