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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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drei Jahre jünger als ich, wurde bald mein
treuer Spielgefährte; wir waren ein Herz und
eine Seele. Mein Vater schien seine Zärtlich-
keit ganz gleichmäßig zwischen uns zu theilen,
so wie seine belehrende Sorgfalt. Es war
aber sehr natürlich, daß ich einen starken Ver-
sprung behielt, auch war der Knabe immer
mehr in der Sinnenwelt, als in der Jdeen-
welt zu Hause. Es gibt Augenblicke, wo ich
ihn deßhalt glücklich preise. Aber ach, die
Richtung unsrer Seele liegt außer unsrer Macht,
geschieht schon, ehe wir uns dieser bewußt wer-
den, und ist fast angebohren.

Wir trieben uns fleißig in der umliegenden
Gegend umher, und spielten manches verwegene
Spiel; ich, im romantischen Sinne ritterlicher Vor-
zeit, er, nach wilder Knabenart. So schaukelten
wir uns oft in einem Fischernachen auf der wilden
Durance, und arbeiteten uns mit Stangen längs
den Uferkrümmungen hin; Emil, um seine
Kräfte zu messen, mit der Gewalt des Stro-
mes, oder um ein Entennest auf zu suchen, im
Schilfe; ich, weil ich in Gedanken Kolumbus
begleitete, eine neue Welt zu entdecken, und in

drei Jahre juͤnger als ich, wurde bald mein
treuer Spielgefaͤhrte; wir waren ein Herz und
eine Seele. Mein Vater ſchien ſeine Zaͤrtlich-
keit ganz gleichmaͤßig zwiſchen uns zu theilen,
ſo wie ſeine belehrende Sorgfalt. Es war
aber ſehr natuͤrlich, daß ich einen ſtarken Ver-
ſprung behielt, auch war der Knabe immer
mehr in der Sinnenwelt, als in der Jdeen-
welt zu Hauſe. Es gibt Augenblicke, wo ich
ihn deßhalt gluͤcklich preiſe. Aber ach, die
Richtung unſrer Seele liegt außer unſrer Macht,
geſchieht ſchon, ehe wir uns dieſer bewußt wer-
den, und iſt faſt angebohren.

Wir trieben uns fleißig in der umliegenden
Gegend umher, und ſpielten manches verwegene
Spiel; ich, im romantiſchen Sinne ritterlicher Vor-
zeit, er, nach wilder Knabenart. So ſchaukelten
wir uns oft in einem Fiſchernachen auf der wilden
Durance, und arbeiteten uns mit Stangen laͤngs
den Uferkruͤmmungen hin; Emil, um ſeine
Kraͤfte zu meſſen, mit der Gewalt des Stro-
mes, oder um ein Entenneſt auf zu ſuchen, im
Schilfe; ich, weil ich in Gedanken Kolumbus
begleitete, eine neue Welt zu entdecken, und in

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[63/0073] drei Jahre juͤnger als ich, wurde bald mein treuer Spielgefaͤhrte; wir waren ein Herz und eine Seele. Mein Vater ſchien ſeine Zaͤrtlich- keit ganz gleichmaͤßig zwiſchen uns zu theilen, ſo wie ſeine belehrende Sorgfalt. Es war aber ſehr natuͤrlich, daß ich einen ſtarken Ver- ſprung behielt, auch war der Knabe immer mehr in der Sinnenwelt, als in der Jdeen- welt zu Hauſe. Es gibt Augenblicke, wo ich ihn deßhalt gluͤcklich preiſe. Aber ach, die Richtung unſrer Seele liegt außer unſrer Macht, geſchieht ſchon, ehe wir uns dieſer bewußt wer- den, und iſt faſt angebohren. Wir trieben uns fleißig in der umliegenden Gegend umher, und ſpielten manches verwegene Spiel; ich, im romantiſchen Sinne ritterlicher Vor- zeit, er, nach wilder Knabenart. So ſchaukelten wir uns oft in einem Fiſchernachen auf der wilden Durance, und arbeiteten uns mit Stangen laͤngs den Uferkruͤmmungen hin; Emil, um ſeine Kraͤfte zu meſſen, mit der Gewalt des Stro- mes, oder um ein Entenneſt auf zu ſuchen, im Schilfe; ich, weil ich in Gedanken Kolumbus begleitete, eine neue Welt zu entdecken, und in

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/73>, abgerufen am 09.11.2024.