Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

"Haben Sie Andres erwartet?" sagte Wolff mit¬
leidig lächelnd. "Aber fügen Sie noch hinzu: "Und
so gewinnt man Freunde, da klingt's doch gleich a
bissel besser."

Alfred drückte ihm mit einer Art Schwärmerei
die Hand.

"Werd' ich von Ihnen hören?"

"Ich schick' Ihnen den Trauerbrief, wenn's so¬
weit ist," murmelte der Maler.

Wieder gingen sie eine Weile schweigend neben
einander her.

"Ich soll Fräulein Loni Ihre Abschiedsgrüße
bringen?" fing Alfred wieder an.

"Wenn sie nach mir fragt, eher nicht; verhin¬
dern Sie nur, daß sie sich verliebt, verlobt u. s. w.;
und reden Sie Gutes von mir. -- Sie selbst, nicht
wahr -- --"

Er sah Alfred mit einem langen, prüfenden
Blick in die Augen, die ihn sicher und freudig er¬
widerten.

"Gut Freund," wiederholte der junge Bildhauer
ernst, "Sie dürfen mir vertrauen."

Mit einem festen Händedruck sagten sie sich Lebe¬
wohl. -- -- --

Alfred Heuvels war seit jenem Sonntag nicht
in der Villa Spitzer gewesen und hatte nur den
Alten einmal in seinem Atelier unter den Rokoko¬

„Haben Sie Andres erwartet?“ ſagte Wolff mit¬
leidig lächelnd. „Aber fügen Sie noch hinzu: „Und
ſo gewinnt man Freunde, da klingt's doch gleich a
biſſel beſſer.“

Alfred drückte ihm mit einer Art Schwärmerei
die Hand.

„Werd' ich von Ihnen hören?“

„Ich ſchick' Ihnen den Trauerbrief, wenn's ſo¬
weit iſt,“ murmelte der Maler.

Wieder gingen ſie eine Weile ſchweigend neben
einander her.

„Ich ſoll Fräulein Loni Ihre Abſchiedsgrüße
bringen?“ fing Alfred wieder an.

„Wenn ſie nach mir fragt, eher nicht; verhin¬
dern Sie nur, daß ſie ſich verliebt, verlobt u. ſ. w.;
und reden Sie Gutes von mir. — Sie ſelbſt, nicht
wahr — —“

Er ſah Alfred mit einem langen, prüfenden
Blick in die Augen, die ihn ſicher und freudig er¬
widerten.

„Gut Freund,“ wiederholte der junge Bildhauer
ernſt, „Sie dürfen mir vertrauen.“

Mit einem feſten Händedruck ſagten ſie ſich Lebe¬
wohl. — — —

Alfred Heuvels war ſeit jenem Sonntag nicht
in der Villa Spitzer geweſen und hatte nur den
Alten einmal in ſeinem Atelier unter den Rokoko¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0069" n="53"/>
        <p>&#x201E;Haben Sie Andres erwartet?&#x201C; &#x017F;agte Wolff mit¬<lb/>
leidig lächelnd. &#x201E;Aber fügen Sie noch hinzu: &#x201E;Und<lb/>
&#x017F;o gewinnt man Freunde, da klingt's doch gleich a<lb/>
bi&#x017F;&#x017F;el be&#x017F;&#x017F;er.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Alfred drückte ihm mit einer Art Schwärmerei<lb/>
die Hand.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Werd' ich von Ihnen hören?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich &#x017F;chick' Ihnen den Trauerbrief, wenn's &#x017F;<lb/>
weit i&#x017F;t,&#x201C; murmelte der Maler.</p><lb/>
        <p>Wieder gingen &#x017F;ie eine Weile &#x017F;chweigend neben<lb/>
einander her.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich &#x017F;oll Fräulein Loni Ihre Ab&#x017F;chiedsgrüße<lb/>
bringen?&#x201C; fing Alfred wieder an.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn &#x017F;ie nach mir fragt, eher nicht; verhin¬<lb/>
dern Sie nur, daß &#x017F;ie &#x017F;ich verliebt, verlobt u. &#x017F;. w.;<lb/>
und reden Sie Gutes von mir. &#x2014; Sie &#x017F;elb&#x017F;t, nicht<lb/>
wahr &#x2014; &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er &#x017F;ah Alfred mit einem langen, prüfenden<lb/>
Blick in die Augen, die ihn &#x017F;icher und freudig er¬<lb/>
widerten.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gut Freund,&#x201C; wiederholte der junge Bildhauer<lb/>
ern&#x017F;t, &#x201E;Sie dürfen mir vertrauen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Mit einem fe&#x017F;ten Händedruck &#x017F;agten &#x017F;ie &#x017F;ich Lebe¬<lb/>
wohl. &#x2014; &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Alfred Heuvels war &#x017F;eit jenem Sonntag nicht<lb/>
in der Villa Spitzer gewe&#x017F;en und hatte nur den<lb/>
Alten einmal in &#x017F;einem Atelier unter den Rokoko¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0069] „Haben Sie Andres erwartet?“ ſagte Wolff mit¬ leidig lächelnd. „Aber fügen Sie noch hinzu: „Und ſo gewinnt man Freunde, da klingt's doch gleich a biſſel beſſer.“ Alfred drückte ihm mit einer Art Schwärmerei die Hand. „Werd' ich von Ihnen hören?“ „Ich ſchick' Ihnen den Trauerbrief, wenn's ſo¬ weit iſt,“ murmelte der Maler. Wieder gingen ſie eine Weile ſchweigend neben einander her. „Ich ſoll Fräulein Loni Ihre Abſchiedsgrüße bringen?“ fing Alfred wieder an. „Wenn ſie nach mir fragt, eher nicht; verhin¬ dern Sie nur, daß ſie ſich verliebt, verlobt u. ſ. w.; und reden Sie Gutes von mir. — Sie ſelbſt, nicht wahr — —“ Er ſah Alfred mit einem langen, prüfenden Blick in die Augen, die ihn ſicher und freudig er¬ widerten. „Gut Freund,“ wiederholte der junge Bildhauer ernſt, „Sie dürfen mir vertrauen.“ Mit einem feſten Händedruck ſagten ſie ſich Lebe¬ wohl. — — — Alfred Heuvels war ſeit jenem Sonntag nicht in der Villa Spitzer geweſen und hatte nur den Alten einmal in ſeinem Atelier unter den Rokoko¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/69
Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/69>, abgerufen am 27.11.2024.