Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.und von den Schultern tief herabhängend, die Schön¬ "Hab ich Dir nicht Freitag eins gegeben?" rief Die Kleine zeigte auf ein anderes Mädchen, das "Die Luis' hat's. Sie hat kalt gehabt." "Und Dich friert's nicht, Babett?" Sie schüttelte den Kopf. "Sternthaler," sagte Alfred für sich, "das ist es, Er nahm ein Blatt Papier und fing an zu zeich¬ und von den Schultern tief herabhängend, die Schön¬ „Hab ich Dir nicht Freitag eins gegeben?“ rief Die Kleine zeigte auf ein anderes Mädchen, das „Die Luiſ' hat's. Sie hat kalt gehabt.“ „Und Dich friert's nicht, Babett?“ Sie ſchüttelte den Kopf. „Sternthaler,“ ſagte Alfred für ſich, „das iſt es, Er nahm ein Blatt Papier und fing an zu zeich¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="47"/> und von den Schultern tief herabhängend, die Schön¬<lb/> heit des Kindes ſtand faſt unbekleidet vor ihm.<lb/> Nein, das war kein Rothkäppchen, kein ſchelmiſches,<lb/> von der Großmutter verhätſcheltes, von der Mutter<lb/> gut gehaltenes Dirnlein. Auch kein Schneewittchen,<lb/> kein ſchwarzhaariges, trauriges Königskind; — das<lb/> war die Schönheit im Bettelkleid, die noch reich iſt,<lb/> weil ſie ihre blauen Augen hat und den blauen<lb/> Himmel über ſich. „Haſt Du kein Tuch, Babett?“<lb/> ſagte der junge Bildhauer mitleidig. Das Kind<lb/> ſchüttelte die vollen blonden Locken.</p><lb/> <p>„Hab ich Dir nicht Freitag eins gegeben?“ rief<lb/> der Maler ſich umdrehend.</p><lb/> <p>Die Kleine zeigte auf ein anderes Mädchen, das<lb/> ſich plötzlich ängſtlich zuſammenduckte, als erwarte es<lb/> etwas Schlimmes.</p><lb/> <p>„Die Luiſ' hat's. Sie hat kalt gehabt.“</p><lb/> <p>„Und Dich friert's nicht, Babett?“</p><lb/> <p>Sie ſchüttelte den Kopf.</p><lb/> <p>„Sternthaler,“ ſagte Alfred für ſich, „das iſt es,<lb/> freilich! könnt ich nur gleich anfangen.“</p><lb/> <p>Er nahm ein Blatt Papier und fing an zu zeich¬<lb/> nen, um nur ſeine Ungeduld gleich etwas zu be¬<lb/> ſchwichtigen. Dann lief er wieder in den neuerwor¬<lb/> benen Raum und beſichtigte den Ofen, beſtellte eine<lb/> Menge Feuerung und heizte endlich ſelbſt, damit der<lb/> Ort bald bewohnbar werde. Mit einer großen Er¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0063]
und von den Schultern tief herabhängend, die Schön¬
heit des Kindes ſtand faſt unbekleidet vor ihm.
Nein, das war kein Rothkäppchen, kein ſchelmiſches,
von der Großmutter verhätſcheltes, von der Mutter
gut gehaltenes Dirnlein. Auch kein Schneewittchen,
kein ſchwarzhaariges, trauriges Königskind; — das
war die Schönheit im Bettelkleid, die noch reich iſt,
weil ſie ihre blauen Augen hat und den blauen
Himmel über ſich. „Haſt Du kein Tuch, Babett?“
ſagte der junge Bildhauer mitleidig. Das Kind
ſchüttelte die vollen blonden Locken.
„Hab ich Dir nicht Freitag eins gegeben?“ rief
der Maler ſich umdrehend.
Die Kleine zeigte auf ein anderes Mädchen, das
ſich plötzlich ängſtlich zuſammenduckte, als erwarte es
etwas Schlimmes.
„Die Luiſ' hat's. Sie hat kalt gehabt.“
„Und Dich friert's nicht, Babett?“
Sie ſchüttelte den Kopf.
„Sternthaler,“ ſagte Alfred für ſich, „das iſt es,
freilich! könnt ich nur gleich anfangen.“
Er nahm ein Blatt Papier und fing an zu zeich¬
nen, um nur ſeine Ungeduld gleich etwas zu be¬
ſchwichtigen. Dann lief er wieder in den neuerwor¬
benen Raum und beſichtigte den Ofen, beſtellte eine
Menge Feuerung und heizte endlich ſelbſt, damit der
Ort bald bewohnbar werde. Mit einer großen Er¬
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