Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.den ich immer um den Finger gewickelt habe! Man muß es nur schlau anfangen; o, ich wollte es schon machen! Dein Papa kann noch viel lernen, er ist ja noch ziemlich jung, so Mitte der Vierzig, nicht wahr? Der hat noch lange nicht abgeschlossen. Dazu hat man seine Eltern, daß man sie ein bißchen weiter bringt. Ich - wenn ich welche hätte - Mustereltern sollten es sein! Mamachen war es ja schon, solch eine Frau gibt es nie wieder. Wenn sie noch lebte, dann hättest Du es einfach, sie würde Dir so thatkräftig geholfen haben. Besser bleibt es, Du hilfst Dir selbst. Ich stehe Dir in jeder Beziehung zu Diensten. Ob ich dabei einen Schnurrbart habe oder nicht, scheint mir ziemlich überflüssig. Sollte es Dich aber doch interessiren, so brauchst Du es nur zu sagen, ich schicke Dir dann Puhlsens letzte Amateuraufnahme, sie ist viel gelungener als das milchige Bild von mir, das Du erwähnst. Wie siehst Du denn eigentlich jetzt aus? Ich denke mir ein schmales, dünnes Gör mit dunklen aufgerissenen Augen und zotteligem Haar; kannst mir auch mal eine Photographie verehren, hörst Du? Dein alter Spielbruder Axel. Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen. Wedel, 15. September 1892. Lieber Axel! Entschuldige, daß ich Dir heute erst antworte, es war mal wieder eine Hetzwoche für mich: den ich immer um den Finger gewickelt habe! Man muß es nur schlau anfangen; o, ich wollte es schon machen! Dein Papa kann noch viel lernen, er ist ja noch ziemlich jung, so Mitte der Vierzig, nicht wahr? Der hat noch lange nicht abgeschlossen. Dazu hat man seine Eltern, daß man sie ein bißchen weiter bringt. Ich – wenn ich welche hätte – Mustereltern sollten es sein! Mamachen war es ja schon, solch eine Frau gibt es nie wieder. Wenn sie noch lebte, dann hättest Du es einfach, sie würde Dir so thatkräftig geholfen haben. Besser bleibt es, Du hilfst Dir selbst. Ich stehe Dir in jeder Beziehung zu Diensten. Ob ich dabei einen Schnurrbart habe oder nicht, scheint mir ziemlich überflüssig. Sollte es Dich aber doch interessiren, so brauchst Du es nur zu sagen, ich schicke Dir dann Puhlsens letzte Amateuraufnahme, sie ist viel gelungener als das milchige Bild von mir, das Du erwähnst. Wie siehst Du denn eigentlich jetzt aus? Ich denke mir ein schmales, dünnes Gör mit dunklen aufgerissenen Augen und zotteligem Haar; kannst mir auch mal eine Photographie verehren, hörst Du? Dein alter Spielbruder Axel. Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen. Wedel, 15. September 1892. Lieber Axel! Entschuldige, daß ich Dir heute erst antworte, es war mal wieder eine Hetzwoche für mich: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0319" n="311"/> den ich immer um den Finger gewickelt habe! Man muß es nur schlau anfangen; o, ich wollte es schon machen! Dein Papa kann noch viel lernen, er ist ja noch ziemlich jung, so Mitte der Vierzig, nicht wahr? Der hat noch lange nicht abgeschlossen. Dazu hat man seine Eltern, daß man sie ein bißchen weiter bringt. Ich – wenn ich welche hätte – Mustereltern sollten es sein! Mamachen war es ja schon, solch eine Frau gibt es nie wieder. Wenn sie noch lebte, dann hättest Du es einfach, sie würde Dir so thatkräftig geholfen haben. Besser bleibt es, Du hilfst Dir selbst. Ich stehe Dir in jeder Beziehung zu Diensten. Ob ich dabei einen Schnurrbart habe oder nicht, scheint mir ziemlich überflüssig. Sollte es Dich aber doch interessiren, so brauchst Du es nur zu sagen, ich schicke Dir dann Puhlsens letzte Amateuraufnahme, sie ist viel gelungener als das milchige Bild von mir, das Du erwähnst. Wie siehst Du denn eigentlich jetzt aus? Ich denke mir ein schmales, dünnes Gör mit dunklen aufgerissenen Augen und zotteligem Haar; kannst mir auch mal eine Photographie verehren, hörst Du?</p> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Dein alter Spielbruder Axel.</hi> </salute> </closer> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="letter" n="2"> <head>Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen.</head> <dateline> <hi rendition="#right">Wedel, 15. September 1892.</hi> </dateline> <p>Lieber Axel! Entschuldige, daß ich Dir heute erst antworte, es war mal wieder eine Hetzwoche für mich: </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [311/0319]
den ich immer um den Finger gewickelt habe! Man muß es nur schlau anfangen; o, ich wollte es schon machen! Dein Papa kann noch viel lernen, er ist ja noch ziemlich jung, so Mitte der Vierzig, nicht wahr? Der hat noch lange nicht abgeschlossen. Dazu hat man seine Eltern, daß man sie ein bißchen weiter bringt. Ich – wenn ich welche hätte – Mustereltern sollten es sein! Mamachen war es ja schon, solch eine Frau gibt es nie wieder. Wenn sie noch lebte, dann hättest Du es einfach, sie würde Dir so thatkräftig geholfen haben. Besser bleibt es, Du hilfst Dir selbst. Ich stehe Dir in jeder Beziehung zu Diensten. Ob ich dabei einen Schnurrbart habe oder nicht, scheint mir ziemlich überflüssig. Sollte es Dich aber doch interessiren, so brauchst Du es nur zu sagen, ich schicke Dir dann Puhlsens letzte Amateuraufnahme, sie ist viel gelungener als das milchige Bild von mir, das Du erwähnst. Wie siehst Du denn eigentlich jetzt aus? Ich denke mir ein schmales, dünnes Gör mit dunklen aufgerissenen Augen und zotteligem Haar; kannst mir auch mal eine Photographie verehren, hörst Du?
Dein alter Spielbruder Axel.
Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen. Wedel, 15. September 1892. Lieber Axel! Entschuldige, daß ich Dir heute erst antworte, es war mal wieder eine Hetzwoche für mich:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/319 |
Zitationshilfe: | Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/319>, abgerufen am 16.02.2025. |