Breuer, Josef und Freud, Sigmund: Studien über Hysterie. Leipzig u. a., 1895.Ich glaube aber nicht, dass mit den besprochenen, halbwegs verständlichen Vorgängen die Genese der psychischen Spaltung auch nur annähernd erschöpft wäre. So lassen beginnende Hysterien höhern Grades meist einige Zeit hindurch ein Syndrom beobachten, das man wohl als acute Hysterie bezeichnen darf. (In den Anamnesen männlicher Hysteriker begegnet man dieser Form der Erkrankung gewöhnlich unter dem Namen: Gehirnentzündung; bei weiblichen Hysterien gibt die Ovarie dabei Anlass zu der Diagnose: Bauchfellentzündung.) In diesem acuten Stadium der Hysterie sind psychotische Züge sehr deutlich; manische und zornige Aufregungszustände, rascher Wechsel hysterischer Phänomene, Hallucinationen u. dgl. m. In solchem Zustand mag die Spaltung der Psyche vielleicht in anderer Weise erfolgen, als wir oben darzulegen suchten. Vielleicht ist dieses ganze Stadium als ein langer hypnoider Zustand zu betrachten, dessen Residuen den Kern des unbewussten Vorstellungscomplexes abgeben, während das wache Denken dafür amnestisch ist. Da uns die Entstehungsbedingungen einer solchen acuten Hysterie meist nicht bekannt sind (ich wage nicht, den Hergang bei Anna O. für den allgemein giltigen zu halten), so wäre das eine weitere, im Gegensatz zu den oben erörterten, irrational zu nennende Art der psychischen Spaltung1). Und so werden gewiss noch andere, Arten dieses Vorganges existiren, die sich der jungen psychologischen Erkenntniss noch entzogen haben. Denn gewiss haben wir nur die ersten Schritte auf diesem Gebiete gemacht und werden weitere Erfahrungen die heutigen Anschauungen wesentlich umgestalten. Fragen wir nun, was die in den letzten Jahren gewonnene Kenntniss der psychischen Spaltung für das Verständniss der Hysterie geleistet hat. Es scheint viel und Bedeutungsvolles zu sein. Diese Erkenntniss ermöglicht, scheinbar rein somatische Symptome auf Vorstellungen zurückzuführen, die aber im Bewusstsein der Kranken nicht zu finden sind. Es ist überflüssig, nochmals hierauf einzugehen. 1 Ich muss aber bemerken, dass gerade in dem bestbekannten und durchsichtigsten Fall grosser Hysterie mit manifester double conscience, eben bei Anna O. (Beobachtung I), kein Rest aus dem acuten Stadium in das chronische hinübergetragen wurde und alle Phänomene des letzteren schon in der "Incubationszeit" in Hypnoiden und Affectzuständen erzeugt worden waren.
Ich glaube aber nicht, dass mit den besprochenen, halbwegs verständlichen Vorgängen die Genese der psychischen Spaltung auch nur annähernd erschöpft wäre. So lassen beginnende Hysterien höhern Grades meist einige Zeit hindurch ein Syndrom beobachten, das man wohl als acute Hysterie bezeichnen darf. (In den Anamnesen männlicher Hysteriker begegnet man dieser Form der Erkrankung gewöhnlich unter dem Namen: Gehirnentzündung; bei weiblichen Hysterien gibt die Ovarie dabei Anlass zu der Diagnose: Bauchfellentzündung.) In diesem acuten Stadium der Hysterie sind psychotische Züge sehr deutlich; manische und zornige Aufregungszustände, rascher Wechsel hysterischer Phänomene, Hallucinationen u. dgl. m. In solchem Zustand mag die Spaltung der Psyche vielleicht in anderer Weise erfolgen, als wir oben darzulegen suchten. Vielleicht ist dieses ganze Stadium als ein langer hypnoider Zustand zu betrachten, dessen Residuen den Kern des unbewussten Vorstellungscomplexes abgeben, während das wache Denken dafür amnestisch ist. Da uns die Entstehungsbedingungen einer solchen acuten Hysterie meist nicht bekannt sind (ich wage nicht, den Hergang bei Anna O. für den allgemein giltigen zu halten), so