und Wölfe in unserem Walde gehaust, sie ihn unter die Bären und Wölfe in den Wald gejagt haben würde. "Es kommt Ihnen nichts Gutes durch den Wildling," wurde sie nicht müde, mir vorzuhalten. Das landläufige Sprichwort von dem besudelnden Pech und der Geist, welcher geheimnißvoll aus einem Kartenspiel warnt, stimmten in dieser Mahnung zu¬ sammen: Und alte, treue Justine, könntest Du doch spüren, daß vierzig Jahre später die Erörterung der Frage, ob Deinem Fräulein Gutes von dem Wild¬ ling gekommen ist? die Schlußbetrachtung ihres Lebens bilden wird.
Da half kein Zureden, der Junge mußte fort; fort aus Reckenburg; und eine Erwägung anderer Art gab diesem Entschlusse Nachdruck auch für mich. Unser treuer Freund, der Prediger, hatte uns kürzlich ver¬ lassen, um als Vorsteher des Laurentiusklosters eine freiere, seinem väterlichen Sinne angemessenere Stellung einzunehmen. Der Dienst in der Gemeinde wurde während der Vacanz wechselnd von Nachbarpredigern versehen, die sich um örtliche Verhältnisse wenig küm¬ merten. Wenn aber kommenden Sommer der neu¬ gewählte Seelsorger sich bekannt machte, konnte ihm das Auffällige unseres Schützlings schwerlich entgehen.
und Wölfe in unſerem Walde gehauſt, ſie ihn unter die Bären und Wölfe in den Wald gejagt haben würde. „Es kommt Ihnen nichts Gutes durch den Wildling,“ wurde ſie nicht müde, mir vorzuhalten. Das landläufige Sprichwort von dem beſudelnden Pech und der Geiſt, welcher geheimnißvoll aus einem Kartenſpiel warnt, ſtimmten in dieſer Mahnung zu¬ ſammen: Und alte, treue Juſtine, könntest Du doch ſpüren, daß vierzig Jahre ſpäter die Erörterung der Frage, ob Deinem Fräulein Gutes von dem Wild¬ ling gekommen iſt? die Schlußbetrachtung ihres Lebens bilden wird.
Da half kein Zureden, der Junge mußte fort; fort aus Reckenburg; und eine Erwägung anderer Art gab dieſem Entschluſſe Nachdruck auch für mich. Unſer treuer Freund, der Prediger, hatte uns kürzlich ver¬ laſſen, um als Vorſteher des Laurentiuskloſters eine freiere, ſeinem väterlichen Sinne angemeſſenere Stellung einzunehmen. Der Dienſt in der Gemeinde wurde während der Vacanz wechſelnd von Nachbarpredigern verſehen, die ſich um örtliche Verhältniſſe wenig küm¬ merten. Wenn aber kommenden Sommer der neu¬ gewählte Seelſorger ſich bekannt machte, konnte ihm das Auffällige unſeres Schützlings ſchwerlich entgehen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0059"n="55"/>
und Wölfe in unſerem Walde gehauſt, ſie ihn unter<lb/>
die Bären und Wölfe in den Wald gejagt haben<lb/>
würde. „Es kommt Ihnen nichts Gutes durch den<lb/>
Wildling,“ wurde ſie nicht müde, mir vorzuhalten.<lb/>
Das landläufige Sprichwort von dem beſudelnden Pech<lb/>
und der Geiſt, welcher geheimnißvoll aus einem<lb/>
Kartenſpiel warnt, ſtimmten in dieſer Mahnung zu¬<lb/>ſammen: Und alte, treue Juſtine, könntest Du doch<lb/>ſpüren, daß vierzig Jahre ſpäter die Erörterung der<lb/>
Frage, ob Deinem Fräulein Gutes von dem Wild¬<lb/>
ling gekommen iſt? die Schlußbetrachtung ihres Lebens<lb/>
bilden wird.</p><lb/><p>Da half kein Zureden, der Junge mußte fort;<lb/>
fort aus Reckenburg; und eine Erwägung anderer Art<lb/>
gab dieſem Entschluſſe Nachdruck auch für mich. Unſer<lb/>
treuer Freund, der Prediger, hatte uns kürzlich ver¬<lb/>
laſſen, um als Vorſteher des Laurentiuskloſters eine<lb/>
freiere, ſeinem väterlichen Sinne angemeſſenere Stellung<lb/>
einzunehmen. Der Dienſt in der Gemeinde wurde<lb/>
während der Vacanz wechſelnd von Nachbarpredigern<lb/>
verſehen, die ſich um örtliche Verhältniſſe wenig küm¬<lb/>
merten. Wenn aber kommenden Sommer der neu¬<lb/>
gewählte Seelſorger ſich bekannt machte, konnte ihm<lb/>
das Auffällige unſeres Schützlings ſchwerlich entgehen.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[55/0059]
und Wölfe in unſerem Walde gehauſt, ſie ihn unter
die Bären und Wölfe in den Wald gejagt haben
würde. „Es kommt Ihnen nichts Gutes durch den
Wildling,“ wurde ſie nicht müde, mir vorzuhalten.
Das landläufige Sprichwort von dem beſudelnden Pech
und der Geiſt, welcher geheimnißvoll aus einem
Kartenſpiel warnt, ſtimmten in dieſer Mahnung zu¬
ſammen: Und alte, treue Juſtine, könntest Du doch
ſpüren, daß vierzig Jahre ſpäter die Erörterung der
Frage, ob Deinem Fräulein Gutes von dem Wild¬
ling gekommen iſt? die Schlußbetrachtung ihres Lebens
bilden wird.
Da half kein Zureden, der Junge mußte fort;
fort aus Reckenburg; und eine Erwägung anderer Art
gab dieſem Entschluſſe Nachdruck auch für mich. Unſer
treuer Freund, der Prediger, hatte uns kürzlich ver¬
laſſen, um als Vorſteher des Laurentiuskloſters eine
freiere, ſeinem väterlichen Sinne angemeſſenere Stellung
einzunehmen. Der Dienſt in der Gemeinde wurde
während der Vacanz wechſelnd von Nachbarpredigern
verſehen, die ſich um örtliche Verhältniſſe wenig küm¬
merten. Wenn aber kommenden Sommer der neu¬
gewählte Seelſorger ſich bekannt machte, konnte ihm
das Auffällige unſeres Schützlings ſchwerlich entgehen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/59>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.