Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.allen Zeichen seiner hohen Würde geschmückt, auf die breite Treppe heraus, um die Menge an ihre Pflichten gegen die Obrigkeit zu erinnern und sie zur Wachsamkeit und zum Gehorsame aufzufordern; aber er hatte seine Rede kaum begonnen, als eine drohende Stimme rief: Schweig du, wir wissen längst, daß du ein glattes Maul hast. Der ganze Haufe brach in ein unehrerbietiges Gelächter aus. Doch erhob sich keine Hand, als bald noch ein zweiter, dritter Gefangener von bewaffneten Mitgliedern des Rathes herbeigeführt wurde, und für Theobald schien dies ein deutlicher Beweis, daß die Verschwörer ebenso wenig als der Schultheiß die wärmere Anhänglichkeit der großen Masse besaßen. Er selbst hatte keine Lust, dem unheimlichen Schauspiele länger zuzuschauen, und wollte sich hinwegdrängen; aber zwischen fast banger Erwartung und bald aufloderndem Ingrimme blieb er wieder stehen, als eben in dem Augenblicke der Vater Juliens hoch zu Roß auf den Platz hereinbog. Die an dieser Stelle dichtgedrängten Schaaren mußten dem Reiter freiwillig Raum geben, oder sie konnten ihm mit leichter Mühe den Weg versperren und durch das Eine oder Andere ihre Gesinnung gegen den neuen Ankömmling zu erkennen geben. Er sah trotzig, sogar herausfordernd aus, der alte Graubart, und sogleich rief er auch mit seiner dröhnenden Stimme: Alle Wetter, Platz gemacht Bursche; was habt ihr hier Maulaffen feil, holt eure Gewehre, oder packt euch sonst zum Schinder, meinetwegen! Aber allen Zeichen seiner hohen Würde geschmückt, auf die breite Treppe heraus, um die Menge an ihre Pflichten gegen die Obrigkeit zu erinnern und sie zur Wachsamkeit und zum Gehorsame aufzufordern; aber er hatte seine Rede kaum begonnen, als eine drohende Stimme rief: Schweig du, wir wissen längst, daß du ein glattes Maul hast. Der ganze Haufe brach in ein unehrerbietiges Gelächter aus. Doch erhob sich keine Hand, als bald noch ein zweiter, dritter Gefangener von bewaffneten Mitgliedern des Rathes herbeigeführt wurde, und für Theobald schien dies ein deutlicher Beweis, daß die Verschwörer ebenso wenig als der Schultheiß die wärmere Anhänglichkeit der großen Masse besaßen. Er selbst hatte keine Lust, dem unheimlichen Schauspiele länger zuzuschauen, und wollte sich hinwegdrängen; aber zwischen fast banger Erwartung und bald aufloderndem Ingrimme blieb er wieder stehen, als eben in dem Augenblicke der Vater Juliens hoch zu Roß auf den Platz hereinbog. Die an dieser Stelle dichtgedrängten Schaaren mußten dem Reiter freiwillig Raum geben, oder sie konnten ihm mit leichter Mühe den Weg versperren und durch das Eine oder Andere ihre Gesinnung gegen den neuen Ankömmling zu erkennen geben. Er sah trotzig, sogar herausfordernd aus, der alte Graubart, und sogleich rief er auch mit seiner dröhnenden Stimme: Alle Wetter, Platz gemacht Bursche; was habt ihr hier Maulaffen feil, holt eure Gewehre, oder packt euch sonst zum Schinder, meinetwegen! Aber <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0058"/> allen Zeichen seiner hohen Würde geschmückt, auf die breite Treppe heraus, um die Menge an ihre Pflichten gegen die Obrigkeit zu erinnern und sie zur Wachsamkeit und zum Gehorsame aufzufordern; aber er hatte seine Rede kaum begonnen, als eine drohende Stimme rief: Schweig du, wir wissen längst, daß du ein glattes Maul hast. Der ganze Haufe brach in ein unehrerbietiges Gelächter aus. Doch erhob sich keine Hand, als bald noch ein zweiter, dritter Gefangener von bewaffneten Mitgliedern des Rathes herbeigeführt wurde, und für Theobald schien dies ein deutlicher Beweis, daß die Verschwörer ebenso wenig als der Schultheiß die wärmere Anhänglichkeit der großen Masse besaßen. Er selbst hatte keine Lust, dem unheimlichen Schauspiele länger zuzuschauen, und wollte sich hinwegdrängen; aber zwischen fast banger Erwartung und bald aufloderndem Ingrimme blieb er wieder stehen, als eben in dem Augenblicke der Vater Juliens hoch zu Roß auf den Platz hereinbog. Die an dieser Stelle dichtgedrängten Schaaren mußten dem Reiter freiwillig Raum geben, oder sie konnten ihm mit leichter Mühe den Weg versperren und durch das Eine oder Andere ihre Gesinnung gegen den neuen Ankömmling zu erkennen geben. Er sah trotzig, sogar herausfordernd aus, der alte Graubart, und sogleich rief er auch mit seiner dröhnenden Stimme: Alle Wetter, Platz gemacht Bursche; was habt ihr hier Maulaffen feil, holt eure Gewehre, oder packt euch sonst zum Schinder, meinetwegen! Aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0058]
allen Zeichen seiner hohen Würde geschmückt, auf die breite Treppe heraus, um die Menge an ihre Pflichten gegen die Obrigkeit zu erinnern und sie zur Wachsamkeit und zum Gehorsame aufzufordern; aber er hatte seine Rede kaum begonnen, als eine drohende Stimme rief: Schweig du, wir wissen längst, daß du ein glattes Maul hast. Der ganze Haufe brach in ein unehrerbietiges Gelächter aus. Doch erhob sich keine Hand, als bald noch ein zweiter, dritter Gefangener von bewaffneten Mitgliedern des Rathes herbeigeführt wurde, und für Theobald schien dies ein deutlicher Beweis, daß die Verschwörer ebenso wenig als der Schultheiß die wärmere Anhänglichkeit der großen Masse besaßen. Er selbst hatte keine Lust, dem unheimlichen Schauspiele länger zuzuschauen, und wollte sich hinwegdrängen; aber zwischen fast banger Erwartung und bald aufloderndem Ingrimme blieb er wieder stehen, als eben in dem Augenblicke der Vater Juliens hoch zu Roß auf den Platz hereinbog. Die an dieser Stelle dichtgedrängten Schaaren mußten dem Reiter freiwillig Raum geben, oder sie konnten ihm mit leichter Mühe den Weg versperren und durch das Eine oder Andere ihre Gesinnung gegen den neuen Ankömmling zu erkennen geben. Er sah trotzig, sogar herausfordernd aus, der alte Graubart, und sogleich rief er auch mit seiner dröhnenden Stimme: Alle Wetter, Platz gemacht Bursche; was habt ihr hier Maulaffen feil, holt eure Gewehre, oder packt euch sonst zum Schinder, meinetwegen! Aber
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Zitationshilfe: | Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/58>, abgerufen am 27.07.2024. |