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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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auf und abgehend, von der kranken Schustersfrau
droben, die sie morgen besuchen müsse, und daß die
Schwägerin so lange nicht geschrieben, und daß die
neue Magd sich schier zu Tod fürchte, weil sie immer
so allein sei, und noch mehr so Dinge.

"Liebe Marianne!" rief Alfred mit bebender
Stimme.

"Was ist?" fragte sie aus irgend einer fernen
Ecke des Zimmers hervor.

"Du bist es müd', nicht wahr? Du willst fort?"

Ein Seufzer antwortete.

"Sag's nur," rief er rauh, -- "aber gieb mir
auch mein Messer wieder, eh' Du gehst."

"Was ich versprochen, halt' ich!" erwiderte sie,
schnell hervortretend, -- "aber Du, mach's mir nicht
gar zu schwer!"

"Alles, was Du willst, Geliebte!" rief er, das
schöne Gesicht mit den lichtlosen Augen flehend zu ihr
gewandt.

Da überwallte es sie; sie nahm seinen blonden
Kopf in die Hände und preßte ihre Lippen heiß und
lange auf die seinen. "Nur einmal, liebes Kind,"
flüsterte sie, "weil Du mir der liebste Mensch auf der
Welt bist und weil -- ich von Dir muß, wenn Dein
Tag wieder anbricht."

"Mein! mein!" stammelte er, sie an sich drückend,
"nie getrennt, Marianne! nie leben ohne Dich."

7*

auf und abgehend, von der kranken Schuſtersfrau
droben, die ſie morgen beſuchen müſſe, und daß die
Schwägerin ſo lange nicht geſchrieben, und daß die
neue Magd ſich ſchier zu Tod fürchte, weil ſie immer
ſo allein ſei, und noch mehr ſo Dinge.

„Liebe Marianne!“ rief Alfred mit bebender
Stimme.

„Was iſt?“ fragte ſie aus irgend einer fernen
Ecke des Zimmers hervor.

„Du biſt es müd', nicht wahr? Du willſt fort?“

Ein Seufzer antwortete.

„Sag's nur,“ rief er rauh, — „aber gieb mir
auch mein Meſſer wieder, eh' Du gehſt.“

„Was ich verſprochen, halt' ich!“ erwiderte ſie,
ſchnell hervortretend, — „aber Du, mach's mir nicht
gar zu ſchwer!“

„Alles, was Du willſt, Geliebte!“ rief er, das
ſchöne Geſicht mit den lichtloſen Augen flehend zu ihr
gewandt.

Da überwallte es ſie; ſie nahm ſeinen blonden
Kopf in die Hände und preßte ihre Lippen heiß und
lange auf die ſeinen. „Nur einmal, liebes Kind,“
flüſterte ſie, „weil Du mir der liebſte Menſch auf der
Welt biſt und weil — ich von Dir muß, wenn Dein
Tag wieder anbricht.“

„Mein! mein!“ ſtammelte er, ſie an ſich drückend,
„nie getrennt, Marianne! nie leben ohne Dich.“

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[99/0115] auf und abgehend, von der kranken Schuſtersfrau droben, die ſie morgen beſuchen müſſe, und daß die Schwägerin ſo lange nicht geſchrieben, und daß die neue Magd ſich ſchier zu Tod fürchte, weil ſie immer ſo allein ſei, und noch mehr ſo Dinge. „Liebe Marianne!“ rief Alfred mit bebender Stimme. „Was iſt?“ fragte ſie aus irgend einer fernen Ecke des Zimmers hervor. „Du biſt es müd', nicht wahr? Du willſt fort?“ Ein Seufzer antwortete. „Sag's nur,“ rief er rauh, — „aber gieb mir auch mein Meſſer wieder, eh' Du gehſt.“ „Was ich verſprochen, halt' ich!“ erwiderte ſie, ſchnell hervortretend, — „aber Du, mach's mir nicht gar zu ſchwer!“ „Alles, was Du willſt, Geliebte!“ rief er, das ſchöne Geſicht mit den lichtloſen Augen flehend zu ihr gewandt. Da überwallte es ſie; ſie nahm ſeinen blonden Kopf in die Hände und preßte ihre Lippen heiß und lange auf die ſeinen. „Nur einmal, liebes Kind,“ flüſterte ſie, „weil Du mir der liebſte Menſch auf der Welt biſt und weil — ich von Dir muß, wenn Dein Tag wieder anbricht.“ „Mein! mein!“ ſtammelte er, ſie an ſich drückend, „nie getrennt, Marianne! nie leben ohne Dich.“ 7*

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/115>, abgerufen am 22.11.2024.