Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

ich kann auch so herum," - sie drehte blitzgeschwind die Daumen umeinander - "das mag ich nicht. - Wollen Sie Thee haben? Mich dünkt, es ist Theewetter! Einen Augenblick."

Sie verschwand in einem Nebenraum; er hörte durch die dünnen Bretterwände ein Blech- und Tassenklappern. Als sie die Spiritusmaschine herausbrachte, trat er ihr hülfreich entgegen, um ihr etwas abstellen zu helfen.

"Bei Ihnen ist man immer gleich zu Haus," sagte er fröhlich, "aber lassen Sie mich helfen! Ich bin Chemiker, soll ich die Milch verwellen, wie man hier sagt?"

Lore belehrte ihn, daß man erstlich zum Thee keine verwellte Milch brauchen könne, und daß zweitens überhaupt keine Milch vorhanden sei. Dennoch gab es ein ganz behagliches Theetrinken mit Brod und Butter und einigem Zwieback. Der kleine eiserne Ofen, von Hausdörffer sündlich überheizt, fing an, eine singende Hitze auszuspeien, und als die Malerin dann eines der großen Dachlukenfenster öffnete, flogen ihnen ein paar zierliche Schneeflocken in die Tassen, schöne sechseckige Sternchen, um die es nur schade war, daß sie in der Wärme so schnell zergingen.

"Werden Sie auch den Winter hier hausen?" fragte Richard etwas ängstlich.

"Ja," sagte sie, den Nolz streichelnd, der sein

ich kann auch so herum,“ – sie drehte blitzgeschwind die Daumen umeinander – „das mag ich nicht. – Wollen Sie Thee haben? Mich dünkt, es ist Theewetter! Einen Augenblick.“

Sie verschwand in einem Nebenraum; er hörte durch die dünnen Bretterwände ein Blech- und Tassenklappern. Als sie die Spiritusmaschine herausbrachte, trat er ihr hülfreich entgegen, um ihr etwas abstellen zu helfen.

„Bei Ihnen ist man immer gleich zu Haus,“ sagte er fröhlich, „aber lassen Sie mich helfen! Ich bin Chemiker, soll ich die Milch verwellen, wie man hier sagt?“

Lore belehrte ihn, daß man erstlich zum Thee keine verwellte Milch brauchen könne, und daß zweitens überhaupt keine Milch vorhanden sei. Dennoch gab es ein ganz behagliches Theetrinken mit Brod und Butter und einigem Zwieback. Der kleine eiserne Ofen, von Hausdörffer sündlich überheizt, fing an, eine singende Hitze auszuspeien, und als die Malerin dann eines der großen Dachlukenfenster öffnete, flogen ihnen ein paar zierliche Schneeflocken in die Tassen, schöne sechseckige Sternchen, um die es nur schade war, daß sie in der Wärme so schnell zergingen.

„Werden Sie auch den Winter hier hausen?“ fragte Richard etwas ängstlich.

„Ja,“ sagte sie, den Nolz streichelnd, der sein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="175"/>
ich kann auch so herum,&#x201C; &#x2013; sie drehte blitzgeschwind die Daumen umeinander &#x2013; &#x201E;das mag ich nicht. &#x2013; Wollen Sie Thee haben? Mich dünkt, es ist Theewetter! Einen Augenblick.&#x201C;</p>
        <p>Sie verschwand in einem Nebenraum; er hörte durch die dünnen Bretterwände ein Blech- und Tassenklappern. Als sie die Spiritusmaschine herausbrachte, trat er ihr hülfreich entgegen, um ihr etwas abstellen zu helfen.</p>
        <p>&#x201E;Bei Ihnen ist man immer gleich zu Haus,&#x201C; sagte er fröhlich, &#x201E;aber lassen Sie mich helfen! Ich bin Chemiker, soll ich die Milch verwellen, wie man hier sagt?&#x201C;</p>
        <p>Lore belehrte ihn, daß man erstlich zum Thee keine verwellte Milch brauchen könne, und daß zweitens überhaupt keine Milch vorhanden sei. Dennoch gab es ein ganz behagliches Theetrinken mit Brod und Butter und einigem Zwieback. Der kleine eiserne Ofen, von Hausdörffer sündlich überheizt, fing an, eine singende Hitze auszuspeien, und als die Malerin dann eines der großen Dachlukenfenster öffnete, flogen ihnen ein paar zierliche Schneeflocken in die Tassen, schöne sechseckige Sternchen, um die es nur schade war, daß sie in der Wärme so schnell zergingen.</p>
        <p>&#x201E;Werden Sie auch den Winter hier hausen?&#x201C; fragte Richard etwas ängstlich.</p>
        <p>&#x201E;Ja,&#x201C; sagte sie, den Nolz streichelnd, der sein
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0183] ich kann auch so herum,“ – sie drehte blitzgeschwind die Daumen umeinander – „das mag ich nicht. – Wollen Sie Thee haben? Mich dünkt, es ist Theewetter! Einen Augenblick.“ Sie verschwand in einem Nebenraum; er hörte durch die dünnen Bretterwände ein Blech- und Tassenklappern. Als sie die Spiritusmaschine herausbrachte, trat er ihr hülfreich entgegen, um ihr etwas abstellen zu helfen. „Bei Ihnen ist man immer gleich zu Haus,“ sagte er fröhlich, „aber lassen Sie mich helfen! Ich bin Chemiker, soll ich die Milch verwellen, wie man hier sagt?“ Lore belehrte ihn, daß man erstlich zum Thee keine verwellte Milch brauchen könne, und daß zweitens überhaupt keine Milch vorhanden sei. Dennoch gab es ein ganz behagliches Theetrinken mit Brod und Butter und einigem Zwieback. Der kleine eiserne Ofen, von Hausdörffer sündlich überheizt, fing an, eine singende Hitze auszuspeien, und als die Malerin dann eines der großen Dachlukenfenster öffnete, flogen ihnen ein paar zierliche Schneeflocken in die Tassen, schöne sechseckige Sternchen, um die es nur schade war, daß sie in der Wärme so schnell zergingen. „Werden Sie auch den Winter hier hausen?“ fragte Richard etwas ängstlich. „Ja,“ sagte sie, den Nolz streichelnd, der sein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/183
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/183>, abgerufen am 24.11.2024.