Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.ein so feiner Takt in ihren Worten, wie durfte man ihr eine so niedrige Absicht zutrauen? "Sie wollten mir einmal Harfe vorspielen, das haben wir ganz vergessen!" sagte er in seinem einschmeichelndsten Ton. Ein beruhigtes Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück. "Und Sie spielen mir dafür Geige?" Nun war ein zutrauliches musikalisches Gespräch im Gange, die Kathi brachte den Thee, und Iversen nahm die Einladung, zu bleiben, ohne Umstände an. Spät erst kam er ins Cafe zu den Freunden. "Wo bleibst du denn?" hieß es von allen Seiten, "wir öden uns schon einander an, nicht zum Aushalten." "Ich habe mich bei meiner Wirthin festgeschwatzt. Warum lacht ihr? Ich sage euch, man dankt manchmal Gott, wenn man ein gescheites Frauenzimmer findet. Es ist doch ein viel feineres Instrument als unsereins. Jetzt starren sie mich mit offenem Munde an! Ja, ihr, das weiß ich wohl, seid zufrieden, wenn ihr nur immer Speck und Bohnen kriegt, und es ist ja auch ein nahrhaftes Futter. Aber ich -" "Ja, ja, du bist ein Gourmand!" höhnte es in der Runde. Iversen blickte herausfordernd um sich: "Freilich bin ich ein Gourmand, und ich rechne mir's noch zur Ehre! Das Feinste und Seltenste und Pikanteste für ein so feiner Takt in ihren Worten, wie durfte man ihr eine so niedrige Absicht zutrauen? „Sie wollten mir einmal Harfe vorspielen, das haben wir ganz vergessen!“ sagte er in seinem einschmeichelndsten Ton. Ein beruhigtes Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück. „Und Sie spielen mir dafür Geige?“ Nun war ein zutrauliches musikalisches Gespräch im Gange, die Kathi brachte den Thee, und Iversen nahm die Einladung, zu bleiben, ohne Umstände an. Spät erst kam er ins Café zu den Freunden. „Wo bleibst du denn?“ hieß es von allen Seiten, „wir öden uns schon einander an, nicht zum Aushalten.“ „Ich habe mich bei meiner Wirthin festgeschwatzt. Warum lacht ihr? Ich sage euch, man dankt manchmal Gott, wenn man ein gescheites Frauenzimmer findet. Es ist doch ein viel feineres Instrument als unsereins. Jetzt starren sie mich mit offenem Munde an! Ja, ihr, das weiß ich wohl, seid zufrieden, wenn ihr nur immer Speck und Bohnen kriegt, und es ist ja auch ein nahrhaftes Futter. Aber ich –“ „Ja, ja, du bist ein Gourmand!“ höhnte es in der Runde. Iversen blickte herausfordernd um sich: „Freilich bin ich ein Gourmand, und ich rechne mir’s noch zur Ehre! Das Feinste und Seltenste und Pikanteste für <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0050" n="42"/> ein so feiner Takt in ihren Worten, wie durfte man ihr eine so niedrige Absicht zutrauen?</p> <p>„Sie wollten mir einmal Harfe vorspielen, das haben wir ganz vergessen!“ sagte er in seinem einschmeichelndsten Ton.</p> <p>Ein beruhigtes Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück. „Und Sie spielen mir dafür Geige?“</p> <p>Nun war ein zutrauliches musikalisches Gespräch im Gange, die Kathi brachte den Thee, und Iversen nahm die Einladung, zu bleiben, ohne Umstände an. Spät erst kam er ins Café zu den Freunden.</p> <p>„Wo bleibst du denn?“ hieß es von allen Seiten, „wir öden uns schon einander an, nicht zum Aushalten.“</p> <p>„Ich habe mich bei meiner Wirthin festgeschwatzt. Warum lacht ihr? Ich sage euch, man dankt manchmal Gott, wenn man ein gescheites Frauenzimmer findet. Es ist doch ein viel feineres Instrument als unsereins. Jetzt starren sie mich mit offenem Munde an! Ja, ihr, das weiß ich wohl, seid zufrieden, wenn ihr nur immer Speck und Bohnen kriegt, und es ist ja auch ein nahrhaftes Futter. Aber ich –“</p> <p>„Ja, ja, du bist ein Gourmand!“ höhnte es in der Runde.</p> <p>Iversen blickte herausfordernd um sich: „Freilich bin ich ein Gourmand, und ich rechne mir’s noch zur Ehre! Das Feinste und Seltenste und Pikanteste für </p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0050]
ein so feiner Takt in ihren Worten, wie durfte man ihr eine so niedrige Absicht zutrauen?
„Sie wollten mir einmal Harfe vorspielen, das haben wir ganz vergessen!“ sagte er in seinem einschmeichelndsten Ton.
Ein beruhigtes Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück. „Und Sie spielen mir dafür Geige?“
Nun war ein zutrauliches musikalisches Gespräch im Gange, die Kathi brachte den Thee, und Iversen nahm die Einladung, zu bleiben, ohne Umstände an. Spät erst kam er ins Café zu den Freunden.
„Wo bleibst du denn?“ hieß es von allen Seiten, „wir öden uns schon einander an, nicht zum Aushalten.“
„Ich habe mich bei meiner Wirthin festgeschwatzt. Warum lacht ihr? Ich sage euch, man dankt manchmal Gott, wenn man ein gescheites Frauenzimmer findet. Es ist doch ein viel feineres Instrument als unsereins. Jetzt starren sie mich mit offenem Munde an! Ja, ihr, das weiß ich wohl, seid zufrieden, wenn ihr nur immer Speck und Bohnen kriegt, und es ist ja auch ein nahrhaftes Futter. Aber ich –“
„Ja, ja, du bist ein Gourmand!“ höhnte es in der Runde.
Iversen blickte herausfordernd um sich: „Freilich bin ich ein Gourmand, und ich rechne mir’s noch zur Ehre! Das Feinste und Seltenste und Pikanteste für
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