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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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gegenwärtig schien. Jch hörte viel reden von
den Vorfällen des Tages; mein Antheil daran
verstärkte sich nur langsam, doch waren meine
Beobachtungen genau, und meine Ansichten un-
verändert. Man äußerte sich überall mit der Be-
hutsamkeit, an welche man sich seit der Schrek-
kenszeit gewöhnt hatte, doch merkte ich leicht
an den seichten Trostgründen, womit man einan-
der das Unabänderliche in ein vortheilhaftes
Licht zu stellen suchte, wie sehr man des Trostes
bedürfe. Jch vermied jede Aeußerung über das,
was mich, nächst meinem persönlichen Verluste,
so schmerzlich bewegte, theils aus körperlicher
Schwäche, theils weil ich es für zwecklos hielt,
da eine ohnmächtige Weiberstimme zu erheben,
wo Millionen Männerstimmen schweigen muß-
ten; aber mit dem Geiste meines Vaters setzte
ich in Gedanken diese Gespräche fort. Die
Sache des Volkes ist verloren, sagte ich, und
die Sache der Fürsten siegt, nach zwanzigjäh-
rigem Blutvergießen. Daß der große Mann
des Jahrhunderts verlästert wird, ist natürlich
und liegt schon in seiner Größe. Flecken und
Mähler erscheinen an einer Riesenfigur größer,

Erster Theil. [12]

gegenwaͤrtig ſchien. Jch hoͤrte viel reden von
den Vorfaͤllen des Tages; mein Antheil daran
verſtaͤrkte ſich nur langſam, doch waren meine
Beobachtungen genau, und meine Anſichten un-
veraͤndert. Man aͤußerte ſich uͤberall mit der Be-
hutſamkeit, an welche man ſich ſeit der Schrek-
kenszeit gewoͤhnt hatte, doch merkte ich leicht
an den ſeichten Troſtgruͤnden, womit man einan-
der das Unabaͤnderliche in ein vortheilhaftes
Licht zu ſtellen ſuchte, wie ſehr man des Troſtes
beduͤrfe. Jch vermied jede Aeußerung uͤber das,
was mich, naͤchſt meinem perſoͤnlichen Verluſte,
ſo ſchmerzlich bewegte, theils aus koͤrperlicher
Schwaͤche, theils weil ich es fuͤr zwecklos hielt,
da eine ohnmaͤchtige Weiberſtimme zu erheben,
wo Millionen Maͤnnerſtimmen ſchweigen muß-
ten; aber mit dem Geiſte meines Vaters ſetzte
ich in Gedanken dieſe Geſpraͤche fort. Die
Sache des Volkes iſt verloren, ſagte ich, und
die Sache der Fuͤrſten ſiegt, nach zwanzigjaͤh-
rigem Blutvergießen. Daß der große Mann
des Jahrhunderts verlaͤſtert wird, iſt natuͤrlich
und liegt ſchon in ſeiner Groͤße. Flecken und
Maͤhler erſcheinen an einer Rieſenfigur groͤßer,

Erſter Theil. [12]
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[177/0187] gegenwaͤrtig ſchien. Jch hoͤrte viel reden von den Vorfaͤllen des Tages; mein Antheil daran verſtaͤrkte ſich nur langſam, doch waren meine Beobachtungen genau, und meine Anſichten un- veraͤndert. Man aͤußerte ſich uͤberall mit der Be- hutſamkeit, an welche man ſich ſeit der Schrek- kenszeit gewoͤhnt hatte, doch merkte ich leicht an den ſeichten Troſtgruͤnden, womit man einan- der das Unabaͤnderliche in ein vortheilhaftes Licht zu ſtellen ſuchte, wie ſehr man des Troſtes beduͤrfe. Jch vermied jede Aeußerung uͤber das, was mich, naͤchſt meinem perſoͤnlichen Verluſte, ſo ſchmerzlich bewegte, theils aus koͤrperlicher Schwaͤche, theils weil ich es fuͤr zwecklos hielt, da eine ohnmaͤchtige Weiberſtimme zu erheben, wo Millionen Maͤnnerſtimmen ſchweigen muß- ten; aber mit dem Geiſte meines Vaters ſetzte ich in Gedanken dieſe Geſpraͤche fort. Die Sache des Volkes iſt verloren, ſagte ich, und die Sache der Fuͤrſten ſiegt, nach zwanzigjaͤh- rigem Blutvergießen. Daß der große Mann des Jahrhunderts verlaͤſtert wird, iſt natuͤrlich und liegt ſchon in ſeiner Groͤße. Flecken und Maͤhler erſcheinen an einer Rieſenfigur groͤßer, Erſter Theil. [12]

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/187>, abgerufen am 22.11.2024.