tern würde, für dich zittre ich nicht, du wirst dir selbst treu und Herr deines Schicksals blei- ben. Ja, mein Freund, sagte er, sich gegen den Pohlen wendend, in dieser Mädchenseele liegt mehr Römersinn und männliche Stärke, als in mancher unsrer Waffengefärthen. Der Fremde verbeugte sich gegen mich, mehr ehrfurchtsvoll als höflich; mein Erröthen zu verbergen, em- pfahl ich ihm meinen Vater. Sie machen mich stolz mein Fräulein! sagte der Jüngling, und drückte meine Hand an seine heißen Lippen: nicht des Kaisers Ehre allein wird mich in die- sen heißen Tagen begeistern, Virginia sey mein Feldgeschrei! vergönnen sie ihrem Ritter, ihre Farbe zu tragen. Jch erstaunte bei dem Ernst, womit er diese Worte aussprach. Lächelnd streifte ich das blaue Band aus meinen Haaren, und reichte es ihm; er küßte es mit Begeisterung, und schlang es um seinen Hals. Dieses kleine romantische Spiel hatte einige heitere Licht- strahlen über die düstre Abschiedsscene gewor- fen, und wehrte das Vorgefühl ab, welches sonst mein Herz zersprengt haben würde. Jch trennte mich von beiden, fast in der Stimmung,
tern wuͤrde, fuͤr dich zittre ich nicht, du wirſt dir ſelbſt treu und Herr deines Schickſals blei- ben. Ja, mein Freund, ſagte er, ſich gegen den Pohlen wendend, in dieſer Maͤdchenſeele liegt mehr Roͤmerſinn und maͤnnliche Staͤrke, als in mancher unſrer Waffengefaͤrthen. Der Fremde verbeugte ſich gegen mich, mehr ehrfurchtsvoll als hoͤflich; mein Erroͤthen zu verbergen, em- pfahl ich ihm meinen Vater. Sie machen mich ſtolz mein Fraͤulein! ſagte der Juͤngling, und druͤckte meine Hand an ſeine heißen Lippen: nicht des Kaiſers Ehre allein wird mich in die- ſen heißen Tagen begeiſtern, Virginia ſey mein Feldgeſchrei! vergoͤnnen ſie ihrem Ritter, ihre Farbe zu tragen. Jch erſtaunte bei dem Ernſt, womit er dieſe Worte ausſprach. Laͤchelnd ſtreifte ich das blaue Band aus meinen Haaren, und reichte es ihm; er kuͤßte es mit Begeiſterung, und ſchlang es um ſeinen Hals. Dieſes kleine romantiſche Spiel hatte einige heitere Licht- ſtrahlen uͤber die duͤſtre Abſchiedsſcene gewor- fen, und wehrte das Vorgefuͤhl ab, welches ſonſt mein Herz zerſprengt haben wuͤrde. Jch trennte mich von beiden, faſt in der Stimmung,
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tern wuͤrde, fuͤr dich zittre ich nicht, du wirſt
dir ſelbſt treu und Herr deines Schickſals blei-
ben. Ja, mein Freund, ſagte er, ſich gegen den
Pohlen wendend, in dieſer Maͤdchenſeele liegt
mehr Roͤmerſinn und maͤnnliche Staͤrke, als in
mancher unſrer Waffengefaͤrthen. Der Fremde
verbeugte ſich gegen mich, mehr ehrfurchtsvoll
als hoͤflich; mein Erroͤthen zu verbergen, em-
pfahl ich ihm meinen Vater. Sie machen mich
ſtolz mein Fraͤulein! ſagte der Juͤngling, und
druͤckte meine Hand an ſeine heißen Lippen:
nicht des Kaiſers Ehre allein wird mich in die-
ſen heißen Tagen begeiſtern, Virginia ſey mein
Feldgeſchrei! vergoͤnnen ſie ihrem Ritter, ihre
Farbe zu tragen. Jch erſtaunte bei dem Ernſt,
womit er dieſe Worte ausſprach. Laͤchelnd ſtreifte
ich das blaue Band aus meinen Haaren, und
reichte es ihm; er kuͤßte es mit Begeiſterung,
und ſchlang es um ſeinen Hals. Dieſes kleine
romantiſche Spiel hatte einige heitere Licht-
ſtrahlen uͤber die duͤſtre Abſchiedsſcene gewor-
fen, und wehrte das Vorgefuͤhl ab, welches
ſonſt mein Herz zerſprengt haben wuͤrde. Jch
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/179>, abgerufen am 16.02.2025.
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