Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.laden, würde das beste seyn, die wichtigsten Vorfälle Wird die Geschichte auf diese Art gelehret, so ist sieht
laden, wuͤrde das beſte ſeyn, die wichtigſten Vorfaͤlle Wird die Geſchichte auf dieſe Art gelehret, ſo iſt ſieht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="50"/> laden, wuͤrde das beſte ſeyn, die wichtigſten Vorfaͤlle<lb/> zu Epoken zu machen. Dieſe ſind Standpunkte fuͤr<lb/> das Gedaͤchtniß, die man leicht behaͤlt, und welche ver-<lb/> hindern, daß das unermeßliche <choice><sic>Cahos</sic><corr>Chaos</corr></choice> der Geſchichte<lb/> ſich nicht in dem Kopfe der jungen Leute verwirre.<lb/> Ein ſolcher Curſus der Geſchichte, wie ich ihn vorſchla-<lb/> ge, muß tief durchgedacht und wohl geordnet ſeyn,<lb/> auch durchaus keine Kleinigkeiten enthalten. Nicht<lb/> im <hi rendition="#aq">Theatro Europaeo</hi>, nicht in der deutſchen Geſchich-<lb/> te von Buͤnau muß der Geſchichtslehrer Rath ſuchen;<lb/> ich wuͤrde ihn lieber auf die Hefte vom <hi rendition="#fr"><persName>Thomaſius</persName></hi><lb/> verweiſen, wenn man ſie noch haben kann.</p><lb/> <p>Wird die Geſchichte auf dieſe Art gelehret, ſo iſt<lb/> es unſtreitig das interreſſanteſte, unterrichtendſte und<lb/> nuͤtzlichſte Schauſpiel fuͤr einen jungen Menſchen, der<lb/> in die Welt tritt, dieſe Reihe von Veraͤnderungen<lb/> durchzugehen, die ſo oft die Geſtalt der Welt veraͤn-<lb/> dert haben. Nirgend lernt man das Nichts aller<lb/> menſchlichen Dinge beſſer kennen, als wenn man auf<lb/> den Truͤmmern ſo vieler Reiche und maͤchtigen Staa-<lb/> ten einherwandelt. Bey der unuͤberſehbaren Menge<lb/> von Verbrechen, die man dem Blick des edlen Juͤng-<lb/> lings vorbeyfuͤhrt, wird es ihm ein ausnehmendes<lb/> Vergnuͤgen machen, doch zuweilen große und goͤttliche<lb/> Seelen zu finden, die um Verzeihung fuͤr das uͤbrige<lb/> verderbte Menſchengeſchlecht zu bitten ſcheinen. Hier<lb/> findet er Muſter, denen er nachahmen muß. Dort<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſieht</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [50/0056]
laden, wuͤrde das beſte ſeyn, die wichtigſten Vorfaͤlle
zu Epoken zu machen. Dieſe ſind Standpunkte fuͤr
das Gedaͤchtniß, die man leicht behaͤlt, und welche ver-
hindern, daß das unermeßliche Chaos der Geſchichte
ſich nicht in dem Kopfe der jungen Leute verwirre.
Ein ſolcher Curſus der Geſchichte, wie ich ihn vorſchla-
ge, muß tief durchgedacht und wohl geordnet ſeyn,
auch durchaus keine Kleinigkeiten enthalten. Nicht
im Theatro Europaeo, nicht in der deutſchen Geſchich-
te von Buͤnau muß der Geſchichtslehrer Rath ſuchen;
ich wuͤrde ihn lieber auf die Hefte vom Thomaſius
verweiſen, wenn man ſie noch haben kann.
Wird die Geſchichte auf dieſe Art gelehret, ſo iſt
es unſtreitig das interreſſanteſte, unterrichtendſte und
nuͤtzlichſte Schauſpiel fuͤr einen jungen Menſchen, der
in die Welt tritt, dieſe Reihe von Veraͤnderungen
durchzugehen, die ſo oft die Geſtalt der Welt veraͤn-
dert haben. Nirgend lernt man das Nichts aller
menſchlichen Dinge beſſer kennen, als wenn man auf
den Truͤmmern ſo vieler Reiche und maͤchtigen Staa-
ten einherwandelt. Bey der unuͤberſehbaren Menge
von Verbrechen, die man dem Blick des edlen Juͤng-
lings vorbeyfuͤhrt, wird es ihm ein ausnehmendes
Vergnuͤgen machen, doch zuweilen große und goͤttliche
Seelen zu finden, die um Verzeihung fuͤr das uͤbrige
verderbte Menſchengeſchlecht zu bitten ſcheinen. Hier
findet er Muſter, denen er nachahmen muß. Dort
ſieht
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Zitationshilfe: | Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/56>, abgerufen am 16.02.2025. |