blick nicht, aber er solle nur ins Atelier komme, so oft es ihm beliebe. Leider war dieses Meisters Kön¬ nen nicht nach Alfreds Geschmack. Diese handhohen Rokokofigürchen mit den Blumenkörbchen und schiefen Hütchen, diese tragikomischen Katzengruppen, so ge¬ schickt sie gemacht waren, erschienen ihm wie Zucker¬ bäckerkunststücke, und er staunte innerlich über den Eifer und Stolz, womit der Mann, der sich Bild¬ hauer nannte, diese Zierlichkeiten verfertigte. Seine Entwürfe gingen immer ins Große. Aber der be¬ häbige Meister meinte ganz trocken, seine Püppchen seien weit einträglicher, die könne ein Jeder brauchen, auf Schreibtisch oder Kommodenkasten. Zur Be¬ kräftigung dieser Wahrheit führte er ihn eines Sonn¬ tagsnachmittags vor sein hübsches Gartenhaus, das ihm seine Miniatur-Kunst eingebracht hatte. Es trug denn auch dasselbe zuckerige Gepräge, wie Alles, was er machte, war mit Säulchen, Thürmchen, Amoretten¬ fresken und Figuren in Nischen überreich verziert, und an einem Springbrünnchen im Garten saß, wie eine lebendig gewordene Puppe ihres Papas, die Tochter des Bildhauers in einem kurzen hochgebauschten Röck¬ chen, das unvermeidliche Blumentellerchen auf dem kurzen Lockenwerk. Sie hieß Fräulein Appolonia oder "Loni", wie sie sich selbst vorstellte, war siebzehn Jahre alt, wie sie hinzufügte, und hatte ein pikantes Gesichtchen mit hochgeschwungenen Augenbrauen und
blick nicht, aber er ſolle nur ins Atelier komme, ſo oft es ihm beliebe. Leider war dieſes Meiſters Kön¬ nen nicht nach Alfreds Geſchmack. Dieſe handhohen Rokokofigürchen mit den Blumenkörbchen und ſchiefen Hütchen, dieſe tragikomiſchen Katzengruppen, ſo ge¬ ſchickt ſie gemacht waren, erſchienen ihm wie Zucker¬ bäckerkunſtſtücke, und er ſtaunte innerlich über den Eifer und Stolz, womit der Mann, der ſich Bild¬ hauer nannte, dieſe Zierlichkeiten verfertigte. Seine Entwürfe gingen immer ins Große. Aber der be¬ häbige Meiſter meinte ganz trocken, ſeine Püppchen ſeien weit einträglicher, die könne ein Jeder brauchen, auf Schreibtiſch oder Kommodenkaſten. Zur Be¬ kräftigung dieſer Wahrheit führte er ihn eines Sonn¬ tagsnachmittags vor ſein hübſches Gartenhaus, das ihm ſeine Miniatur-Kunſt eingebracht hatte. Es trug denn auch dasſelbe zuckerige Gepräge, wie Alles, was er machte, war mit Säulchen, Thürmchen, Amoretten¬ fresken und Figuren in Niſchen überreich verziert, und an einem Springbrünnchen im Garten ſaß, wie eine lebendig gewordene Puppe ihres Papas, die Tochter des Bildhauers in einem kurzen hochgebauſchten Röck¬ chen, das unvermeidliche Blumentellerchen auf dem kurzen Lockenwerk. Sie hieß Fräulein Appolonia oder „Loni“, wie ſie ſich ſelbſt vorſtellte, war ſiebzehn Jahre alt, wie ſie hinzufügte, und hatte ein pikantes Geſichtchen mit hochgeſchwungenen Augenbrauen und
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blick nicht, aber er ſolle nur ins Atelier komme, ſo
oft es ihm beliebe. Leider war dieſes Meiſters Kön¬
nen nicht nach Alfreds Geſchmack. Dieſe handhohen
Rokokofigürchen mit den Blumenkörbchen und ſchiefen
Hütchen, dieſe tragikomiſchen Katzengruppen, ſo ge¬
ſchickt ſie gemacht waren, erſchienen ihm wie Zucker¬
bäckerkunſtſtücke, und er ſtaunte innerlich über den
Eifer und Stolz, womit der Mann, der ſich Bild¬
hauer nannte, dieſe Zierlichkeiten verfertigte. Seine
Entwürfe gingen immer ins Große. Aber der be¬
häbige Meiſter meinte ganz trocken, ſeine Püppchen
ſeien weit einträglicher, die könne ein Jeder brauchen,
auf Schreibtiſch oder Kommodenkaſten. Zur Be¬
kräftigung dieſer Wahrheit führte er ihn eines Sonn¬
tagsnachmittags vor ſein hübſches Gartenhaus, das
ihm ſeine Miniatur-Kunſt eingebracht hatte. Es trug
denn auch dasſelbe zuckerige Gepräge, wie Alles, was
er machte, war mit Säulchen, Thürmchen, Amoretten¬
fresken und Figuren in Niſchen überreich verziert, und
an einem Springbrünnchen im Garten ſaß, wie eine
lebendig gewordene Puppe ihres Papas, die Tochter
des Bildhauers in einem kurzen hochgebauſchten Röck¬
chen, das unvermeidliche Blumentellerchen auf dem
kurzen Lockenwerk. Sie hieß Fräulein Appolonia
oder „Loni“, wie ſie ſich ſelbſt vorſtellte, war ſiebzehn
Jahre alt, wie ſie hinzufügte, und hatte ein pikantes
Geſichtchen mit hochgeſchwungenen Augenbrauen und
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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/44>, abgerufen am 24.11.2024.
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