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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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zum Bewußtsein. Als er ein leises Rascheln hörte,
fuhr er zusammen und tastete noch im Dunkeln auf
seiner Bettdecke umher, ob nicht etwa das Kätzchen
wieder dasitze. Er fand natürlich nichts, nur auf dem
Fußboden lag ein Brief, den der Postbote durch die
Thürritze geschoben haben mochte. Bei der unruhig
flackernden Kerze las er die Adresse; es war seines
Meisters Handschrift; er legte den Brief ungelesen bei
Seit'. Doch war mit den bekannten markigen Zügen
soviel Tageslicht in seine Dämmerung gefallen, daß
er sich wieder einmal wie einen Dritten, der ihn nicht
viel anging, betrachten konnte. Also weil man das
Höchste nicht erreichen kann, zum Faullenzer werden,
der überhaupt nicht mehr den Finger rührt; weil
man auf eine schöne Stimme gehorcht, die leider einem
häßlichen Körper gehört, sich einreden, man sei ver¬
liebt, natürlich hoffnungslos, unglücklich! So also
hat das Leben bei meinem ersten Ausflug auf mich
gewirkt; so schwach findet es mich. Bin ich aber
schwach, so tauge ich nichts und thäte gut, mich sel¬
ber zu begraben. Hab' ich dazu Lust? Ach nein,
auch das nicht! Was will ich denn? Nun, etwas
leisten und glücklich sein! Gut, so fange an lieber
zu arbeiten, gleich morgen schon! Und verliebe Dich
nicht wieder in eine Stimme ohne Körper. Die Stimme
ist Dir aus dem Weg gegangen, Du hast's ja

zum Bewußtſein. Als er ein leiſes Raſcheln hörte,
fuhr er zuſammen und taſtete noch im Dunkeln auf
ſeiner Bettdecke umher, ob nicht etwa das Kätzchen
wieder daſitze. Er fand natürlich nichts, nur auf dem
Fußboden lag ein Brief, den der Poſtbote durch die
Thürritze geſchoben haben mochte. Bei der unruhig
flackernden Kerze las er die Adreſſe; es war ſeines
Meiſters Handſchrift; er legte den Brief ungeleſen bei
Seit'. Doch war mit den bekannten markigen Zügen
ſoviel Tageslicht in ſeine Dämmerung gefallen, daß
er ſich wieder einmal wie einen Dritten, der ihn nicht
viel anging, betrachten konnte. Alſo weil man das
Höchſte nicht erreichen kann, zum Faullenzer werden,
der überhaupt nicht mehr den Finger rührt; weil
man auf eine ſchöne Stimme gehorcht, die leider einem
häßlichen Körper gehört, ſich einreden, man ſei ver¬
liebt, natürlich hoffnungslos, unglücklich! So alſo
hat das Leben bei meinem erſten Ausflug auf mich
gewirkt; ſo ſchwach findet es mich. Bin ich aber
ſchwach, ſo tauge ich nichts und thäte gut, mich ſel¬
ber zu begraben. Hab' ich dazu Luſt? Ach nein,
auch das nicht! Was will ich denn? Nun, etwas
leiſten und glücklich ſein! Gut, ſo fange an lieber
zu arbeiten, gleich morgen ſchon! Und verliebe Dich
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[42/0058] zum Bewußtſein. Als er ein leiſes Raſcheln hörte, fuhr er zuſammen und taſtete noch im Dunkeln auf ſeiner Bettdecke umher, ob nicht etwa das Kätzchen wieder daſitze. Er fand natürlich nichts, nur auf dem Fußboden lag ein Brief, den der Poſtbote durch die Thürritze geſchoben haben mochte. Bei der unruhig flackernden Kerze las er die Adreſſe; es war ſeines Meiſters Handſchrift; er legte den Brief ungeleſen bei Seit'. Doch war mit den bekannten markigen Zügen ſoviel Tageslicht in ſeine Dämmerung gefallen, daß er ſich wieder einmal wie einen Dritten, der ihn nicht viel anging, betrachten konnte. Alſo weil man das Höchſte nicht erreichen kann, zum Faullenzer werden, der überhaupt nicht mehr den Finger rührt; weil man auf eine ſchöne Stimme gehorcht, die leider einem häßlichen Körper gehört, ſich einreden, man ſei ver¬ liebt, natürlich hoffnungslos, unglücklich! So alſo hat das Leben bei meinem erſten Ausflug auf mich gewirkt; ſo ſchwach findet es mich. Bin ich aber ſchwach, ſo tauge ich nichts und thäte gut, mich ſel¬ ber zu begraben. Hab' ich dazu Luſt? Ach nein, auch das nicht! Was will ich denn? Nun, etwas leiſten und glücklich ſein! Gut, ſo fange an lieber zu arbeiten, gleich morgen ſchon! Und verliebe Dich nicht wieder in eine Stimme ohne Körper. Die Stimme iſt Dir aus dem Weg gegangen, Du haſt's ja

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/58>, abgerufen am 24.11.2024.