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Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Golddrähten geflochtene Netz, das ihre Haare umspannte, losgelös't und ließ sich auf einem Stuhle nieder.

Und doch darf ich wohl behaupten, noch keinen schönern Haarschmuck gesehen zu haben, erwiderte der Friseur, seine Hand an die niederfallende Seidenflut legend; da freilich wird meine geringe Kunst der Natur nicht Stand zu halten vermögen, gnädiges Fräulein.

Julie zuckte leise zusammen unter seiner Berührung. Sie fühlte ganz deutlich, wie von seiner Hand ein warmer Strom ausfloß, der sich gleich einem milden Hauche über ihr ganzes Wesen ergoß, und unwillkürlich mußte sie die Augen erheben, um ihm ins Antlitz zu blicken. Die Blicke begegneten sich und blieben eine lange Weile an einander hangen wie festgebannt. Die dunkle Glut seiner Augen schien sich tief niedertauchen zu wollen in den blauen Spiegel des entgegenschauenden, und ihr war es, als könnte sie hinter dem nächtlichen Glanze in weiter, dämmernder Ferne einen schimmernden Stern emporsteigen sehen. Als sie die Blicke wieder voneinander wendeten, war es nicht mehr das Gefühl der Verlegenheit, welches das leise Erröthen von Neuem auf die Wangen trieb, sondern ein Gefühl unnennbaren Behagens, ein ertönendes Singen und Klingen in der Tiefe der Seele, gleich dem verwehenden Gesänge der Lerche, die, dem Menschenauge nicht mehr erreichbar, im Dunstmeere dahinschwebt. Das lang anhaltende Schweigen, das nun erfolgte, war auch nicht die herum-

Golddrähten geflochtene Netz, das ihre Haare umspannte, losgelös't und ließ sich auf einem Stuhle nieder.

Und doch darf ich wohl behaupten, noch keinen schönern Haarschmuck gesehen zu haben, erwiderte der Friseur, seine Hand an die niederfallende Seidenflut legend; da freilich wird meine geringe Kunst der Natur nicht Stand zu halten vermögen, gnädiges Fräulein.

Julie zuckte leise zusammen unter seiner Berührung. Sie fühlte ganz deutlich, wie von seiner Hand ein warmer Strom ausfloß, der sich gleich einem milden Hauche über ihr ganzes Wesen ergoß, und unwillkürlich mußte sie die Augen erheben, um ihm ins Antlitz zu blicken. Die Blicke begegneten sich und blieben eine lange Weile an einander hangen wie festgebannt. Die dunkle Glut seiner Augen schien sich tief niedertauchen zu wollen in den blauen Spiegel des entgegenschauenden, und ihr war es, als könnte sie hinter dem nächtlichen Glanze in weiter, dämmernder Ferne einen schimmernden Stern emporsteigen sehen. Als sie die Blicke wieder voneinander wendeten, war es nicht mehr das Gefühl der Verlegenheit, welches das leise Erröthen von Neuem auf die Wangen trieb, sondern ein Gefühl unnennbaren Behagens, ein ertönendes Singen und Klingen in der Tiefe der Seele, gleich dem verwehenden Gesänge der Lerche, die, dem Menschenauge nicht mehr erreichbar, im Dunstmeere dahinschwebt. Das lang anhaltende Schweigen, das nun erfolgte, war auch nicht die herum-

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[0028] Golddrähten geflochtene Netz, das ihre Haare umspannte, losgelös't und ließ sich auf einem Stuhle nieder. Und doch darf ich wohl behaupten, noch keinen schönern Haarschmuck gesehen zu haben, erwiderte der Friseur, seine Hand an die niederfallende Seidenflut legend; da freilich wird meine geringe Kunst der Natur nicht Stand zu halten vermögen, gnädiges Fräulein. Julie zuckte leise zusammen unter seiner Berührung. Sie fühlte ganz deutlich, wie von seiner Hand ein warmer Strom ausfloß, der sich gleich einem milden Hauche über ihr ganzes Wesen ergoß, und unwillkürlich mußte sie die Augen erheben, um ihm ins Antlitz zu blicken. Die Blicke begegneten sich und blieben eine lange Weile an einander hangen wie festgebannt. Die dunkle Glut seiner Augen schien sich tief niedertauchen zu wollen in den blauen Spiegel des entgegenschauenden, und ihr war es, als könnte sie hinter dem nächtlichen Glanze in weiter, dämmernder Ferne einen schimmernden Stern emporsteigen sehen. Als sie die Blicke wieder voneinander wendeten, war es nicht mehr das Gefühl der Verlegenheit, welches das leise Erröthen von Neuem auf die Wangen trieb, sondern ein Gefühl unnennbaren Behagens, ein ertönendes Singen und Klingen in der Tiefe der Seele, gleich dem verwehenden Gesänge der Lerche, die, dem Menschenauge nicht mehr erreichbar, im Dunstmeere dahinschwebt. Das lang anhaltende Schweigen, das nun erfolgte, war auch nicht die herum-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:04:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:04:13Z)

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Zitationshilfe: Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/28>, abgerufen am 24.11.2024.