ter, beschirmt ihn mit Gefahr, mit Aufopferung, eu- res Lebens! riefen sie uns noch lange nach. Mein Vater war tief gerührt, und meine Thränen flossen reichlich. -- Der Weg nach Paris war mit Truppen bedeckt, welche aus allen Richtun- gen zu den Armeen eilten. Mein Vater war lange unschlüssig, welcher er sich anschließen sollte; indessen setzten wir unsern Weg fort, weil er mich erst in die Hauptstadt, als den sichersten Aufenthalt, geleiten wollte. Wir langten an ei- nem heitern Tage vor derselben an. Zu jeder an- deren Zeit würde mich der Anblick so vieler Pracht und des wogenden Getümmels mit Entzücken erfüllt haben, jetzt aber war meine Seele zwi- schen schreckender Gegenwart und banger Ahn- dung getheilt. Doch gewann Paris, in geschicht- licher Hinsicht, bald ein Jnteresse für mich, welches mich in etwas von meiner eignen Gegenwart abzog. Alle Erzählungen aus den Tagen mei- ner Kindheit vergegenwärtigten sich mir. Hier war der Schauplatz jenes großen Trauerspiels welches ehemals mit seinen Gräuelscenen, mit seinen Großthaten, mich wechselnd mit Schau- der und mit Freudenthränen erfüllte. Wie oft
ter, beſchirmt ihn mit Gefahr, mit Aufopferung, eu- res Lebens! riefen ſie uns noch lange nach. Mein Vater war tief geruͤhrt, und meine Thraͤnen floſſen reichlich. — Der Weg nach Paris war mit Truppen bedeckt, welche aus allen Richtun- gen zu den Armeen eilten. Mein Vater war lange unſchluͤſſig, welcher er ſich anſchließen ſollte; indeſſen ſetzten wir unſern Weg fort, weil er mich erſt in die Hauptſtadt, als den ſicherſten Aufenthalt, geleiten wollte. Wir langten an ei- nem heitern Tage vor derſelben an. Zu jeder an- deren Zeit wuͤrde mich der Anblick ſo vieler Pracht und des wogenden Getuͤmmels mit Entzuͤcken erfuͤllt haben, jetzt aber war meine Seele zwi- ſchen ſchreckender Gegenwart und banger Ahn- dung getheilt. Doch gewann Paris, in geſchicht- licher Hinſicht, bald ein Jntereſſe fuͤr mich, welches mich in etwas von meiner eignen Gegenwart abzog. Alle Erzaͤhlungen aus den Tagen mei- ner Kindheit vergegenwaͤrtigten ſich mir. Hier war der Schauplatz jenes großen Trauerſpiels welches ehemals mit ſeinen Graͤuelſcenen, mit ſeinen Großthaten, mich wechſelnd mit Schau- der und mit Freudenthraͤnen erfuͤllte. Wie oft
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ter, beſchirmt ihn mit Gefahr, mit Aufopferung, eu-
res Lebens! riefen ſie uns noch lange nach. Mein
Vater war tief geruͤhrt, und meine Thraͤnen
floſſen reichlich. — Der Weg nach Paris war
mit Truppen bedeckt, welche aus allen Richtun-
gen zu den Armeen eilten. Mein Vater war
lange unſchluͤſſig, welcher er ſich anſchließen ſollte;
indeſſen ſetzten wir unſern Weg fort, weil er
mich erſt in die Hauptſtadt, als den ſicherſten
Aufenthalt, geleiten wollte. Wir langten an ei-
nem heitern Tage vor derſelben an. Zu jeder an-
deren Zeit wuͤrde mich der Anblick ſo vieler Pracht
und des wogenden Getuͤmmels mit Entzuͤcken
erfuͤllt haben, jetzt aber war meine Seele zwi-
ſchen ſchreckender Gegenwart und banger Ahn-
dung getheilt. Doch gewann Paris, in geſchicht-
licher Hinſicht, bald ein Jntereſſe fuͤr mich, welches
mich in etwas von meiner eignen Gegenwart
abzog. Alle Erzaͤhlungen aus den Tagen mei-
ner Kindheit vergegenwaͤrtigten ſich mir. Hier
war der Schauplatz jenes großen Trauerſpiels
welches ehemals mit ſeinen Graͤuelſcenen, mit
ſeinen Großthaten, mich wechſelnd mit Schau-
der und mit Freudenthraͤnen erfuͤllte. Wie oft
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/172>, abgerufen am 27.07.2024.
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