Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.mit der kleinen Piazza, nach der Seeseite offen, die mit der kleinen Piazza, nach der Seeſeite offen, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0239" n="223"/> mit der kleinen Piazza, nach der Seeſeite offen, die<lb/> Kaſtanienallee, die von uns aus dorthin führt, die<lb/> Wein- und Oelpflanzungen am Berg hinauf, ja, ſelbſt<lb/> der Friedhof mit den hohen Cypreſſen, die wie dunkle<lb/> Säulen zu beiden Seiten der Pforte ſtehen, — Alles<lb/> iſt mir vertraut und wird es bleiben, ſo lang' ich<lb/> lebe. Die beiden Pommeranzen ſind geſtern abgereiſt,<lb/> die <hi rendition="#aq">Table d'hôte</hi> war heut' mit den zwei leeren<lb/> Stühlen noch ſchrecklicher, als gewöhnlich. Man ſitzt<lb/> und ißt anderthalb Stunden, und einige Leute ſtarren<lb/> Einen ſo an, daß man ſich gar nicht getraut, etwas<lb/> in den Mund zu ſtecken. Ich ſchüttele mich immer,<lb/> wenn wir damit durch ſind. Papa und Mama geht<lb/> es ebenſo, ſie ſagen, das <hi rendition="#aq">Table d'hôte</hi>-Eſſen ſei —<lb/> der, die oder das? — einzige <hi rendition="#aq">draw-back</hi> auf Reiſen.<lb/> Der Maler ißt nie mit, er macht Ausflüge und ißt,<lb/> wo er etwas findet. Das denke ich mir herrlich. —<lb/> Der Landrath aber ſitzt faſt täglich neben mir und<lb/> erzählt mir lauter Sachen, die weder intereſſant noch<lb/> hübſch ſind, aber ganz freundlich iſt er jetzt mit mir,<lb/> und er will ſogar Putzi füttern mit großen Fettſtücken<lb/> und Käſerinden, daß ich immer eine Todesangſt aus¬<lb/> ſtehe! Glücklicherweiſe iſt das ſüße Thier ſo klug,<lb/> mir die Brocken immer erſt vorzuzeigen, ſo daß ich ſie<lb/> ihm unbemerkt wegnehmen kann. Ich habe immer<lb/> ein Extra-Taſchentuch und eine Papiertüte dazu bei<lb/> mir. Geſtern, als ich im Garten ſpazieren ging,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [223/0239]
mit der kleinen Piazza, nach der Seeſeite offen, die
Kaſtanienallee, die von uns aus dorthin führt, die
Wein- und Oelpflanzungen am Berg hinauf, ja, ſelbſt
der Friedhof mit den hohen Cypreſſen, die wie dunkle
Säulen zu beiden Seiten der Pforte ſtehen, — Alles
iſt mir vertraut und wird es bleiben, ſo lang' ich
lebe. Die beiden Pommeranzen ſind geſtern abgereiſt,
die Table d'hôte war heut' mit den zwei leeren
Stühlen noch ſchrecklicher, als gewöhnlich. Man ſitzt
und ißt anderthalb Stunden, und einige Leute ſtarren
Einen ſo an, daß man ſich gar nicht getraut, etwas
in den Mund zu ſtecken. Ich ſchüttele mich immer,
wenn wir damit durch ſind. Papa und Mama geht
es ebenſo, ſie ſagen, das Table d'hôte-Eſſen ſei —
der, die oder das? — einzige draw-back auf Reiſen.
Der Maler ißt nie mit, er macht Ausflüge und ißt,
wo er etwas findet. Das denke ich mir herrlich. —
Der Landrath aber ſitzt faſt täglich neben mir und
erzählt mir lauter Sachen, die weder intereſſant noch
hübſch ſind, aber ganz freundlich iſt er jetzt mit mir,
und er will ſogar Putzi füttern mit großen Fettſtücken
und Käſerinden, daß ich immer eine Todesangſt aus¬
ſtehe! Glücklicherweiſe iſt das ſüße Thier ſo klug,
mir die Brocken immer erſt vorzuzeigen, ſo daß ich ſie
ihm unbemerkt wegnehmen kann. Ich habe immer
ein Extra-Taſchentuch und eine Papiertüte dazu bei
mir. Geſtern, als ich im Garten ſpazieren ging,
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