Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.seiner Herrin herüber. Mein sternschnuppenartiges ſeiner Herrin herüber. Mein ſternſchnuppenartiges <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0258" n="242"/> ſeiner Herrin herüber. Mein ſternſchnuppenartiges<lb/> Auftauchen und Verſchwinden war ihnen unverſtänd¬<lb/> lich, das ſah ich wohl. Ich mag auch nicht zum<lb/> Beſten ausgeſehen haben, denn als wir ſpäter am<lb/> Strande auf- und abgingen — ich war mühſam,<lb/> durch häufiges Stehenbleiben und Muſchelſammeln<lb/> an Klärchen's Seite gelangt, fragte ſie mich, was<lb/> mir fehle? Da fuhr es mir wie ein Blitz durch den<lb/> Kopf: Sag' es ihr, ſie iſt ja kein Kind mehr, beſſer<lb/> noch, ſie erfährt es durch dich ſelbſt, als durch An¬<lb/> dere. Aber ſo direct wagte ich's doch nicht, ich<lb/> ſagte, das Schickſal eines Freundes gehe mir ſehr zu<lb/> Herzen. „Iſt es Ihr Freund Toni?“ Verzeih mir,<lb/> mein Alter, daß ich ja ſagte, es war ein ſo bequemer<lb/> Ausweg! „Kann ich's wiſſen, was ihm fehlt?“<lb/> fragte ſie, voll Mitgefühl in Ton und Gebärde. Da<lb/> ſagte ich blinder Thor ihr: „Er hat das Unglück ge¬<lb/> habt, ſich in eine verheirathete Frau zu verlieben!“<lb/> Sie riß die Augen auf: „Wie Triſtan und Iſolde!“<lb/> rief ſie verwundert. Ich wußte den Augenblick nicht<lb/> 'mal den genauen Zuſammenhang der Geſchichte, ſagte<lb/> aber mechaniſch ja. „Alſo ſie kannten ſich, eh' Iſolde<lb/> den alten König Marke heirathete?“ fragte ſie zuver¬<lb/> ſichtlich. „Nein, das nicht, ſie lernten ſich erſt lange<lb/> nach ihrer Verheirathung kennen.“ Ihr Geſicht<lb/> wurde unruhig. „O, aber dann iſt es ja ganz an¬<lb/> ders! Wurde der Alte denn auch betrogen?“ Das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [242/0258]
ſeiner Herrin herüber. Mein ſternſchnuppenartiges
Auftauchen und Verſchwinden war ihnen unverſtänd¬
lich, das ſah ich wohl. Ich mag auch nicht zum
Beſten ausgeſehen haben, denn als wir ſpäter am
Strande auf- und abgingen — ich war mühſam,
durch häufiges Stehenbleiben und Muſchelſammeln
an Klärchen's Seite gelangt, fragte ſie mich, was
mir fehle? Da fuhr es mir wie ein Blitz durch den
Kopf: Sag' es ihr, ſie iſt ja kein Kind mehr, beſſer
noch, ſie erfährt es durch dich ſelbſt, als durch An¬
dere. Aber ſo direct wagte ich's doch nicht, ich
ſagte, das Schickſal eines Freundes gehe mir ſehr zu
Herzen. „Iſt es Ihr Freund Toni?“ Verzeih mir,
mein Alter, daß ich ja ſagte, es war ein ſo bequemer
Ausweg! „Kann ich's wiſſen, was ihm fehlt?“
fragte ſie, voll Mitgefühl in Ton und Gebärde. Da
ſagte ich blinder Thor ihr: „Er hat das Unglück ge¬
habt, ſich in eine verheirathete Frau zu verlieben!“
Sie riß die Augen auf: „Wie Triſtan und Iſolde!“
rief ſie verwundert. Ich wußte den Augenblick nicht
'mal den genauen Zuſammenhang der Geſchichte, ſagte
aber mechaniſch ja. „Alſo ſie kannten ſich, eh' Iſolde
den alten König Marke heirathete?“ fragte ſie zuver¬
ſichtlich. „Nein, das nicht, ſie lernten ſich erſt lange
nach ihrer Verheirathung kennen.“ Ihr Geſicht
wurde unruhig. „O, aber dann iſt es ja ganz an¬
ders! Wurde der Alte denn auch betrogen?“ Das
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