derniß weiter im Wege, und Leo eilte auf Flügeln der Liebe nach Chaumerive, um die nö- thigen Anstalten zum Empfange seiner jungen Gattinn zu treffen. Er schrieb seinem Oheime mit aller kindlichen Zärtlichkeit eines Sohnes und dem Entzücken eines glücklichen Bräuti- gams, und bat um seinen Segen. Er sähe, für den schlimmsten Fall, wohl einer Unzufrieden- heit, einer Mißbilligung des stolzen Herzogs ent- gegen, doch hielt er dieses für kein Hinderniß seines Glücks, da er die Volljährigkeit erreicht hatte, und Chaumerive sein unbestrittenes Ei- genthum war. Mochte doch der Herzog ihm die Erbschaft seines Namens und seiner Güter entziehen, sie waren niemals das Ziel seiner Wünsche gewesen. Wie befremdet aber war er, als ihm ein Kourier die Antwort des Her- zogs überbrachte, der ihn im ungemessensten Zorn einen Niederträchtigen nannte, der die Ehre seines Hauses beschimpfe, ihm befahl, so- gleich diese entehrende Verbindung für immer auf zu geben, und sich zu ihm nach Paris zu verfügen. Mein Vater war empört über die- sen Befehl. Er fühlte sich Mann, und ward
Erster Theil. [3]
derniß weiter im Wege, und Leo eilte auf Fluͤgeln der Liebe nach Chaumerive, um die noͤ- thigen Anſtalten zum Empfange ſeiner jungen Gattinn zu treffen. Er ſchrieb ſeinem Oheime mit aller kindlichen Zaͤrtlichkeit eines Sohnes und dem Entzuͤcken eines gluͤcklichen Braͤuti- gams, und bat um ſeinen Segen. Er ſaͤhe, fuͤr den ſchlimmſten Fall, wohl einer Unzufrieden- heit, einer Mißbilligung des ſtolzen Herzogs ent- gegen, doch hielt er dieſes fuͤr kein Hinderniß ſeines Gluͤcks, da er die Volljaͤhrigkeit erreicht hatte, und Chaumerive ſein unbeſtrittenes Ei- genthum war. Mochte doch der Herzog ihm die Erbſchaft ſeines Namens und ſeiner Guͤter entziehen, ſie waren niemals das Ziel ſeiner Wuͤnſche geweſen. Wie befremdet aber war er, als ihm ein Kourier die Antwort des Her- zogs uͤberbrachte, der ihn im ungemeſſenſten Zorn einen Niedertraͤchtigen nannte, der die Ehre ſeines Hauſes beſchimpfe, ihm befahl, ſo- gleich dieſe entehrende Verbindung fuͤr immer auf zu geben, und ſich zu ihm nach Paris zu verfuͤgen. Mein Vater war empoͤrt uͤber die- ſen Befehl. Er fuͤhlte ſich Mann, und ward
Erſter Theil. [3]
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derniß weiter im Wege, und Leo eilte auf
Fluͤgeln der Liebe nach Chaumerive, um die noͤ-
thigen Anſtalten zum Empfange ſeiner jungen
Gattinn zu treffen. Er ſchrieb ſeinem Oheime
mit aller kindlichen Zaͤrtlichkeit eines Sohnes
und dem Entzuͤcken eines gluͤcklichen Braͤuti-
gams, und bat um ſeinen Segen. Er ſaͤhe, fuͤr
den ſchlimmſten Fall, wohl einer Unzufrieden-
heit, einer Mißbilligung des ſtolzen Herzogs ent-
gegen, doch hielt er dieſes fuͤr kein Hinderniß
ſeines Gluͤcks, da er die Volljaͤhrigkeit erreicht
hatte, und Chaumerive ſein unbeſtrittenes Ei-
genthum war. Mochte doch der Herzog ihm
die Erbſchaft ſeines Namens und ſeiner Guͤter
entziehen, ſie waren niemals das Ziel ſeiner
Wuͤnſche geweſen. Wie befremdet aber war
er, als ihm ein Kourier die Antwort des Her-
zogs uͤberbrachte, der ihn im ungemeſſenſten
Zorn einen Niedertraͤchtigen nannte, der die
Ehre ſeines Hauſes beſchimpfe, ihm befahl, ſo-
gleich dieſe entehrende Verbindung fuͤr immer
auf zu geben, und ſich zu ihm nach Paris zu
verfuͤgen. Mein Vater war empoͤrt uͤber die-
ſen Befehl. Er fuͤhlte ſich Mann, und ward
Erſter Theil. [3]
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/41>, abgerufen am 27.07.2024.
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