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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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Hülfe, denn wie sollt ich den Koffer wegschaffen?
Wenigstens wird doch der Nitzsch so viel Cavalier
sein, daß er mir den Koffer nausschafft, denk ich.
Aber nein, Frau Selma, in unserm Alter da ist
Spiel und Tanz vorbei! Sie werden's auch schon er¬
fahren haben, arme Seel'. Ich allein mit meinen
schwachen Kräften mußt' den schweren Handkoffer
hinauszerren, und wie ich, -- kaum noch konnt' ich
schnaufen, -- über dem Gang auf der Haustreppe
stehe, seh ich den Landrath mit 'em Perspectiv in
der Hand auf den Stufen auf seinem eignen Koffer
sitzen, und wie ich ihm zurufe, schreit er: "Na, wir
können froh sein, daß wir hier trocken sitzen; da geht
es bös' her, die alten hölzernen Baracken brennen,
als wenn's Kartenhäuser wären." Ich setzte mich
also neben ihn und kriegte auch mein Perspectiv vor,
denn auf der Steintreppe war's nit gefährlich.
Sieben Häuser brannten auf einmal, lichterloh, und
es war ein Geschrei, daß man sein eigen Wort kaum
versteh'n konnt'. Auch im Bräuhaus und in der
Post saßen die Gäste mit ihrem Gepäck auf der
Treppe, die meisten aber stellten sich in Reih und
Glied auf, vom Bach bis zur Brandstätte, und ließen
die Feuereimer durch die Hände geh'n, denn eine
Feuerspritz schien hier ganz unbekannt zu sein. Die
paar Tropferln machten natürlich nicht viel aus, und
es brannte immer ärger. Alles kam mit dem bisserl

Hülfe, denn wie ſollt ich den Koffer wegſchaffen?
Wenigſtens wird doch der Nitzſch ſo viel Cavalier
ſein, daß er mir den Koffer nausſchafft, denk ich.
Aber nein, Frau Selma, in unſerm Alter da iſt
Spiel und Tanz vorbei! Sie werden's auch ſchon er¬
fahren haben, arme Seel'. Ich allein mit meinen
ſchwachen Kräften mußt' den ſchweren Handkoffer
hinauszerren, und wie ich, — kaum noch konnt' ich
ſchnaufen, — über dem Gang auf der Haustreppe
ſtehe, ſeh ich den Landrath mit 'em Perſpectiv in
der Hand auf den Stufen auf ſeinem eignen Koffer
ſitzen, und wie ich ihm zurufe, ſchreit er: „Na, wir
können froh ſein, daß wir hier trocken ſitzen; da geht
es böſ' her, die alten hölzernen Baracken brennen,
als wenn's Kartenhäuſer wären.“ Ich ſetzte mich
alſo neben ihn und kriegte auch mein Perſpectiv vor,
denn auf der Steintreppe war's nit gefährlich.
Sieben Häuſer brannten auf einmal, lichterloh, und
es war ein Geſchrei, daß man ſein eigen Wort kaum
verſteh'n konnt'. Auch im Bräuhaus und in der
Poſt ſaßen die Gäſte mit ihrem Gepäck auf der
Treppe, die meiſten aber ſtellten ſich in Reih und
Glied auf, vom Bach bis zur Brandſtätte, und ließen
die Feuereimer durch die Hände geh'n, denn eine
Feuerſpritz ſchien hier ganz unbekannt zu ſein. Die
paar Tropferln machten natürlich nicht viel aus, und
es brannte immer ärger. Alles kam mit dem biſſerl

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[255/0271] Hülfe, denn wie ſollt ich den Koffer wegſchaffen? Wenigſtens wird doch der Nitzſch ſo viel Cavalier ſein, daß er mir den Koffer nausſchafft, denk ich. Aber nein, Frau Selma, in unſerm Alter da iſt Spiel und Tanz vorbei! Sie werden's auch ſchon er¬ fahren haben, arme Seel'. Ich allein mit meinen ſchwachen Kräften mußt' den ſchweren Handkoffer hinauszerren, und wie ich, — kaum noch konnt' ich ſchnaufen, — über dem Gang auf der Haustreppe ſtehe, ſeh ich den Landrath mit 'em Perſpectiv in der Hand auf den Stufen auf ſeinem eignen Koffer ſitzen, und wie ich ihm zurufe, ſchreit er: „Na, wir können froh ſein, daß wir hier trocken ſitzen; da geht es böſ' her, die alten hölzernen Baracken brennen, als wenn's Kartenhäuſer wären.“ Ich ſetzte mich alſo neben ihn und kriegte auch mein Perſpectiv vor, denn auf der Steintreppe war's nit gefährlich. Sieben Häuſer brannten auf einmal, lichterloh, und es war ein Geſchrei, daß man ſein eigen Wort kaum verſteh'n konnt'. Auch im Bräuhaus und in der Poſt ſaßen die Gäſte mit ihrem Gepäck auf der Treppe, die meiſten aber ſtellten ſich in Reih und Glied auf, vom Bach bis zur Brandſtätte, und ließen die Feuereimer durch die Hände geh'n, denn eine Feuerſpritz ſchien hier ganz unbekannt zu ſein. Die paar Tropferln machten natürlich nicht viel aus, und es brannte immer ärger. Alles kam mit dem biſſerl

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/271>, abgerufen am 28.11.2024.