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Frege, Gottlob: Über Sinn und Bedeutung. In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, N. F., Bd. 100/1 (1892), S. 25-50.

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Über Sinn und Bedeutung.

Von
G. Frege.

Die Gleichheit**) fordert das Nachdenken heraus durch Fragen,
die sich daran knüpfen und nicht ganz leicht zu beantworten sind.
Ist sie eine Beziehung? eine Beziehung zwischen Gegenständen?
oder zwischen Namen oder Zeichen für Gegenstände? Das Letzte
hatte ich in meiner Begriffsschrift angenommen. Die Gründe, die
dafür zu sprechen scheinen, sind folgende: a=a und a=b sind
offenbar Sätze von verschiedenem Erkenntniswerte: a=a gilt a
priori
und ist nach Kant analytisch zu nennen, während Sätze von
der Form a=b oft sehr wertvolle Erweiterungen unserer Er¬
kenntnis enthalten und a priori nicht immer zu begründen sind.
Die Entdeckung, daß nicht jeden Morgen eine neue Sonne aufgeht,
sondern immer dieselbe, ist wohl eine der folgenreichsten in der
Astronomie gewesen. Noch jetzt ist die Wiedererkennung eines
kleinen Planeten oder eines Kometen nicht immer etwas Selbst¬

**) Ich brauche dies Wort im Sinne von Identität und verstehe
"a=b" in dem Sinne von "a ist dasselbe wie b" oder "a und b fallen
zusammen."
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Über Sinn und Bedeutung.

Von
G. Frege.

Die Gleichheit**) fordert das Nachdenken heraus durch Fragen,
die ſich daran knüpfen und nicht ganz leicht zu beantworten ſind.
Iſt ſie eine Beziehung? eine Beziehung zwiſchen Gegenſtänden?
oder zwiſchen Namen oder Zeichen für Gegenſtände? Das Letzte
hatte ich in meiner Begriffsſchrift angenommen. Die Gründe, die
dafür zu ſprechen ſcheinen, ſind folgende: a=a und a=b ſind
offenbar Sätze von verſchiedenem Erkenntniswerte: a=a gilt a
priori
und iſt nach Kant analytiſch zu nennen, während Sätze von
der Form a=b oft ſehr wertvolle Erweiterungen unſerer Er¬
kenntnis enthalten und a priori nicht immer zu begründen ſind.
Die Entdeckung, daß nicht jeden Morgen eine neue Sonne aufgeht,
ſondern immer dieſelbe, iſt wohl eine der folgenreichſten in der
Aſtronomie geweſen. Noch jetzt iſt die Wiedererkennung eines
kleinen Planeten oder eines Kometen nicht immer etwas Selbſt¬

**) Ich brauche dies Wort im Sinne von Identität und verſtehe
a=b“ in dem Sinne von „a iſt daſſelbe wie b“ oder „a und b fallen
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[25/0021] _ Über Sinn und Bedeutung. Von G. Frege. Die Gleichheit **) fordert das Nachdenken heraus durch Fragen, die ſich daran knüpfen und nicht ganz leicht zu beantworten ſind. Iſt ſie eine Beziehung? eine Beziehung zwiſchen Gegenſtänden? oder zwiſchen Namen oder Zeichen für Gegenſtände? Das Letzte hatte ich in meiner Begriffsſchrift angenommen. Die Gründe, die dafür zu ſprechen ſcheinen, ſind folgende: a=a und a=b ſind offenbar Sätze von verſchiedenem Erkenntniswerte: a=a gilt a priori und iſt nach Kant analytiſch zu nennen, während Sätze von der Form a=b oft ſehr wertvolle Erweiterungen unſerer Er¬ kenntnis enthalten und a priori nicht immer zu begründen ſind. Die Entdeckung, daß nicht jeden Morgen eine neue Sonne aufgeht, ſondern immer dieſelbe, iſt wohl eine der folgenreichſten in der Aſtronomie geweſen. Noch jetzt iſt die Wiedererkennung eines kleinen Planeten oder eines Kometen nicht immer etwas Selbſt¬ **) Ich brauche dies Wort im Sinne von Identität und verſtehe „a=b“ in dem Sinne von „a iſt daſſelbe wie b“ oder „a und b fallen zuſammen.“

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Zitationshilfe: Frege, Gottlob: Über Sinn und Bedeutung. In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, N. F., Bd. 100/1 (1892), S. 25-50, hier S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frege_sinn_1892/21>, abgerufen am 21.11.2024.