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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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seltsam! -- es ist der zwanzigste September, der Tag von
Valmy, an dem ich diese Aufzeichnungen zu Ende bringe.

Und weiter las ich: der Mann, wie zwölf Jahre
früher seine Gattin, war geschieden ohne Erben, ohne
verwandtschaftlichen, oder nahe befreundeten Zusam¬
menhang. Kein ehrfürchtiges Gefühl wurde demnach
verletzt, wenn ich Dir, Hardine, und dem, welchen Du
liebtest, jetzt sagte: "Die Gattin dieses Mannes war
Deines Vaters Mutter."

So hatte denn der alte Zauberer Tod die alten
Gestalten noch einmal vor mir wach gerüttelt, und
die ernsthafte, vergangene Zeit drängte sich in meine
heitere Gegenwart hinein. Wunderbar aber, wie sich so
Bild nach Bild im Zusammenhange entrollte, da er¬
schien mir auch das Deine, Hardine, plötzlich in einem
neuen Licht.

Wohl war ich durch Deinen Anblick so manches¬
mal an die reizende Dorothee erinnert worden. Ich
sah ihren lockigen Goldscheitel auf Deinem Haupt,
manchen ihrer Züge, die fragenden Kinderaugen. Aber
Deine Augen fragten nach etwas Anderem, als die
ihren, Deine Gestalt war größer, die Farbe matter, und
der stille Ernst der Bewegungen machte das ähnelnde
Bild zu einer besonderen Erscheinung. Nein, es war

ſeltſam! — es iſt der zwanzigſte September, der Tag von
Valmy, an dem ich dieſe Aufzeichnungen zu Ende bringe.

Und weiter las ich: der Mann, wie zwölf Jahre
früher ſeine Gattin, war geſchieden ohne Erben, ohne
verwandtſchaftlichen, oder nahe befreundeten Zuſam¬
menhang. Kein ehrfürchtiges Gefühl wurde demnach
verletzt, wenn ich Dir, Hardine, und dem, welchen Du
liebteſt, jetzt ſagte: „Die Gattin dieſes Mannes war
Deines Vaters Mutter.“

So hatte denn der alte Zauberer Tod die alten
Geſtalten noch einmal vor mir wach gerüttelt, und
die ernſthafte, vergangene Zeit drängte ſich in meine
heitere Gegenwart hinein. Wunderbar aber, wie ſich ſo
Bild nach Bild im Zuſammenhange entrollte, da er¬
ſchien mir auch das Deine, Hardine, plötzlich in einem
neuen Licht.

Wohl war ich durch Deinen Anblick ſo manches¬
mal an die reizende Dorothee erinnert worden. Ich
ſah ihren lockigen Goldſcheitel auf Deinem Haupt,
manchen ihrer Züge, die fragenden Kinderaugen. Aber
Deine Augen fragten nach etwas Anderem, als die
ihren, Deine Geſtalt war größer, die Farbe matter, und
der ſtille Ernſt der Bewegungen machte das ähnelnde
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[262/0266] ſeltſam! — es iſt der zwanzigſte September, der Tag von Valmy, an dem ich dieſe Aufzeichnungen zu Ende bringe. Und weiter las ich: der Mann, wie zwölf Jahre früher ſeine Gattin, war geſchieden ohne Erben, ohne verwandtſchaftlichen, oder nahe befreundeten Zuſam¬ menhang. Kein ehrfürchtiges Gefühl wurde demnach verletzt, wenn ich Dir, Hardine, und dem, welchen Du liebteſt, jetzt ſagte: „Die Gattin dieſes Mannes war Deines Vaters Mutter.“ So hatte denn der alte Zauberer Tod die alten Geſtalten noch einmal vor mir wach gerüttelt, und die ernſthafte, vergangene Zeit drängte ſich in meine heitere Gegenwart hinein. Wunderbar aber, wie ſich ſo Bild nach Bild im Zuſammenhange entrollte, da er¬ ſchien mir auch das Deine, Hardine, plötzlich in einem neuen Licht. Wohl war ich durch Deinen Anblick ſo manches¬ mal an die reizende Dorothee erinnert worden. Ich ſah ihren lockigen Goldſcheitel auf Deinem Haupt, manchen ihrer Züge, die fragenden Kinderaugen. Aber Deine Augen fragten nach etwas Anderem, als die ihren, Deine Geſtalt war größer, die Farbe matter, und der ſtille Ernſt der Bewegungen machte das ähnelnde Bild zu einer beſonderen Erſcheinung. Nein, es war

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/266>, abgerufen am 24.11.2024.