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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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sagte Mucius, und trocknete mir sanft die Augen.
Er ist ihr Liebling, fuhr ich fort, und verdient
es zu seyn. Beide verdienen es! Beide! rief
Mucius, indem er meine Hand mit Heftigkeit
an seine Lippen drückte. Glücklicher Emil! setzte
er hinzu, und eine Thräne glänzte in seinen
dunkelbraunen Augen: glücklicher Emil, Engel
weinen um dich! ich Unglücklicher habe keine
Schwester! Jch will auch die ihrige seyn, sagte
ich, und meine Thränen flossen stärker. Vir-
ginia! rief er im Ausruf des Entzückens, und
schlang den Arm mich, ich sank im Uebermaß
des Gefühls an seine Brust. Unsre Lippen be-
gegneten sich unwillkührlich; wir hielten uns
lange in sprachloser Seligkeit umarmt. O, das
Leben ist schön! rief endlich Mucius: es will
mich halten mit all seinem Zauber; gerade da ich
es aufs Spiel setzen will, entfaltet es mir seine
schönsten Blüthen. Aber nicht dem Feigen würde
dieses holde Auge lächeln, nein, ich muß käm-
pfen um so schönen Preis! Wird Virginia den
Sieger lieben? fragte er mit Schmeicheltönen.
Ewig! entgegnete ich. Mein? Dein riefen wir

Erster Theil. [8]

ſagte Mucius, und trocknete mir ſanft die Augen.
Er iſt ihr Liebling, fuhr ich fort, und verdient
es zu ſeyn. Beide verdienen es! Beide! rief
Mucius, indem er meine Hand mit Heftigkeit
an ſeine Lippen druͤckte. Gluͤcklicher Emil! ſetzte
er hinzu, und eine Thraͤne glaͤnzte in ſeinen
dunkelbraunen Augen: gluͤcklicher Emil, Engel
weinen um dich! ich Ungluͤcklicher habe keine
Schweſter! Jch will auch die ihrige ſeyn, ſagte
ich, und meine Thraͤnen floſſen ſtaͤrker. Vir-
ginia! rief er im Ausruf des Entzuͤckens, und
ſchlang den Arm mich, ich ſank im Uebermaß
des Gefuͤhls an ſeine Bruſt. Unſre Lippen be-
gegneten ſich unwillkuͤhrlich; wir hielten uns
lange in ſprachloſer Seligkeit umarmt. O, das
Leben iſt ſchoͤn! rief endlich Mucius: es will
mich halten mit all ſeinem Zauber; gerade da ich
es aufs Spiel ſetzen will, entfaltet es mir ſeine
ſchoͤnſten Bluͤthen. Aber nicht dem Feigen wuͤrde
dieſes holde Auge laͤcheln, nein, ich muß kaͤm-
pfen um ſo ſchoͤnen Preis! Wird Virginia den
Sieger lieben? fragte er mit Schmeicheltoͤnen.
Ewig! entgegnete ich. Mein? Dein riefen wir

Erſter Theil. [8]
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[113/0123] ſagte Mucius, und trocknete mir ſanft die Augen. Er iſt ihr Liebling, fuhr ich fort, und verdient es zu ſeyn. Beide verdienen es! Beide! rief Mucius, indem er meine Hand mit Heftigkeit an ſeine Lippen druͤckte. Gluͤcklicher Emil! ſetzte er hinzu, und eine Thraͤne glaͤnzte in ſeinen dunkelbraunen Augen: gluͤcklicher Emil, Engel weinen um dich! ich Ungluͤcklicher habe keine Schweſter! Jch will auch die ihrige ſeyn, ſagte ich, und meine Thraͤnen floſſen ſtaͤrker. Vir- ginia! rief er im Ausruf des Entzuͤckens, und ſchlang den Arm mich, ich ſank im Uebermaß des Gefuͤhls an ſeine Bruſt. Unſre Lippen be- gegneten ſich unwillkuͤhrlich; wir hielten uns lange in ſprachloſer Seligkeit umarmt. O, das Leben iſt ſchoͤn! rief endlich Mucius: es will mich halten mit all ſeinem Zauber; gerade da ich es aufs Spiel ſetzen will, entfaltet es mir ſeine ſchoͤnſten Bluͤthen. Aber nicht dem Feigen wuͤrde dieſes holde Auge laͤcheln, nein, ich muß kaͤm- pfen um ſo ſchoͤnen Preis! Wird Virginia den Sieger lieben? fragte er mit Schmeicheltoͤnen. Ewig! entgegnete ich. Mein? Dein riefen wir Erſter Theil. [8]

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/123>, abgerufen am 25.11.2024.