Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.lassen mit Weiberfragen ... taugt nichts ... Dummheiten! Das war schon heute meine Meinung, Vater, sagte das Fräulein, ihre Stirn auf die Hand lehnend, und fügte dann, dem Abgehenden nachblickend, leise hinzu: Ist's mir doch, als würd' ich ohne Frage schon zu viel erfahren müssen. III. Nun waren freilich wenige Berner und noch weniger Bernerinnen geneigt, die einmal erregte Neugierde in gleicher Weise wie die schöne Julie zu zügeln; im Gegentheil gab der Fremde bald in immer weitern Kreisen zu rathen und zu fragen. Unter den Stammbesuchern des Bärengrabens zwar konnte die goldene Prinzen-Mähr ihren Glanz nicht auf die Dauer retten, als der Ankerwirth selbst kein Interesse mehr an derselben hatte und erzählte, der Fremde habe ihm auf einen gegebenen Wink eben einen Possen spielen helfen, um dem überall herumschnüffelnden Bölzlein Eines anzuhängen; drum habe er den Schimmel auch weder gekauft, noch viel weniger geschenkt erhalten, sondern der Kreuzwirth von Fraubrunnen, der denselben dem müden und wohlaussehenden Reisenden zur Miethe bis Bern anvertraut, habe ihn schon am folgenden Morgen wieder abgeholt und in eigener Person zum Aarberger Thor hinausgeritten. Das gab nun freilich lassen mit Weiberfragen … taugt nichts … Dummheiten! Das war schon heute meine Meinung, Vater, sagte das Fräulein, ihre Stirn auf die Hand lehnend, und fügte dann, dem Abgehenden nachblickend, leise hinzu: Ist's mir doch, als würd' ich ohne Frage schon zu viel erfahren müssen. III. Nun waren freilich wenige Berner und noch weniger Bernerinnen geneigt, die einmal erregte Neugierde in gleicher Weise wie die schöne Julie zu zügeln; im Gegentheil gab der Fremde bald in immer weitern Kreisen zu rathen und zu fragen. Unter den Stammbesuchern des Bärengrabens zwar konnte die goldene Prinzen-Mähr ihren Glanz nicht auf die Dauer retten, als der Ankerwirth selbst kein Interesse mehr an derselben hatte und erzählte, der Fremde habe ihm auf einen gegebenen Wink eben einen Possen spielen helfen, um dem überall herumschnüffelnden Bölzlein Eines anzuhängen; drum habe er den Schimmel auch weder gekauft, noch viel weniger geschenkt erhalten, sondern der Kreuzwirth von Fraubrunnen, der denselben dem müden und wohlaussehenden Reisenden zur Miethe bis Bern anvertraut, habe ihn schon am folgenden Morgen wieder abgeholt und in eigener Person zum Aarberger Thor hinausgeritten. Das gab nun freilich <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0038"/> lassen mit Weiberfragen … taugt nichts … Dummheiten!</p><lb/> <p>Das war schon heute meine Meinung, Vater, sagte das Fräulein, ihre Stirn auf die Hand lehnend, und fügte dann, dem Abgehenden nachblickend, leise hinzu: Ist's mir doch, als würd' ich ohne Frage schon zu viel erfahren müssen.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="3"> <head>III.</head><lb/> <p>Nun waren freilich wenige Berner und noch weniger Bernerinnen geneigt, die einmal erregte Neugierde in gleicher Weise wie die schöne Julie zu zügeln; im Gegentheil gab der Fremde bald in immer weitern Kreisen zu rathen und zu fragen. Unter den Stammbesuchern des Bärengrabens zwar konnte die goldene Prinzen-Mähr ihren Glanz nicht auf die Dauer retten, als der Ankerwirth selbst kein Interesse mehr an derselben hatte und erzählte, der Fremde habe ihm auf einen gegebenen Wink eben einen Possen spielen helfen, um dem überall herumschnüffelnden Bölzlein Eines anzuhängen; drum habe er den Schimmel auch weder gekauft, noch viel weniger geschenkt erhalten, sondern der Kreuzwirth von Fraubrunnen, der denselben dem müden und wohlaussehenden Reisenden zur Miethe bis Bern anvertraut, habe ihn schon am folgenden Morgen wieder abgeholt und in eigener Person zum Aarberger Thor hinausgeritten. Das gab nun freilich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
lassen mit Weiberfragen … taugt nichts … Dummheiten!
Das war schon heute meine Meinung, Vater, sagte das Fräulein, ihre Stirn auf die Hand lehnend, und fügte dann, dem Abgehenden nachblickend, leise hinzu: Ist's mir doch, als würd' ich ohne Frage schon zu viel erfahren müssen.
III.
Nun waren freilich wenige Berner und noch weniger Bernerinnen geneigt, die einmal erregte Neugierde in gleicher Weise wie die schöne Julie zu zügeln; im Gegentheil gab der Fremde bald in immer weitern Kreisen zu rathen und zu fragen. Unter den Stammbesuchern des Bärengrabens zwar konnte die goldene Prinzen-Mähr ihren Glanz nicht auf die Dauer retten, als der Ankerwirth selbst kein Interesse mehr an derselben hatte und erzählte, der Fremde habe ihm auf einen gegebenen Wink eben einen Possen spielen helfen, um dem überall herumschnüffelnden Bölzlein Eines anzuhängen; drum habe er den Schimmel auch weder gekauft, noch viel weniger geschenkt erhalten, sondern der Kreuzwirth von Fraubrunnen, der denselben dem müden und wohlaussehenden Reisenden zur Miethe bis Bern anvertraut, habe ihn schon am folgenden Morgen wieder abgeholt und in eigener Person zum Aarberger Thor hinausgeritten. Das gab nun freilich
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Zitationshilfe: | Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/38>, abgerufen am 27.07.2024. |