wäre das eine weitere, im Gegensatz zu den oben erörterten, irrational zu nennende Art der psychischen Spaltung1). Und so werden gewiss noch andere, Arten dieses Vorganges existiren, die sich der jungen psychologischen Erkenntniss noch entzogen haben. Denn gewiss haben wir nur die ersten Schritte auf diesem Gebiete gemacht und werden weitere Erfahrungen die heutigen Anschauungen wesentlich umgestalten. Fragen wir nun, was die in den letzten Jahren gewonnene Kenntniss der psychischen Spaltung für das Verständniss der Hysterie geleistet hat. Es scheint viel und Bedeutungsvolles zu sein. Diese Erkenntniss ermöglicht, scheinbar rein somatische Symptome auf Vorstellungen zurückzuführen, die aber im Bewusstsein der Kranken nicht zu finden sind. Es ist überflüssig, nochmals hierauf einzugehen. 1 Ich muss aber bemerken, dass gerade in dem bestbekannten und durchsichtigsten Fall grosser Hysterie mit manifester double conscience, eben bei Anna O. (Beobachtung I), kein Rest aus dem acuten Stadium in das chronische hinübergetragen wurde und alle Phänomene des letzteren schon in der „Incubationszeit“ in Hypnoiden und Affectzuständen erzeugt worden waren.
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Ich glaube aber nicht, dass mit den besprochenen, halbwegs verständlichen Vorgängen die Genese der psychischen Spaltung auch nur annähernd erschöpft wäre. So lassen beginnende Hysterien höhern Grades meist einige Zeit hindurch ein Syndrom beobachten, das man wohl als acute Hysterie bezeichnen darf. (In den Anamnesen männlicher Hysteriker begegnet man dieser Form der Erkrankung gewöhnlich unter dem Namen: Gehirnentzündung; bei weiblichen Hysterien gibt die Ovarie dabei Anlass zu der Diagnose: Bauchfellentzündung.)
In diesem acuten Stadium der Hysterie sind psychotische Züge sehr deutlich; manische und zornige Aufregungszustände, rascher Wechsel hysterischer Phänomene, Hallucinationen u. dgl. m. In solchem Zustand mag die Spaltung der Psyche vielleicht in anderer Weise erfolgen, als wir oben darzulegen suchten.
Vielleicht ist dieses ganze Stadium als ein langer hypnoider Zustand zu betrachten, dessen Residuen den Kern des unbewussten Vorstellungscomplexes abgeben, während das wache Denken dafür amnestisch ist. Da uns die Entstehungsbedingungen einer solchen acuten Hysterie meist nicht bekannt sind (ich wage nicht, den Hergang bei Anna O. für den allgemein giltigen zu halten), so wäre das eine weitere, im Gegensatz zu den oben erörterten, irrational zu nennende Art der psychischen Spaltung 1). Und so werden gewiss noch andere, Arten dieses Vorganges existiren, die sich der jungen psychologischen Erkenntniss noch entzogen haben. Denn gewiss haben wir nur die ersten Schritte auf diesem Gebiete gemacht und werden weitere Erfahrungen die heutigen Anschauungen wesentlich umgestalten.
Fragen wir nun, was die in den letzten Jahren gewonnene Kenntniss der psychischen Spaltung für das Verständniss der Hysterie geleistet hat. Es scheint viel und Bedeutungsvolles zu sein.
Diese Erkenntniss ermöglicht, scheinbar rein somatische Symptome auf Vorstellungen zurückzuführen, die aber im Bewusstsein der Kranken nicht zu finden sind. Es ist überflüssig, nochmals hierauf einzugehen.
1 Ich muss aber bemerken, dass gerade in dem bestbekannten und durchsichtigsten Fall grosser Hysterie mit manifester double conscience, eben bei Anna O. (Beobachtung I), kein Rest aus dem acuten Stadium in das chronische hinübergetragen wurde und alle Phänomene des letzteren schon in der „Incubationszeit“ in Hypnoiden und Affectzuständen erzeugt worden waren.
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