ner stillen Reckenburger Flur gegen sein nachzehrendes Feuer gerungen habe. Schon bei diesem ersten Wie¬ dersehen fand ich die Gestalt zusammengesunkener -- die Bewegungen hülfloser, die Rede knapper; eine Spur innerlichen Lebens nur noch in dem kalten, stahl¬ scharfen Blicke der Gier. Die Herrschaft war ausge¬ storben, und die Magd, die sich frühe und zähe in ihrem Dienste ausgebildet hatte, die Alleingebieterin in dem verödeten Haus.
Jetzt, das heißt seit der Stunde, in welcher die Todesbotschaft von Valmy sie erreicht hatte, jetzt war sie und wurde von Tag zu Tage mehr "die schwarze Reckenburgerin," zu welcher die Volksphantasie die einsame Erhalterin seit einem Vierteljahrhundert aus¬ gearbeitet hatte. Jetzt glich sie den dämonischen Märchenwesen, die Metalle hegen und hüten, lediglich um ihres Glanzes willen; die der Kupferheller schmerzt, welcher dem eignen Bedürfniß geopfert werden muß. Ich sage Euch, wie ein Herkules habe ich um die Er¬ haltung der nutzbringendsten Anlagen gekämpft und es war am Ende nur die achtzigjährige Gewöhnung, welche das Getriebe mechanisch und methodisch zu¬ sammenhielt.
Die Correspondenz mit Dresden verstummte; der
ner ſtillen Reckenburger Flur gegen ſein nachzehrendes Feuer gerungen habe. Schon bei dieſem erſten Wie¬ derſehen fand ich die Geſtalt zuſammengeſunkener — die Bewegungen hülfloſer, die Rede knapper; eine Spur innerlichen Lebens nur noch in dem kalten, ſtahl¬ ſcharfen Blicke der Gier. Die Herrſchaft war ausge¬ ſtorben, und die Magd, die ſich frühe und zähe in ihrem Dienſte ausgebildet hatte, die Alleingebieterin in dem verödeten Haus.
Jetzt, das heißt ſeit der Stunde, in welcher die Todesbotſchaft von Valmy ſie erreicht hatte, jetzt war ſie und wurde von Tag zu Tage mehr „die ſchwarze Reckenburgerin,“ zu welcher die Volksphantaſie die einſame Erhalterin ſeit einem Vierteljahrhundert aus¬ gearbeitet hatte. Jetzt glich ſie den dämoniſchen Märchenweſen, die Metalle hegen und hüten, lediglich um ihres Glanzes willen; die der Kupferheller ſchmerzt, welcher dem eignen Bedürfniß geopfert werden muß. Ich ſage Euch, wie ein Herkules habe ich um die Er¬ haltung der nutzbringendſten Anlagen gekämpft und es war am Ende nur die achtzigjährige Gewöhnung, welche das Getriebe mechaniſch und methodiſch zu¬ ſammenhielt.
Die Correſpondenz mit Dresden verſtummte; der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0032"n="28"/>
ner ſtillen Reckenburger Flur gegen ſein nachzehrendes<lb/>
Feuer gerungen habe. Schon bei dieſem erſten Wie¬<lb/>
derſehen fand ich die Geſtalt zuſammengeſunkener —<lb/>
die Bewegungen hülfloſer, die Rede knapper; eine<lb/>
Spur innerlichen Lebens nur noch in dem kalten, ſtahl¬<lb/>ſcharfen Blicke der Gier. Die Herrſchaft war ausge¬<lb/>ſtorben, und die Magd, die ſich frühe und zähe in<lb/>
ihrem Dienſte ausgebildet hatte, die Alleingebieterin in<lb/>
dem verödeten Haus.</p><lb/><p><hirendition="#g">Jetzt</hi>, das heißt ſeit der Stunde, in welcher die<lb/>
Todesbotſchaft von Valmy ſie erreicht hatte, jetzt war<lb/>ſie und wurde von Tag zu Tage mehr „die ſchwarze<lb/>
Reckenburgerin,“ zu welcher die Volksphantaſie die<lb/>
einſame Erhalterin ſeit einem Vierteljahrhundert aus¬<lb/>
gearbeitet hatte. Jetzt glich ſie den dämoniſchen<lb/>
Märchenweſen, die Metalle hegen und hüten, lediglich<lb/>
um ihres Glanzes willen; die der Kupferheller ſchmerzt,<lb/>
welcher dem eignen Bedürfniß geopfert werden muß.<lb/>
Ich ſage Euch, wie ein Herkules habe ich um die Er¬<lb/>
haltung der nutzbringendſten Anlagen gekämpft und es<lb/>
war am Ende nur die achtzigjährige Gewöhnung,<lb/>
welche das Getriebe mechaniſch und methodiſch zu¬<lb/>ſammenhielt.</p><lb/><p>Die Correſpondenz mit Dresden verſtummte; der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[28/0032]
ner ſtillen Reckenburger Flur gegen ſein nachzehrendes
Feuer gerungen habe. Schon bei dieſem erſten Wie¬
derſehen fand ich die Geſtalt zuſammengeſunkener —
die Bewegungen hülfloſer, die Rede knapper; eine
Spur innerlichen Lebens nur noch in dem kalten, ſtahl¬
ſcharfen Blicke der Gier. Die Herrſchaft war ausge¬
ſtorben, und die Magd, die ſich frühe und zähe in
ihrem Dienſte ausgebildet hatte, die Alleingebieterin in
dem verödeten Haus.
Jetzt, das heißt ſeit der Stunde, in welcher die
Todesbotſchaft von Valmy ſie erreicht hatte, jetzt war
ſie und wurde von Tag zu Tage mehr „die ſchwarze
Reckenburgerin,“ zu welcher die Volksphantaſie die
einſame Erhalterin ſeit einem Vierteljahrhundert aus¬
gearbeitet hatte. Jetzt glich ſie den dämoniſchen
Märchenweſen, die Metalle hegen und hüten, lediglich
um ihres Glanzes willen; die der Kupferheller ſchmerzt,
welcher dem eignen Bedürfniß geopfert werden muß.
Ich ſage Euch, wie ein Herkules habe ich um die Er¬
haltung der nutzbringendſten Anlagen gekämpft und es
war am Ende nur die achtzigjährige Gewöhnung,
welche das Getriebe mechaniſch und methodiſch zu¬
ſammenhielt.
Die Correſpondenz mit Dresden verſtummte; der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/32>, abgerufen am 28.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.