Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.halten mochte. -- Es hat seine Richtigkeit, schrieb der Oberst, meine Jule hat mir Alles eingestanden, sie will Ihn zum Manne haben. Mein Wort hat Er auch, Meyer, und so soll die Hochzeit vor sich gehen, sobald die Rebellengeschichte abgethan. Tag und Stunde werden Ihm angezeigt; vorher hat Er sich um nichts zu bekümmern, ich werde die Sache besorgen, wie sich's gebührt. -- Der Leser hielt wieder inne und legte erbleichend die Stirn in seine Hand. Es war nicht der stolze, barsche Ton, mit dem ihm der künftige Schwiegervater sein Lebensglück gleichsam vor die Füße warf, was ihn erschütterte; wußte er doch, daß der Mann einen edlern Kern in sich barg, als die rauhe Schale auf den ersten Anblick vermuthen ließ; es war auch nicht die deutliche Weisung, Julien vor dem Hochzeitstage nicht mehr sehen zu dürfen; gehörte eine solche Einschränkung ja sogar zu der wunderlichen Standesetikette; aber ein einziges Wort, das ein vorauseilender Blick aus der nächsten Zeile aufgefangen, hatte ihm einen Augenblick den Muth genommen zum Weiterlesen. Doch auch dieser bitterste Tropfen mußte gekostet werden. Beiliegend eine Anweisung auf die zwanzigtausend Kronen, lautete der Schluß, die Ihm mein Geldwechsler sogleich ausbezahlen wird. Er mag sich daraus gebührlich ausstaffiren auf den Hochzeitstag. Bis dahin Sein wohl affectionirter etc. Theobald's Augen blieben eine Weile starr, wie festgebannt, auf dieser Stelle haften, während nur ein leises, bitteres Zittern sich um seinen Mund bewegte; halten mochte. — Es hat seine Richtigkeit, schrieb der Oberst, meine Jule hat mir Alles eingestanden, sie will Ihn zum Manne haben. Mein Wort hat Er auch, Meyer, und so soll die Hochzeit vor sich gehen, sobald die Rebellengeschichte abgethan. Tag und Stunde werden Ihm angezeigt; vorher hat Er sich um nichts zu bekümmern, ich werde die Sache besorgen, wie sich's gebührt. — Der Leser hielt wieder inne und legte erbleichend die Stirn in seine Hand. Es war nicht der stolze, barsche Ton, mit dem ihm der künftige Schwiegervater sein Lebensglück gleichsam vor die Füße warf, was ihn erschütterte; wußte er doch, daß der Mann einen edlern Kern in sich barg, als die rauhe Schale auf den ersten Anblick vermuthen ließ; es war auch nicht die deutliche Weisung, Julien vor dem Hochzeitstage nicht mehr sehen zu dürfen; gehörte eine solche Einschränkung ja sogar zu der wunderlichen Standesetikette; aber ein einziges Wort, das ein vorauseilender Blick aus der nächsten Zeile aufgefangen, hatte ihm einen Augenblick den Muth genommen zum Weiterlesen. Doch auch dieser bitterste Tropfen mußte gekostet werden. Beiliegend eine Anweisung auf die zwanzigtausend Kronen, lautete der Schluß, die Ihm mein Geldwechsler sogleich ausbezahlen wird. Er mag sich daraus gebührlich ausstaffiren auf den Hochzeitstag. Bis dahin Sein wohl affectionirter ꝛc. Theobald's Augen blieben eine Weile starr, wie festgebannt, auf dieser Stelle haften, während nur ein leises, bitteres Zittern sich um seinen Mund bewegte; <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0081"/> halten mochte. — Es hat seine Richtigkeit, schrieb der Oberst, meine Jule hat mir Alles eingestanden, sie will Ihn zum Manne haben. Mein Wort hat Er auch, Meyer, und so soll die Hochzeit vor sich gehen, sobald die Rebellengeschichte abgethan. Tag und Stunde werden Ihm angezeigt; vorher hat Er sich um nichts zu bekümmern, ich werde die Sache besorgen, wie sich's gebührt. — Der Leser hielt wieder inne und legte erbleichend die Stirn in seine Hand. Es war nicht der stolze, barsche Ton, mit dem ihm der künftige Schwiegervater sein Lebensglück gleichsam vor die Füße warf, was ihn erschütterte; wußte er doch, daß der Mann einen edlern Kern in sich barg, als die rauhe Schale auf den ersten Anblick vermuthen ließ; es war auch nicht die deutliche Weisung, Julien vor dem Hochzeitstage nicht mehr sehen zu dürfen; gehörte eine solche Einschränkung ja sogar zu der wunderlichen Standesetikette; aber ein einziges Wort, das ein vorauseilender Blick aus der nächsten Zeile aufgefangen, hatte ihm einen Augenblick den Muth genommen zum Weiterlesen. Doch auch dieser bitterste Tropfen mußte gekostet werden. Beiliegend eine Anweisung auf die zwanzigtausend Kronen, lautete der Schluß, die Ihm mein Geldwechsler sogleich ausbezahlen wird. Er mag sich daraus gebührlich ausstaffiren auf den Hochzeitstag. Bis dahin Sein wohl affectionirter ꝛc.</p><lb/> <p>Theobald's Augen blieben eine Weile starr, wie festgebannt, auf dieser Stelle haften, während nur ein leises, bitteres Zittern sich um seinen Mund bewegte;<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
halten mochte. — Es hat seine Richtigkeit, schrieb der Oberst, meine Jule hat mir Alles eingestanden, sie will Ihn zum Manne haben. Mein Wort hat Er auch, Meyer, und so soll die Hochzeit vor sich gehen, sobald die Rebellengeschichte abgethan. Tag und Stunde werden Ihm angezeigt; vorher hat Er sich um nichts zu bekümmern, ich werde die Sache besorgen, wie sich's gebührt. — Der Leser hielt wieder inne und legte erbleichend die Stirn in seine Hand. Es war nicht der stolze, barsche Ton, mit dem ihm der künftige Schwiegervater sein Lebensglück gleichsam vor die Füße warf, was ihn erschütterte; wußte er doch, daß der Mann einen edlern Kern in sich barg, als die rauhe Schale auf den ersten Anblick vermuthen ließ; es war auch nicht die deutliche Weisung, Julien vor dem Hochzeitstage nicht mehr sehen zu dürfen; gehörte eine solche Einschränkung ja sogar zu der wunderlichen Standesetikette; aber ein einziges Wort, das ein vorauseilender Blick aus der nächsten Zeile aufgefangen, hatte ihm einen Augenblick den Muth genommen zum Weiterlesen. Doch auch dieser bitterste Tropfen mußte gekostet werden. Beiliegend eine Anweisung auf die zwanzigtausend Kronen, lautete der Schluß, die Ihm mein Geldwechsler sogleich ausbezahlen wird. Er mag sich daraus gebührlich ausstaffiren auf den Hochzeitstag. Bis dahin Sein wohl affectionirter ꝛc.
Theobald's Augen blieben eine Weile starr, wie festgebannt, auf dieser Stelle haften, während nur ein leises, bitteres Zittern sich um seinen Mund bewegte;
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Zitationshilfe: | Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/81>, abgerufen am 05.07.2024. |