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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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Der Arzt erschien, stellte eine neue Untersuchung
an und verkündigte ihm, die Operation könne mor¬
gen, übermorgen vorgenommen werden. Jawohl, in
diesem Zimmer, wenn er's wünsche. Und er setzte
sich zu ihm und erzählte ihm und Mariannen, daß es
eine leichte Sache sei, diese Ablösung der Trübung
von der verletzten Hornhaut, und daß die Nach¬
behandlung im verdunkelten Zimmer durch Aetzmittel
die letzten Flocken zerstören werde.

"Und nachher?" fragte Alfred furchtsam.

"Und nachher sehen Sie wieder," fuhr der Arzt
zuversichtlich fort. "Sie bestätigen mir ja selbst, bis
vor einigen Monaten noch hie und da Lichtempfin¬
dungen verspürt zu haben, -- wäre die Netzhaut zer¬
rissen, so hätte das nicht sein können."

Alfred sprang auf. "Marianne! Marianne!"
Er suchte nach ihrer Hand.

"Still!" flüsterte sie ihm zu. "Wir werden noch
alle Kräfte nöthig haben."

"Du wirst dabei sein?"

"Ich verlasse Dich nicht."

"Sie dürfen sogar dem Patienten die Hand
halten," fiel der Arzt gutmüthig ein, "es ist mir so¬
gar willkommen."

Und so geschah es. Als der junge Bildhauer
auf dem Bette lag, der Arzt und sein Beistand die
feinen Messerchen in Bereitschaft setzten und endlich

Der Arzt erſchien, ſtellte eine neue Unterſuchung
an und verkündigte ihm, die Operation könne mor¬
gen, übermorgen vorgenommen werden. Jawohl, in
dieſem Zimmer, wenn er's wünſche. Und er ſetzte
ſich zu ihm und erzählte ihm und Mariannen, daß es
eine leichte Sache ſei, dieſe Ablöſung der Trübung
von der verletzten Hornhaut, und daß die Nach¬
behandlung im verdunkelten Zimmer durch Aetzmittel
die letzten Flocken zerſtören werde.

„Und nachher?“ fragte Alfred furchtſam.

„Und nachher ſehen Sie wieder,“ fuhr der Arzt
zuverſichtlich fort. „Sie beſtätigen mir ja ſelbſt, bis
vor einigen Monaten noch hie und da Lichtempfin¬
dungen verſpürt zu haben, — wäre die Netzhaut zer¬
riſſen, ſo hätte das nicht ſein können.“

Alfred ſprang auf. „Marianne! Marianne!“
Er ſuchte nach ihrer Hand.

„Still!“ flüſterte ſie ihm zu. „Wir werden noch
alle Kräfte nöthig haben.“

„Du wirſt dabei ſein?“

„Ich verlaſſe Dich nicht.“

„Sie dürfen ſogar dem Patienten die Hand
halten,“ fiel der Arzt gutmüthig ein, „es iſt mir ſo¬
gar willkommen.“

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auf dem Bette lag, der Arzt und ſein Beiſtand die
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[127/0143] Der Arzt erſchien, ſtellte eine neue Unterſuchung an und verkündigte ihm, die Operation könne mor¬ gen, übermorgen vorgenommen werden. Jawohl, in dieſem Zimmer, wenn er's wünſche. Und er ſetzte ſich zu ihm und erzählte ihm und Mariannen, daß es eine leichte Sache ſei, dieſe Ablöſung der Trübung von der verletzten Hornhaut, und daß die Nach¬ behandlung im verdunkelten Zimmer durch Aetzmittel die letzten Flocken zerſtören werde. „Und nachher?“ fragte Alfred furchtſam. „Und nachher ſehen Sie wieder,“ fuhr der Arzt zuverſichtlich fort. „Sie beſtätigen mir ja ſelbſt, bis vor einigen Monaten noch hie und da Lichtempfin¬ dungen verſpürt zu haben, — wäre die Netzhaut zer¬ riſſen, ſo hätte das nicht ſein können.“ Alfred ſprang auf. „Marianne! Marianne!“ Er ſuchte nach ihrer Hand. „Still!“ flüſterte ſie ihm zu. „Wir werden noch alle Kräfte nöthig haben.“ „Du wirſt dabei ſein?“ „Ich verlaſſe Dich nicht.“ „Sie dürfen ſogar dem Patienten die Hand halten,“ fiel der Arzt gutmüthig ein, „es iſt mir ſo¬ gar willkommen.“ Und ſo geſchah es. Als der junge Bildhauer auf dem Bette lag, der Arzt und ſein Beiſtand die feinen Meſſerchen in Bereitſchaft ſetzten und endlich

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/143>, abgerufen am 22.11.2024.