Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gegen die kühlen Fensterscheiben. Mein Vater hat den Haarkräusler an die Treppe begleitet? Hast du es denn selbst gesehen? Ob ich es gesehen habe? rief das Mädchen, während es sich, von der Herrin unbeachtet, auf der Fußspitze vor dem Spiegel hin und her wiegte, gesehen hab' ich's freilich, denn ein wenig neugierig bin ich schon gewesen. Der gnädige Herr hat auch noch etwas nachgerufen von Soldaten und er möge sich besinnen darüber. Soldaten? Was sollte das zu bedeuten haben? sagte das Fräulein leise vor sich hin -- und was den Vater zu einer solchen Höflichkeit konnte bewogen haben, die doch eben nicht seine Sache ist? ... Geh hinüber Mädeli, befahl sie der Zofe, und frage den gnädigen Herrn, ob er mir noch einen Auftrag zu geben habe vor seinem Ausgange. -- Sie bereute diesen Befehl, sobald das Mädchen das Zimmer verlassen; denn was sollte sie dem Vater antworten, wenn er nun ihrerseits die anbefohlenen Erkundigungen erwartete? Aber es war zu spät, und in wenigen Augenblicken schon hörte sie den Obersten auf ihr Zimmer zuschreiten. Das Fähnlein seiner Laune mußte sich indessen nach einem äußerst günstigen Winde gerichtet haben. Er schrie das Mädchen draußen an, wie ihm nun der Goldprinz gefallen, und ob es bereits eine tüchtige Angel ausgeworfen habe nach ihm. Er wolle, fügte der Oberst mit einem etwas derben Soldatenwitz hinzu, schon hel- gegen die kühlen Fensterscheiben. Mein Vater hat den Haarkräusler an die Treppe begleitet? Hast du es denn selbst gesehen? Ob ich es gesehen habe? rief das Mädchen, während es sich, von der Herrin unbeachtet, auf der Fußspitze vor dem Spiegel hin und her wiegte, gesehen hab' ich's freilich, denn ein wenig neugierig bin ich schon gewesen. Der gnädige Herr hat auch noch etwas nachgerufen von Soldaten und er möge sich besinnen darüber. Soldaten? Was sollte das zu bedeuten haben? sagte das Fräulein leise vor sich hin — und was den Vater zu einer solchen Höflichkeit konnte bewogen haben, die doch eben nicht seine Sache ist? … Geh hinüber Mädeli, befahl sie der Zofe, und frage den gnädigen Herrn, ob er mir noch einen Auftrag zu geben habe vor seinem Ausgange. — Sie bereute diesen Befehl, sobald das Mädchen das Zimmer verlassen; denn was sollte sie dem Vater antworten, wenn er nun ihrerseits die anbefohlenen Erkundigungen erwartete? Aber es war zu spät, und in wenigen Augenblicken schon hörte sie den Obersten auf ihr Zimmer zuschreiten. Das Fähnlein seiner Laune mußte sich indessen nach einem äußerst günstigen Winde gerichtet haben. Er schrie das Mädchen draußen an, wie ihm nun der Goldprinz gefallen, und ob es bereits eine tüchtige Angel ausgeworfen habe nach ihm. Er wolle, fügte der Oberst mit einem etwas derben Soldatenwitz hinzu, schon hel- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0035"/> gegen die kühlen Fensterscheiben. Mein Vater hat den Haarkräusler an die Treppe begleitet? Hast du es denn selbst gesehen?</p><lb/> <p>Ob ich es gesehen habe? rief das Mädchen, während es sich, von der Herrin unbeachtet, auf der Fußspitze vor dem Spiegel hin und her wiegte, gesehen hab' ich's freilich, denn ein wenig neugierig bin ich schon gewesen. Der gnädige Herr hat auch noch etwas nachgerufen von Soldaten und er möge sich besinnen darüber.</p><lb/> <p>Soldaten? Was sollte das zu bedeuten haben? sagte das Fräulein leise vor sich hin — und was den Vater zu einer solchen Höflichkeit konnte bewogen haben, die doch eben nicht seine Sache ist? … Geh hinüber Mädeli, befahl sie der Zofe, und frage den gnädigen Herrn, ob er mir noch einen Auftrag zu geben habe vor seinem Ausgange. — Sie bereute diesen Befehl, sobald das Mädchen das Zimmer verlassen; denn was sollte sie dem Vater antworten, wenn er nun ihrerseits die anbefohlenen Erkundigungen erwartete? Aber es war zu spät, und in wenigen Augenblicken schon hörte sie den Obersten auf ihr Zimmer zuschreiten.</p><lb/> <p>Das Fähnlein seiner Laune mußte sich indessen nach einem äußerst günstigen Winde gerichtet haben. Er schrie das Mädchen draußen an, wie ihm nun der Goldprinz gefallen, und ob es bereits eine tüchtige Angel ausgeworfen habe nach ihm. Er wolle, fügte der Oberst mit einem etwas derben Soldatenwitz hinzu, schon hel-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
gegen die kühlen Fensterscheiben. Mein Vater hat den Haarkräusler an die Treppe begleitet? Hast du es denn selbst gesehen?
Ob ich es gesehen habe? rief das Mädchen, während es sich, von der Herrin unbeachtet, auf der Fußspitze vor dem Spiegel hin und her wiegte, gesehen hab' ich's freilich, denn ein wenig neugierig bin ich schon gewesen. Der gnädige Herr hat auch noch etwas nachgerufen von Soldaten und er möge sich besinnen darüber.
Soldaten? Was sollte das zu bedeuten haben? sagte das Fräulein leise vor sich hin — und was den Vater zu einer solchen Höflichkeit konnte bewogen haben, die doch eben nicht seine Sache ist? … Geh hinüber Mädeli, befahl sie der Zofe, und frage den gnädigen Herrn, ob er mir noch einen Auftrag zu geben habe vor seinem Ausgange. — Sie bereute diesen Befehl, sobald das Mädchen das Zimmer verlassen; denn was sollte sie dem Vater antworten, wenn er nun ihrerseits die anbefohlenen Erkundigungen erwartete? Aber es war zu spät, und in wenigen Augenblicken schon hörte sie den Obersten auf ihr Zimmer zuschreiten.
Das Fähnlein seiner Laune mußte sich indessen nach einem äußerst günstigen Winde gerichtet haben. Er schrie das Mädchen draußen an, wie ihm nun der Goldprinz gefallen, und ob es bereits eine tüchtige Angel ausgeworfen habe nach ihm. Er wolle, fügte der Oberst mit einem etwas derben Soldatenwitz hinzu, schon hel-
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Zitationshilfe: | Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/35>, abgerufen am 26.07.2024. |