Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.ihre Zahl größer seyn möchte. Ueber die fehlerhafte aber
ihre Zahl groͤßer ſeyn moͤchte. Ueber die fehlerhafte aber
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="18"/> ihre Zahl groͤßer ſeyn moͤchte. Ueber die fehlerhafte<lb/> Methode der meiſten Lehrer, ihren Schuͤlern die Gram-<lb/> matik, Rhetorik und Dialektik beyzubringen, koͤnnte<lb/> ich noch Vieles ſagen. Wie kann man von ihnen er-<lb/> warten, daß ſie den Geſchmack ihrer Untergebnen bil-<lb/> den werden, wenn ſie einen verworrenen Styl fuͤr ei-<lb/> nen ideenreichen; wenn ſie das Triviale und Niedrige<lb/> fuͤr naiv, die fehlerhafte Nachlaͤßigkeit der Proſe<lb/> fuͤr edle Simplicitaͤt; Galimathias fuͤr erhaben hal-<lb/> ten; wenn ſie die Aufſaͤtze ihrer Schuͤler nicht mit Ge-<lb/> nauigkeit verbeſſern, und nicht ihnen ihre Fehler vorhal-<lb/> ten, ohne ſie niederzuſchlagen? wenn ſie ihnen nicht ſorg-<lb/> faͤltig die Regeln einſchaͤrfen, die ſie bey dem Schreiben<lb/> immer vor Augen haben muͤſſen? Gegen die genaue<lb/> Richtigkeit der Metaphern, werden eben ſo oft Fehler<lb/> von den Lehrern begangen. Ich erinnere mich in meiner<lb/> Jugend in einer Zueigungsſchrift des Prof. <persName>Heineccius</persName><lb/> an eine Koͤnigin, folgende ſchoͤne Phraſe geleſen zu ha-<lb/> ben: „<hi rendition="#fr">Ihro Majeſtaͤt glaͤnzen</hi>, wie ein <hi rendition="#fr">Karfunkel</hi>,<lb/> „am Finger der itzigen Zeit“. Kann man ſich ſchlech-<lb/> ter ausdruͤcken? Warum iſt die Koͤnigin ein Karfunkel?<lb/> Wer hat der Zeit einen Finger gegeben? Wenn die<lb/> Kuͤnſtler die Zeit vorſtellen, ſo geben ſie ihr <hi rendition="#fr">Fluͤgel</hi>,<lb/> weil ſie ohne Unterlaß davon fliegt; eine <hi rendition="#fr">Waſſeruhr</hi>,<lb/> weil die Stunden die Zeit abtheilen; und ſie bewaff-<lb/> nen ihren Arm mit einer <hi rendition="#fr">Sichel</hi>, um anzudeuten, daß<lb/> ſie alles, was da iſt, wegmaͤhet und zerſtoͤrt. Wenn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0024]
ihre Zahl groͤßer ſeyn moͤchte. Ueber die fehlerhafte
Methode der meiſten Lehrer, ihren Schuͤlern die Gram-
matik, Rhetorik und Dialektik beyzubringen, koͤnnte
ich noch Vieles ſagen. Wie kann man von ihnen er-
warten, daß ſie den Geſchmack ihrer Untergebnen bil-
den werden, wenn ſie einen verworrenen Styl fuͤr ei-
nen ideenreichen; wenn ſie das Triviale und Niedrige
fuͤr naiv, die fehlerhafte Nachlaͤßigkeit der Proſe
fuͤr edle Simplicitaͤt; Galimathias fuͤr erhaben hal-
ten; wenn ſie die Aufſaͤtze ihrer Schuͤler nicht mit Ge-
nauigkeit verbeſſern, und nicht ihnen ihre Fehler vorhal-
ten, ohne ſie niederzuſchlagen? wenn ſie ihnen nicht ſorg-
faͤltig die Regeln einſchaͤrfen, die ſie bey dem Schreiben
immer vor Augen haben muͤſſen? Gegen die genaue
Richtigkeit der Metaphern, werden eben ſo oft Fehler
von den Lehrern begangen. Ich erinnere mich in meiner
Jugend in einer Zueigungsſchrift des Prof. Heineccius
an eine Koͤnigin, folgende ſchoͤne Phraſe geleſen zu ha-
ben: „Ihro Majeſtaͤt glaͤnzen, wie ein Karfunkel,
„am Finger der itzigen Zeit“. Kann man ſich ſchlech-
ter ausdruͤcken? Warum iſt die Koͤnigin ein Karfunkel?
Wer hat der Zeit einen Finger gegeben? Wenn die
Kuͤnſtler die Zeit vorſtellen, ſo geben ſie ihr Fluͤgel,
weil ſie ohne Unterlaß davon fliegt; eine Waſſeruhr,
weil die Stunden die Zeit abtheilen; und ſie bewaff-
nen ihren Arm mit einer Sichel, um anzudeuten, daß
ſie alles, was da iſt, wegmaͤhet und zerſtoͤrt. Wenn
aber
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