nothwendige Eigenschaft des Weibes; aber mein leidenschaftliches Gemüth stand mit dieser Stimmung im ewigen Widerspruch, und störte die Harmonie in meinem Karakter. Mein Va- ter wurde sehr aufmerksam auf mich, und fing an, sich mit Ernst um meine Bildung zu be- kümmern. Von ihm lernte ich schon früh eng- lisch, späterhin auch etwas deutsch. Jch las unsere vorzüglichsten Dichter und auch die der Ausländer, in ihrer Sprache. Mein Gemüth war früh poetisch gestimmt, wozu wohl der provenzalische Himmel vieles beitrug. Doch waren es nicht die leichten Liebeslieder meiner Landsleute, woran ich Geschmack fand, mir stell- te sich alles zuerst von der erhabenen Seite dar. Eine Ode über den Krieg, war meine erste, sehr geheim gehaltene Arbeit; so weit ich mich ihrer erinnere, freilich sehr fehlerhaft, doch durchaus ohne Vorbild. Ueberhaupt war ich meist sehr ernst und in mich gekehrt, worüber mich die kleinen Mädchen, meine Gespielen, oft neckten. Jch schwärmte wohl mit ihnen umher, und hatte sie alle von Herzen lieb, aber ich war doch nie so ganz Kind als sie. Es machte mir Freude
nothwendige Eigenſchaft des Weibes; aber mein leidenſchaftliches Gemuͤth ſtand mit dieſer Stimmung im ewigen Widerſpruch, und ſtoͤrte die Harmonie in meinem Karakter. Mein Va- ter wurde ſehr aufmerkſam auf mich, und fing an, ſich mit Ernſt um meine Bildung zu be- kuͤmmern. Von ihm lernte ich ſchon fruͤh eng- liſch, ſpaͤterhin auch etwas deutſch. Jch las unſere vorzuͤglichſten Dichter und auch die der Auslaͤnder, in ihrer Sprache. Mein Gemuͤth war fruͤh poetiſch geſtimmt, wozu wohl der provenzaliſche Himmel vieles beitrug. Doch waren es nicht die leichten Liebeslieder meiner Landsleute, woran ich Geſchmack fand, mir ſtell- te ſich alles zuerſt von der erhabenen Seite dar. Eine Ode uͤber den Krieg, war meine erſte, ſehr geheim gehaltene Arbeit; ſo weit ich mich ihrer erinnere, freilich ſehr fehlerhaft, doch durchaus ohne Vorbild. Ueberhaupt war ich meiſt ſehr ernſt und in mich gekehrt, woruͤber mich die kleinen Maͤdchen, meine Geſpielen, oft neckten. Jch ſchwaͤrmte wohl mit ihnen umher, und hatte ſie alle von Herzen lieb, aber ich war doch nie ſo ganz Kind als ſie. Es machte mir Freude
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nothwendige Eigenſchaft des Weibes; aber
mein leidenſchaftliches Gemuͤth ſtand mit dieſer
Stimmung im ewigen Widerſpruch, und ſtoͤrte
die Harmonie in meinem Karakter. Mein Va-
ter wurde ſehr aufmerkſam auf mich, und fing
an, ſich mit Ernſt um meine Bildung zu be-
kuͤmmern. Von ihm lernte ich ſchon fruͤh eng-
liſch, ſpaͤterhin auch etwas deutſch. Jch las
unſere vorzuͤglichſten Dichter und auch die der
Auslaͤnder, in ihrer Sprache. Mein Gemuͤth
war fruͤh poetiſch geſtimmt, wozu wohl der
provenzaliſche Himmel vieles beitrug. Doch
waren es nicht die leichten Liebeslieder meiner
Landsleute, woran ich Geſchmack fand, mir ſtell-
te ſich alles zuerſt von der erhabenen Seite dar.
Eine Ode uͤber den Krieg, war meine erſte, ſehr
geheim gehaltene Arbeit; ſo weit ich mich ihrer
erinnere, freilich ſehr fehlerhaft, doch durchaus
ohne Vorbild. Ueberhaupt war ich meiſt ſehr
ernſt und in mich gekehrt, woruͤber mich die
kleinen Maͤdchen, meine Geſpielen, oft neckten.
Jch ſchwaͤrmte wohl mit ihnen umher, und hatte
ſie alle von Herzen lieb, aber ich war doch nie
ſo ganz Kind als ſie. Es machte mir Freude
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/70>, abgerufen am 16.02.2025.
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