theil der heftigen Nancy zu besiegen. Ein Frem- der! rief sie mit Erbitterung, ein Feind! Jst er uns fremd? ist er uns feindselig gute Nancy? fragte ich. Mein Himmel wie kannst du so reden? sagte sie heftig. Kannst Du denn wis- sen ob nicht gerade sein Gewehr auf die Brust deines Vaters gezielt? Und hätte dieß wirklich der Zufall gefügt, erwiederte ich, mit einiger An- strengung, so würde ich ihn darum nicht weni- ger schätzen. Das Schicksal stellte sie einander gegenüber; sie thaten beide ihre Pflicht, ver- fochten beide ihre Meinung und die Sache ih- res Fürsten, es war nichts persönliches in diesem Streit; und setzen schon die Gebräuche des Zwei- kampfs fest, daß sich nach Beendigung desselben Sieger und Besiegte umarmen, so sollte dieß noch eher nach beendigten Völkerfehden geschehen. Die Deutschen hatten Recht, sie fühlten sich gefesselt, sprengten die Ketten, erhoben sich in ihrer Kraft, bewaffneten sich, und besiegten unsre bewaffnete Macht. Kannst du ihnen das verargen? wir hätten dasselbe gethan, ja wir haben, aus Freiheitsdrang und ängstlicher Besorgniß für unsre Aufrecht- haltung, noch ganz andre Dinge gethan. Nein,
theil der heftigen Nancy zu beſiegen. Ein Frem- der! rief ſie mit Erbitterung, ein Feind! Jſt er uns fremd? iſt er uns feindſelig gute Nancy? fragte ich. Mein Himmel wie kannſt du ſo reden? ſagte ſie heftig. Kannſt Du denn wiſ- ſen ob nicht gerade ſein Gewehr auf die Bruſt deines Vaters gezielt? Und haͤtte dieß wirklich der Zufall gefuͤgt, erwiederte ich, mit einiger An- ſtrengung, ſo wuͤrde ich ihn darum nicht weni- ger ſchaͤtzen. Das Schickſal ſtellte ſie einander gegenuͤber; ſie thaten beide ihre Pflicht, ver- fochten beide ihre Meinung und die Sache ih- res Fuͤrſten, es war nichts perſoͤnliches in dieſem Streit; und ſetzen ſchon die Gebraͤuche des Zwei- kampfs feſt, daß ſich nach Beendigung deſſelben Sieger und Beſiegte umarmen, ſo ſollte dieß noch eher nach beendigten Voͤlkerfehden geſchehen. Die Deutſchen hatten Recht, ſie fuͤhlten ſich gefeſſelt, ſprengten die Ketten, erhoben ſich in ihrer Kraft, bewaffneten ſich, und beſiegten unſre bewaffnete Macht. Kannſt du ihnen das verargen? wir haͤtten daſſelbe gethan, ja wir haben, aus Freiheitsdrang und aͤngſtlicher Beſorgniß fuͤr unſre Aufrecht- haltung, noch ganz andre Dinge gethan. Nein,
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theil der heftigen Nancy zu beſiegen. Ein Frem-
der! rief ſie mit Erbitterung, ein Feind! Jſt
er uns fremd? iſt er uns feindſelig gute Nancy?
fragte ich. Mein Himmel wie kannſt du ſo
reden? ſagte ſie heftig. Kannſt Du denn wiſ-
ſen ob nicht gerade ſein Gewehr auf die Bruſt
deines Vaters gezielt? Und haͤtte dieß wirklich
der Zufall gefuͤgt, erwiederte ich, mit einiger An-
ſtrengung, ſo wuͤrde ich ihn darum nicht weni-
ger ſchaͤtzen. Das Schickſal ſtellte ſie einander
gegenuͤber; ſie thaten beide ihre Pflicht, ver-
fochten beide ihre Meinung und die Sache ih-
res Fuͤrſten, es war nichts perſoͤnliches in dieſem
Streit; und ſetzen ſchon die Gebraͤuche des Zwei-
kampfs feſt, daß ſich nach Beendigung deſſelben
Sieger und Beſiegte umarmen, ſo ſollte dieß noch
eher nach beendigten Voͤlkerfehden geſchehen. Die
Deutſchen hatten Recht, ſie fuͤhlten ſich gefeſſelt,
ſprengten die Ketten, erhoben ſich in ihrer Kraft,
bewaffneten ſich, und beſiegten unſre bewaffnete
Macht. Kannſt du ihnen das verargen? wir haͤtten
daſſelbe gethan, ja wir haben, aus Freiheitsdrang
und aͤngſtlicher Beſorgniß fuͤr unſre Aufrecht-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/191>, abgerufen am 16.02.2025.
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