Stachelbeerblättchen. Dort war es schön gewesen. War es das? Hatte er sich nicht Jahr für Jahr weggesehnt von dort? Und nun schien er sich so fremd in der Welt, "so allein wie ein Stein", wie ein altes Lied sagt.
"Aha, da kommen sie ja! Der Muckerl und der Storch, und der Kanonenjockel, guten Tag, Jockerl -- und der Herr Baron und der Bub', gieb e Patsch, Bub', au! nit so derb! Ja, wo ist denn der Papa?"
Die Ausrufe kamen von Fräulein Loni, die in¬ mitten eines Kreises von fünf jungen Männern stand, die eben hereingetreten waren. Alfred suchte mit den Augen nach dem "Buben", doch konnte er keinen erblicken, auf den die Bezeichnung gepaßt hätte.
"Da ist noch Einer," hörte er jetzt Loni sagen und dann "schau'ns, da steht er; ach bitt' schön, Herr, wie heißen Sie doch gleich? ich möcht' die Herr¬ schaften mit einander bekannt machen."
Alfred trat etwas verwundert näher und hörte nun fünf Namen, die aber von seinem Trommelfell vorläufig gleich wieder abprallten.
Es war weder ein Herr Storch noch ein Baron darunter, doch schloß er bald, daß der Ueberschlanke, der ihr zur Rechten stand, von dem Fräulein mit dem Vogelnamen ausgezeichnet worden. Der, den sie jetzt wieder "Bub" nannte, hatte einen stattlichen
Stachelbeerblättchen. Dort war es ſchön geweſen. War es das? Hatte er ſich nicht Jahr für Jahr weggeſehnt von dort? Und nun ſchien er ſich ſo fremd in der Welt, „ſo allein wie ein Stein“, wie ein altes Lied ſagt.
„Aha, da kommen ſie ja! Der Muckerl und der Storch, und der Kanonenjockel, guten Tag, Jockerl — und der Herr Baron und der Bub', gieb e Patſch, Bub', au! nit ſo derb! Ja, wo iſt denn der Papa?“
Die Ausrufe kamen von Fräulein Loni, die in¬ mitten eines Kreiſes von fünf jungen Männern ſtand, die eben hereingetreten waren. Alfred ſuchte mit den Augen nach dem „Buben“, doch konnte er keinen erblicken, auf den die Bezeichnung gepaßt hätte.
„Da iſt noch Einer,“ hörte er jetzt Loni ſagen und dann „ſchau'ns, da ſteht er; ach bitt' ſchön, Herr, wie heißen Sie doch gleich? ich möcht' die Herr¬ ſchaften mit einander bekannt machen.“
Alfred trat etwas verwundert näher und hörte nun fünf Namen, die aber von ſeinem Trommelfell vorläufig gleich wieder abprallten.
Es war weder ein Herr Storch noch ein Baron darunter, doch ſchloß er bald, daß der Ueberſchlanke, der ihr zur Rechten ſtand, von dem Fräulein mit dem Vogelnamen ausgezeichnet worden. Der, den ſie jetzt wieder „Bub“ nannte, hatte einen ſtattlichen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0046"n="30"/>
Stachelbeerblättchen. Dort war es ſchön geweſen.<lb/>
War es das? Hatte er ſich nicht Jahr für Jahr<lb/>
weggeſehnt von dort? Und nun ſchien er ſich ſo<lb/>
fremd in der Welt, „ſo allein wie ein Stein“, wie<lb/>
ein altes Lied ſagt.</p><lb/><p>„Aha, da kommen ſie ja! Der Muckerl und<lb/>
der Storch, und der Kanonenjockel, guten Tag, Jockerl<lb/>— und der Herr Baron und der Bub', gieb e<lb/>
Patſch, Bub', au! nit ſo derb! Ja, wo iſt denn der<lb/>
Papa?“</p><lb/><p>Die Ausrufe kamen von Fräulein Loni, die in¬<lb/>
mitten eines Kreiſes von fünf jungen Männern ſtand,<lb/>
die eben hereingetreten waren. Alfred ſuchte mit den<lb/>
Augen nach dem „Buben“, doch konnte er keinen<lb/>
erblicken, auf den die Bezeichnung gepaßt hätte.</p><lb/><p>„Da iſt noch Einer,“ hörte er jetzt Loni ſagen<lb/>
und dann „ſchau'ns, da ſteht er; ach bitt' ſchön, Herr,<lb/>
wie heißen Sie doch gleich? ich möcht' die Herr¬<lb/>ſchaften mit einander bekannt machen.“</p><lb/><p>Alfred trat etwas verwundert näher und hörte<lb/>
nun fünf Namen, die aber von ſeinem Trommelfell<lb/>
vorläufig gleich wieder abprallten.</p><lb/><p>Es war weder ein Herr Storch noch ein Baron<lb/>
darunter, doch ſchloß er bald, daß der Ueberſchlanke,<lb/>
der ihr zur Rechten ſtand, von dem Fräulein mit<lb/>
dem Vogelnamen ausgezeichnet worden. Der, den ſie<lb/>
jetzt wieder „Bub“ nannte, hatte einen ſtattlichen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[30/0046]
Stachelbeerblättchen. Dort war es ſchön geweſen.
War es das? Hatte er ſich nicht Jahr für Jahr
weggeſehnt von dort? Und nun ſchien er ſich ſo
fremd in der Welt, „ſo allein wie ein Stein“, wie
ein altes Lied ſagt.
„Aha, da kommen ſie ja! Der Muckerl und
der Storch, und der Kanonenjockel, guten Tag, Jockerl
— und der Herr Baron und der Bub', gieb e
Patſch, Bub', au! nit ſo derb! Ja, wo iſt denn der
Papa?“
Die Ausrufe kamen von Fräulein Loni, die in¬
mitten eines Kreiſes von fünf jungen Männern ſtand,
die eben hereingetreten waren. Alfred ſuchte mit den
Augen nach dem „Buben“, doch konnte er keinen
erblicken, auf den die Bezeichnung gepaßt hätte.
„Da iſt noch Einer,“ hörte er jetzt Loni ſagen
und dann „ſchau'ns, da ſteht er; ach bitt' ſchön, Herr,
wie heißen Sie doch gleich? ich möcht' die Herr¬
ſchaften mit einander bekannt machen.“
Alfred trat etwas verwundert näher und hörte
nun fünf Namen, die aber von ſeinem Trommelfell
vorläufig gleich wieder abprallten.
Es war weder ein Herr Storch noch ein Baron
darunter, doch ſchloß er bald, daß der Ueberſchlanke,
der ihr zur Rechten ſtand, von dem Fräulein mit
dem Vogelnamen ausgezeichnet worden. Der, den ſie
jetzt wieder „Bub“ nannte, hatte einen ſtattlichen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/46>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.