Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

"Und danach haben Sie die Studie gemalt?" rief er bewundernd.

Lore Berth lachte etwas geringschätzig.

"B'hüt is! Danach hat sie mir viermal gesessen. Na, die Baronin -"

"Ja, was sagte wohl die dazu?"

"O, die sagte unter Anderm allerlei, aber es ging dann in einem hin, wissen Sie."

"Ich glaube, Sie haben dort ganz scheußlich gelitten," sagte Richard mit einem verzweifelten Entschluß, "und sehen Sie, Fräulein, wesentlich darum bin ich heute zu Ihnen gekommen. Es lag mir schwer auf der Seele, seit ich gehört habe -"

"Was haben Sie gehört?"

Ihre Augen bekamen einen zornigen Glanz, die bleichen Nacken erglühten.

"Wenn Sie mir wenigstens nicht grollen möchten!" bat er herzlich mit gesenktem Kopf.

"Ihnen? Ach nein! Nur - die Verse hätten Sie damals weglassen können, das war dumm."

"Ach ja, unmenschlich dumm! Aber wer konnte ahnen - und ich war so frappirt von dem Begegniß. So etwas war ja noch nie dagewesen."

"So, jetzt kann ich Ihnen auch eine Hand geben," machte sie erröthend, "ich war Ihnen zwar sehr böse, als wir uns damals trennten, - Sie waren nicht recht ehrlich zu Werk gegangen, mit richtigen Advokatenkniffen,

„Und danach haben Sie die Studie gemalt?“ rief er bewundernd.

Lore Berth lachte etwas geringschätzig.

„B’hüt is! Danach hat sie mir viermal gesessen. Na, die Baronin –“

„Ja, was sagte wohl die dazu?“

„O, die sagte unter Anderm allerlei, aber es ging dann in einem hin, wissen Sie.“

„Ich glaube, Sie haben dort ganz scheußlich gelitten,“ sagte Richard mit einem verzweifelten Entschluß, „und sehen Sie, Fräulein, wesentlich darum bin ich heute zu Ihnen gekommen. Es lag mir schwer auf der Seele, seit ich gehört habe –“

„Was haben Sie gehört?“

Ihre Augen bekamen einen zornigen Glanz, die bleichen Nacken erglühten.

„Wenn Sie mir wenigstens nicht grollen möchten!“ bat er herzlich mit gesenktem Kopf.

„Ihnen? Ach nein! Nur – die Verse hätten Sie damals weglassen können, das war dumm.“

„Ach ja, unmenschlich dumm! Aber wer konnte ahnen – und ich war so frappirt von dem Begegniß. So etwas war ja noch nie dagewesen.“

„So, jetzt kann ich Ihnen auch eine Hand geben,“ machte sie erröthend, „ich war Ihnen zwar sehr böse, als wir uns damals trennten, – Sie waren nicht recht ehrlich zu Werk gegangen, mit richtigen Advokatenkniffen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0182" n="174"/>
        <p>&#x201E;Und danach haben Sie die Studie gemalt?&#x201C; rief er bewundernd.</p>
        <p>Lore Berth lachte etwas geringschätzig.</p>
        <p>&#x201E;B&#x2019;hüt is! Danach hat sie mir viermal gesessen. Na, die Baronin &#x2013;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ja, was sagte wohl die dazu?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;O, die sagte unter Anderm allerlei, aber es ging dann in einem hin, wissen Sie.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ich glaube, Sie haben dort ganz scheußlich gelitten,&#x201C; sagte Richard mit einem verzweifelten Entschluß, &#x201E;und sehen Sie, Fräulein, wesentlich darum bin ich heute zu Ihnen gekommen. Es lag mir schwer auf der Seele, seit ich gehört habe &#x2013;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Was haben Sie gehört?&#x201C;</p>
        <p>Ihre Augen bekamen einen zornigen Glanz, die bleichen Nacken erglühten.</p>
        <p>&#x201E;Wenn Sie mir wenigstens nicht grollen möchten!&#x201C; bat er herzlich mit gesenktem Kopf.</p>
        <p>&#x201E;Ihnen? Ach nein! Nur &#x2013; die Verse hätten Sie damals weglassen können, das war dumm.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ach ja, unmenschlich dumm! Aber wer konnte ahnen &#x2013; und ich war so frappirt von dem Begegniß. So etwas war ja noch nie dagewesen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;So, jetzt kann ich Ihnen auch eine Hand geben,&#x201C; machte sie erröthend, &#x201E;ich war Ihnen zwar sehr böse, als wir uns damals trennten, &#x2013; Sie waren nicht recht ehrlich zu Werk gegangen, mit richtigen Advokatenkniffen,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0182] „Und danach haben Sie die Studie gemalt?“ rief er bewundernd. Lore Berth lachte etwas geringschätzig. „B’hüt is! Danach hat sie mir viermal gesessen. Na, die Baronin –“ „Ja, was sagte wohl die dazu?“ „O, die sagte unter Anderm allerlei, aber es ging dann in einem hin, wissen Sie.“ „Ich glaube, Sie haben dort ganz scheußlich gelitten,“ sagte Richard mit einem verzweifelten Entschluß, „und sehen Sie, Fräulein, wesentlich darum bin ich heute zu Ihnen gekommen. Es lag mir schwer auf der Seele, seit ich gehört habe –“ „Was haben Sie gehört?“ Ihre Augen bekamen einen zornigen Glanz, die bleichen Nacken erglühten. „Wenn Sie mir wenigstens nicht grollen möchten!“ bat er herzlich mit gesenktem Kopf. „Ihnen? Ach nein! Nur – die Verse hätten Sie damals weglassen können, das war dumm.“ „Ach ja, unmenschlich dumm! Aber wer konnte ahnen – und ich war so frappirt von dem Begegniß. So etwas war ja noch nie dagewesen.“ „So, jetzt kann ich Ihnen auch eine Hand geben,“ machte sie erröthend, „ich war Ihnen zwar sehr böse, als wir uns damals trennten, – Sie waren nicht recht ehrlich zu Werk gegangen, mit richtigen Advokatenkniffen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/182
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/182>, abgerufen am 24.11.2024.