solchen Hans Narren halte, und doch war er ein bis¬ chen enttäuscht, jetzt, daß man ihn so garnicht nöthig hatte und er die Andern, ach, so sehr.
Als er nach dem frühzeitigen Schluß des Spiels fröstelnd durch die rauhe Nacht heimging, zauderte er mehr als einmal vor einem hellen Fenster. Kann ich nicht hinein gehen zu denen, die da vertraut bei¬ sammen sitzen? Bitten, gönnt mir euer Wort, euer Licht und eure Herdflamme; ich bin auch ein Mensch und komme weit her und freue mich so, daß ich da bin? -- Kopfschüttelnd schritt er weiter, solche Ein¬ fälle führt man nicht aus. Er hätte vielleicht in einem der zahlreichen Cafes oder Bierkeller noch gute Gesellschaft gefunden, aber war nicht gewohnt, ins Wirthshaus zu gehen. Das hatte in Hamburg wenig Verlockendes, außer, wenn man hungrig war, -- von dem andern Lebenszuschnitt hier wußte er noch nicht recht.
In seinem Zimmer flackerte ein bescheidenes Feuer¬ chen, der große weißblaue Ofen fühlte sich noch kühl an. Er entzündete das Licht, löschte es aber bald wieder, denn das dünne trübselige Flämmchen reichte nur eben hin, den warmen Ofenschein zu verjagen, nicht aber das Gemach zu erhellen. Wie er noch so brütend dasaß, drang aus der Nähe irgendwo, aber doch wie gedämpft durch die Nacht, eine reiche volle Stimme herein, die ein sanftes einfaches Lied sang.
ſolchen Hans Narren halte, und doch war er ein bis¬ chen enttäuſcht, jetzt, daß man ihn ſo garnicht nöthig hatte und er die Andern, ach, ſo ſehr.
Als er nach dem frühzeitigen Schluß des Spiels fröſtelnd durch die rauhe Nacht heimging, zauderte er mehr als einmal vor einem hellen Fenſter. Kann ich nicht hinein gehen zu denen, die da vertraut bei¬ ſammen ſitzen? Bitten, gönnt mir euer Wort, euer Licht und eure Herdflamme; ich bin auch ein Menſch und komme weit her und freue mich ſo, daß ich da bin? — Kopfſchüttelnd ſchritt er weiter, ſolche Ein¬ fälle führt man nicht aus. Er hätte vielleicht in einem der zahlreichen Cafés oder Bierkeller noch gute Geſellſchaft gefunden, aber war nicht gewohnt, ins Wirthshaus zu gehen. Das hatte in Hamburg wenig Verlockendes, außer, wenn man hungrig war, — von dem andern Lebenszuſchnitt hier wußte er noch nicht recht.
In ſeinem Zimmer flackerte ein beſcheidenes Feuer¬ chen, der große weißblaue Ofen fühlte ſich noch kühl an. Er entzündete das Licht, löſchte es aber bald wieder, denn das dünne trübſelige Flämmchen reichte nur eben hin, den warmen Ofenſchein zu verjagen, nicht aber das Gemach zu erhellen. Wie er noch ſo brütend daſaß, drang aus der Nähe irgendwo, aber doch wie gedämpft durch die Nacht, eine reiche volle Stimme herein, die ein ſanftes einfaches Lied ſang.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0026"n="10"/>ſolchen Hans Narren halte, und doch war er ein bis¬<lb/>
chen enttäuſcht, jetzt, daß man ihn ſo garnicht nöthig<lb/>
hatte und er die Andern, ach, ſo ſehr.</p><lb/><p>Als er nach dem frühzeitigen Schluß des Spiels<lb/>
fröſtelnd durch die rauhe Nacht heimging, zauderte er<lb/>
mehr als einmal vor einem hellen Fenſter. Kann<lb/>
ich nicht hinein gehen zu denen, die da vertraut bei¬<lb/>ſammen ſitzen? Bitten, gönnt mir euer Wort, euer<lb/>
Licht und eure Herdflamme; ich bin auch ein Menſch<lb/>
und komme weit her und freue mich ſo, daß ich da<lb/>
bin? — Kopfſchüttelnd ſchritt er weiter, ſolche Ein¬<lb/>
fälle führt man nicht aus. Er hätte vielleicht in<lb/>
einem der zahlreichen Caf<hirendition="#aq">é</hi>s oder Bierkeller noch gute<lb/>
Geſellſchaft gefunden, aber war nicht gewohnt, ins<lb/>
Wirthshaus zu gehen. Das hatte in Hamburg wenig<lb/>
Verlockendes, außer, wenn man hungrig war, — von<lb/>
dem andern Lebenszuſchnitt hier wußte er noch nicht<lb/>
recht.</p><lb/><p>In ſeinem Zimmer flackerte ein beſcheidenes Feuer¬<lb/>
chen, der große weißblaue Ofen fühlte ſich noch kühl<lb/>
an. Er entzündete das Licht, löſchte es aber bald<lb/>
wieder, denn das dünne trübſelige Flämmchen reichte<lb/>
nur eben hin, den warmen Ofenſchein zu verjagen,<lb/>
nicht aber das Gemach zu erhellen. Wie er noch ſo<lb/>
brütend daſaß, drang aus der Nähe irgendwo, aber<lb/>
doch wie gedämpft durch die Nacht, eine reiche volle<lb/>
Stimme herein, die ein ſanftes einfaches Lied ſang.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[10/0026]
ſolchen Hans Narren halte, und doch war er ein bis¬
chen enttäuſcht, jetzt, daß man ihn ſo garnicht nöthig
hatte und er die Andern, ach, ſo ſehr.
Als er nach dem frühzeitigen Schluß des Spiels
fröſtelnd durch die rauhe Nacht heimging, zauderte er
mehr als einmal vor einem hellen Fenſter. Kann
ich nicht hinein gehen zu denen, die da vertraut bei¬
ſammen ſitzen? Bitten, gönnt mir euer Wort, euer
Licht und eure Herdflamme; ich bin auch ein Menſch
und komme weit her und freue mich ſo, daß ich da
bin? — Kopfſchüttelnd ſchritt er weiter, ſolche Ein¬
fälle führt man nicht aus. Er hätte vielleicht in
einem der zahlreichen Cafés oder Bierkeller noch gute
Geſellſchaft gefunden, aber war nicht gewohnt, ins
Wirthshaus zu gehen. Das hatte in Hamburg wenig
Verlockendes, außer, wenn man hungrig war, — von
dem andern Lebenszuſchnitt hier wußte er noch nicht
recht.
In ſeinem Zimmer flackerte ein beſcheidenes Feuer¬
chen, der große weißblaue Ofen fühlte ſich noch kühl
an. Er entzündete das Licht, löſchte es aber bald
wieder, denn das dünne trübſelige Flämmchen reichte
nur eben hin, den warmen Ofenſchein zu verjagen,
nicht aber das Gemach zu erhellen. Wie er noch ſo
brütend daſaß, drang aus der Nähe irgendwo, aber
doch wie gedämpft durch die Nacht, eine reiche volle
Stimme herein, die ein ſanftes einfaches Lied ſang.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/26>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.