Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.Nachdem ich Ihnen nun gezeigt habe, wie andre tarien
Nachdem ich Ihnen nun gezeigt habe, wie andre tarien
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0033" n="27"/> <p>Nachdem ich Ihnen nun gezeigt habe, wie andre<lb/> Nationen verfuhren, als ſie ihre Sprache bildeten und<lb/> vollkommner machten; ſo werden Sie von ſelbſt ſchlieſ-<lb/> ſen, daß es uns eben ſo gut gelingen werde, wie ihnen,<lb/> wenn wir nur dieſelben Mittel anwenden. Wir muͤſ-<lb/> ſen große Redner und große Dichter haben, die uns<lb/> dieſe Dienſte thun, welche ſie unſern Nachbarn geleiſtet<lb/> haben, und die wir nicht von unſern Philoſophen er-<lb/> warten duͤrfen. Dieſer ihr Geſchaͤft iſt, Irthuͤmer<lb/> auszurotten und neue Wahrheiten zu entdecken. Aber<lb/> Dichter und Redner muͤſſen uns durch ihre Harmonie<lb/> bezaubern, uns ruͤhren und uͤberreden. Da man aber<lb/> nicht befehlen kann, daß Genies zu beſtimmten Stun-<lb/> den geboren werden ſollen; ſo wollen wir ſehen, ob wir<lb/> nicht bis dahin, daß dieſe Genies unter uns erſcheinen<lb/> werden, unterdeß einige Mittel gebrauchen koͤnnen, un-<lb/> ſre Fortſchritte zu beſchleunigen. Um unſern Styl ge-<lb/> drungner zu machen, ſollten wir die unnuͤtzen Paren-<lb/> theſen wegwerfen, um Energie zu bekommen, ſollten<lb/> wir die alten Schriftſteller uͤberſetzen, die ſich mit der<lb/> meiſten Staͤrke und Anmuth ausgedruͤckt haben. Von<lb/> den Griechen waͤren beſonders <persName>Thucydides</persName>, <persName>Xenophon</persName>,<lb/> die Poetik des <persName>Ariſtoteles</persName>, das Handbuch des <persName>Epictets</persName>,<lb/> die Gedanken des <persName>Marc Aurels</persName>, gute Muſter. Be-<lb/> ſonders ſollte man ſich auch bemuͤhen, die Staͤrke des<lb/><persName>Demoſthenes</persName> in unſre Sprache gut uͤberzutragen.<lb/> Von den Lateinern wuͤrde ich vorzuͤglich die Commen-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">tarien</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0033]
Nachdem ich Ihnen nun gezeigt habe, wie andre
Nationen verfuhren, als ſie ihre Sprache bildeten und
vollkommner machten; ſo werden Sie von ſelbſt ſchlieſ-
ſen, daß es uns eben ſo gut gelingen werde, wie ihnen,
wenn wir nur dieſelben Mittel anwenden. Wir muͤſ-
ſen große Redner und große Dichter haben, die uns
dieſe Dienſte thun, welche ſie unſern Nachbarn geleiſtet
haben, und die wir nicht von unſern Philoſophen er-
warten duͤrfen. Dieſer ihr Geſchaͤft iſt, Irthuͤmer
auszurotten und neue Wahrheiten zu entdecken. Aber
Dichter und Redner muͤſſen uns durch ihre Harmonie
bezaubern, uns ruͤhren und uͤberreden. Da man aber
nicht befehlen kann, daß Genies zu beſtimmten Stun-
den geboren werden ſollen; ſo wollen wir ſehen, ob wir
nicht bis dahin, daß dieſe Genies unter uns erſcheinen
werden, unterdeß einige Mittel gebrauchen koͤnnen, un-
ſre Fortſchritte zu beſchleunigen. Um unſern Styl ge-
drungner zu machen, ſollten wir die unnuͤtzen Paren-
theſen wegwerfen, um Energie zu bekommen, ſollten
wir die alten Schriftſteller uͤberſetzen, die ſich mit der
meiſten Staͤrke und Anmuth ausgedruͤckt haben. Von
den Griechen waͤren beſonders Thucydides, Xenophon,
die Poetik des Ariſtoteles, das Handbuch des Epictets,
die Gedanken des Marc Aurels, gute Muſter. Be-
ſonders ſollte man ſich auch bemuͤhen, die Staͤrke des
Demoſthenes in unſre Sprache gut uͤberzutragen.
Von den Lateinern wuͤrde ich vorzuͤglich die Commen-
tarien
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